Verzetnitsch: „Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf Ausbildung“

"Behindert ist, wer behindert wird"

Fritz Verzetnitsch
ÖGB-Fotoarchiv/Häusler

„Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf Ausbildung, auf einen Arbeitsplatz und auch ein Recht darauf, sich gegen Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Wir müssen die Barrieren in den Köpfen überwinden“, sagte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch am Dienstag im Rahmen einer Enquete zum Thema Arbeit und Behinderung.

Bewusstseinsbildung allein sei nicht genug. Eine wesentliche Voraussetzung für die Besserstellung behinderter Menschen sei ein Gleichstellungsgesetz.

„Behindert ist, wer behindert wird“, sagte Verzetnitsch bezugnehmend auf die Diskriminierung behinderter Menschen im Alltag. Diese zeige besonders drastisch in der niedrigen Beschäftigungsquote. Von rund 89.000 „begünstigt Behinderten“ (Menschen mit einer Behinderung von mindestens 50 Prozent, denen diese Behinderung amtlich bestätigt wurde) sind rund ein Drittel ohne Arbeit.

Nur 65 Prozent aller Arbeitsplätze, die Betriebe behinderten Menschen zur Verfügung stellen müssten, sind wirklich besetzt. Verzetnitsch: „Aus diesem Grund lautet eine unserer dringendsten Forderungen: Erhöhung der Ausgleichszahlung für Arbeitgeber.“

In der Regel hat ein Unternehmen pro 25 MitarbeiterInnen einen begünstigten Behinderten einzustellen. Arbeitgeber, die ihrer Einstellungspflicht nicht nachkommen, haben Beiträge, sogenannte Ausgleichtaxen in einen Fonds zu bezahlen. Aus diesem Ausgleichstaxenfonds werden unter anderem Zuschüsse für Lohn- und Ausbildungskosten für „begünstigt Behinderte“ gewährt, mit denen ein Dienstverhältnis neu begründet wird, es werden aber auch technische Arbeitshilfen finanziert.

Im Jahr 2004 beträgt die Ausgleichstaxe 198 Euro im Monat. Verzetnitsch: „Dieser Betrag ist viel zu niedrig, um eine beschäftigungsfördernde Wirkung zu erzielen. Um tatsächlich wirksam zu sein, müsste die Ausgleichstaxe auf den im Kollektivvertrag vereinbarten Mindestlohn bzw. das Mindestgehalt der jeweiligen Branche angehoben werden.“

Weiters fordert der ÖGB in diesem Zusammenhang eine Betriebsvereinbarung, wie es sie zum Beispiel in Deutschland gibt. „Wir müssen auch in Österreich die Möglichkeit einer Betriebsvereinbarung für die Integration von Menschen mit Behinderung gesetzlich festlegen“, so der ÖGB-Präsident.

Es gebe zahlreiche Möglichkeiten, um Menschen mit Behinderung den Weg in die Arbeits- und Wirtschaftswelt zu ebnen. Verzetnitsch verwies dabei auf die bereits im Jahr 2002 ins Leben gerufene Kampagne „Chancen nutzen – Der ÖGB macht Unternehmen fit für Menschen mit Behinderung“. Ziel dieses Projektes ist es, durch Beratung und Information Barrieren abzubauen und Diskriminierungen behinderter Menschen entgegenzuwirken.

„Chancen nutzen“ bietet Sensibilisierungsseminare für ArbeitnehmerInnen und BetriebsrätInnen, aber auch für Arbeitgeber und MitarbeiterInnen von Personalabteilungen an. Außerdem berät „Chancen nutzen“ Betriebe zu steuerlichen und rechtlichen Fragen der Einstellung von Menschen mit Behinderung.

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