Zahlreiche weitere Änderungen im Sozialversicherungsrecht
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales befasste sich in seiner Sitzung mit dem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2005. Diese Vorlage bringt eine Reihe von Änderungen im Sozialversicherungsrecht, die von den Abgeordneten der Regierungsfraktionen erwartungsgemäß als „Verbesserungen und Neuerungen“ begrüßt, von den Oppositionsmandataren teilweise (vor allem Praktikantenregelung, Hinterbliebenenversorgung) kritisch beurteilt wurden.
Neu ist auch die freiwillige Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger. Diese steht künftig nicht nur Pflegenden, die aus dem Beruf aussteigen, offen, sondern allen Personen, die sich überwiegend der Pflege naher Angehöriger (ab Pflegestufe 3) widmen. Die monatliche Beitragsgrundlage soll sich auf 1.350 belaufen; somit muss die selbstversicherte Pflegeperson einen monatlichen „Eigenbeitrag“ von 138,38 bezahlen. Die neue Selbstversicherung soll auch neben einer die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit bestehen können; nicht nebeneinander sollen eine Selbstversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger und eine Selbstversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes bestehen können.
Um den negativen Folgen von verspäteten bzw. unterbliebenen Beitragsleistung zur Pensionsversicherung entgegenzuwirken, wird im ASVG einer Anregung der Volksanwaltschaft folgend die leistungswirksame Entrichtung auch verspäteter Beiträge und eine nachträgliche Entrichtung verjährter Beiträge ermöglicht.
Mit 1. Jänner 2006 wird auch der Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende außertourlich erhöht (statt 662,99 690 ).
Abgeordneter Herbert Haupt (Freiheitlicher Klub) brachte einen Entschließungsantrag ein, wonach eine Arbeitsgruppe von Experten eingerichtet werden soll, die bis zur nächsten ASVG-Novelle eine Lösung für jene Mütter bzw. Väter erarbeiten soll, die erheblich behinderte Kinder erzogen haben und von der freiwilligen Selbstversicherung nicht Gebrauch machen konnten. Die Neuregelung soll sicherstellen, dass diese Personen bei der Pensionsbemessung keine Nachteile zu erleiden haben.
Abgeordnete Theresia Haidlmayr (GRÜNE) wies in ihrer Wortmeldung darauf hin, dass PflegehelferInnen im Rahmen ihrer 18-monatigen Ausbildung 150 Stunden Praktikum pro Monat zu absolvieren haben und dafür nur mehr unfallversichert sind; für ihre Tätigkeit erhalten sie kein Geld, müssen sich aber die Krankenversicherung selber bezahlen. Ein weiteres Anliegen von ihr betraf die Einbeziehung von behinderten Menschen, die lange arbeiten, in die Schwerarbeiterregelung.
Ein von Abgeordneter Christine Lapp (SPÖ) eingebrachter gemeinsamer Entschließungsantrag der SPÖ und der Grünen zielt auf die rasche Vorlage eines Gesetzentwurfs durch die Sozialministerin ab, dem zufolge Eltern, die Kinder mit erheblichen Behinderungen gepflegt haben, Ersatzzeiten für die Pensionsversicherung angerechnet bekommen.
Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) wies Aussagen von Abgeordneter Haidlmayr in Bezug auf die neue PraktikantInnen-Regelung als unseriös und generalisierend zurück. In der Regel sei es nicht so, dass PraktikantInnen als normale Arbeitskräfte eingesetzt würden, unterstrich sie.
Abgeordneter Franz-Joseph Huainigg (ÖVP) begrüßte die vorgesehene Ausweitung der Versicherungsmöglichkeiten für Pflegende. Damit würden die Leistungen der Betroffenen anerkannt, betonte er.
Sozialministerin Ursula Haubner räumte ein, dass sie nicht in allen Punkten Einvernehmen mit Finanzminister Grasser erzielen konnte. Sie sprach sich aber dafür aus, die in der Regierungsvorlage enthaltenen Verbesserungen rasch zu beschließen.
PraktikantInnen im Pflegebereich, die echte Dienstleistungen erbringen, müssten, so Haubner, dafür bezahlt werden, für sie gelte auch in Zukunft die Vollversicherung. Es gebe gerade bei den Gesundheitsberufen aber auch viele unbezahlte Praktika, nur diese seien von der vorgesehenen Änderung im ASVG betroffen. Eine Lösung will Haubner in Bezug auf die Einbeziehung schwerstbehinderter Menschen in die Schwerarbeiterregelung finden.
Bei der Abstimmung wurde das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags der Koalitionsparteien bei getrennter Abstimmung zum Teil einstimmig, zum Teil mit ÖVP-F- Mehrheit angenommen. SPÖ und Grüne stimmten insbesondere der Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Pensionsbezieher zu. Mit der Annahme des ÖVP-F-Abänderungsantrags wurde auch ein (in diesem Punkt wortidenter) Abänderungsantrag der SPÖ in Bezug auf Personen, die der knappschaftlichen Pensionsversicherung leistungszugehörig sind, mitbeschlossen.
Stimmenmehrheit fanden die beiden Entschließungsanträge der Koalitionsparteien betreffend die Einsetzung von zwei Arbeitsgruppen sowie eine Ausschussfeststellung bezüglich der Neuregelung der Verwaltungskostendeckelung bei den Sozialversicherungsträgern. Der SPÖ-GRÜNE-Entschließungsantrag betreffend die Anrechnung von Ersatzzeiten zur Pensionsversicherung für Eltern von Kindern mit Behinderung blieb in der Minderheit.