Vom Messen der Fähigkeiten an Taten …

Eine nichtbehinderte Abgeordnete ist Behindertensprecherin ihrer Partei und findet das ganz normal. Und sie will auch an ihren Taten gemessen werden. Ein Kommentar.

Lapp im Standard: Soll ich mir ein Bein abschneiden?
BIZEPS

Ein Uraltthema wurde dieser Tage wieder heiß diskutiert: Kann oder soll auch ein Nichtbetroffener eine bestimmte Bevölkerungsgruppe im Parlament vertreten? Also z.B. ein Mann als Frauensprecher, ein Arbeiter als Vertreter der Ärzte oder eine Angestellte die Landwirte?

Die Behindertensprecherin der SPÖ, Abgeordnete Mag. Christine Lapp ist nichtbehindert und ist der Meinung: JA (Siehe Standard vom 17. November 2008.)

Ganz anderer Meinung sind da die Leser des Standard, wie aus ihren Postings hervorgeht:

„Allein für dieses Statement sollte sie zurücktreten“ (Hubert Ungeist am 18.11.2008), „Die SPÖ wird doch wohl nicht die Ziege zur Gärtnerin gemacht haben?“ (Der Schrecken der Meere am 17.11.2008), „Geschmackvolle Bemerkung Frau Lapp! Gratulation!“ (Susanne B. am 17.11.2008), „Allein die Formulierung des „Beinabschneidens“ zeigt das mangelnde Verständnis, was Behinderung eigentlich ist…“ (el ka am 18.11.2008) oder „Da versuchen Menschen mit Behinderung am ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen und der Posten des Interessenvertreters wird an einen Nichtbehinderten abgegeben? Wer’s noch immer nicht versteht: Wie wär´s mit einem Kärntner BZÖ-Heini als Sprecher der slowenischen Minderheit?“ (LiverpOOl am 18.11.2008).

Der Wähler ist schuld?

Lapp’s Erklärung dafür, warum der SPÖ ein nichtbetroffener Behindertensprecher genügt, folgt in dem Beitrag gleich auf dem Fuß:

Die Wähler sind daran Schuld! Nicht die SPÖ, die den Rollstuhlfahrer Mag. Günter Porta auf keinem absolut sicheren Platz gereiht hatte.

An den Taten messen

Dem in diesem STANDARD-Beitrag geäußerten Wunsch der Abgeordneten Lapp, ihre Fähigkeiten sollen lieber an Taten gemessen werden, wollten wir gerne nachkommen und haben uns angesehen, wie ihre Taten im Zusammenhang mit aktuellen Themen der letzten Zeit ausgesehen haben:

E-Card

Thema E-Card mit Braillebeschriftung: Derzeit wird die Ausgabe von 4,6 Millionen neuer E-Cards vorbereitet. Schon lange fordert BIZEPS einen Aufdruck in Braille für die neuen Karten und wurde dabei u.a. von der Arbeiterkammer NÖ und vom Behindertensprecher der FPÖ, Abgeordneter Norbert Hofer unterstützt.

Noch nicht geäußert zu diesem wichtigen Thema hat sich die Abgeordnete Lapp.

Wochenschau

Einstellung der Wochenschau im ORF: Die einzige Nachrichtensendung des ORF, die im offiziellen Programm in Gebärdensprache gesendet wird, soll nach bekannt gewordenen Plänen des ORF eingestellt werden. Gegen diesen Willkürakt des ORF protestierten u.a. der Publikumsrat des ORF, diverse Behindertenorganisationen und die Behindertensprecher der ÖVP und der FPÖ sowie der ORF-Sprecher der Grünen.

Nicht geäußert zu diesem wichtigen Thema hat sich die Abgeordnete Lapp.

Persönliche Assistenz

Am 3. und 4. November 2008 fand in Wien der Kongress „Persönliche Assistenz in Österreich“ statt, bei dem von den Teilnehmern – Vertretern der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung – eine Resolution verabschiedet und an die zuständigen Politikerinnen und Politiker versandt wurde, mit der dringenden Bitte um Unterstützung der darin enthaltenen Forderungen.

Auch die Abgeordnete Lapp hat diese Resolution erhalten, aber bis heute nicht darauf reagiert.

Wir werden der Aufforderung der Abgeordneten Lapp gerne nachkommen und sie auch weiterhin an ihren Taten messen.

Nachtrag

Der Standard hat inzwischen – auf Druck (?) – die Überschrift des Artikels von „Soll ich mir ein Bein abschneiden?“ in „Grobe Missachtung einer großen Menschengruppe“ geändert und auch das diesbezügliche Lapp-Zitat aus dem Text gestrichen; Anmerkung der BIZEPS-INFO Redaktion. (Siehe Bild des ursprünglichen Artikels)

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