Wahlzwang statt Wahlfreiheit!

Das Gegenteil von gut, ist gut-gemeint. Dieser Spruch der Behindertenbewegung bewahrheitet sich leider auch jetzt in Kärnten. (Der Kommentar ist in der Kleinen Zeitung erschienen.)

Franz-Joseph Huainigg
ÖAAB

Die neue SPÖ-Landesrätin Beate Prettner lässt sich als Retterin der Sonderschule Gutenberg in Klagenfurt feiern. Ist das aber wirklich im Sinne der behinderten Kinder?

Ich sage klar: nein. Denn die Wahlfreiheit der Eltern, ob ihr behindertes Kind in eine zentrale Sonderschule oder eine Integrationsklasse gehen kann, wird dadurch nicht geschaffen. Vielmehr wird der alte Zwang zur zentralen Sonderschule, weitab vom Heimatort und fern von der sozialen Umgebung wieder erneuert.

Das ist kein Fortschritt, sondern ein Schritt gegen die Gleichstellung, den Nationalen Aktionsplan und gegen die UN-Konvention, die ein inklusives Schulsystem für behinderte und nicht-behinderte Kinder vorsieht.

Tatsächlich frei entscheiden kann man sich nur, wenn die Angebote gleichwertig sind. Das war auch bisher nicht der Fall: auf der einen Seite die Spezialschule mit Nachmittagsbetreuung und Therapieangeboten. Auf der anderen Seite die Schule vor Ort, ohne Nachmittagsbetreuung und ein paar Stützlehrer-Stunden und keine Therapie.

Viele Eltern nahmen bei diesem ungleichen Angebot in Kauf, dass sie täglich ihr behindertes Kind viele Kilometer nach Klagenfurt in die Sonderschule brachten.

Die vorherige Landesregierung hat vor einem Jahr Experten zu einer Enquete eingeladen. Das Ergebnis war ein erfrischender Frühlungswind: Die Gutenbergschule sollte zugunsten der Schaffung eines gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nicht-behinderten SchülerInnen langsam auslaufen.

Derzeit besuchen 38 behinderte Kinder die Gutenbergschule. Mit den vorgesehenen 11 Mio. Euro sollten statt der Sanierung der Sonderschule 230 behinderte Kinder in bezirksnahe Inklusionsklassen mit den gleichen pädagogischen und therapeutischen Angeboten gehen können.

Die Milchmädchenrechnung der Soziallandesrätin beide Strukturen auszubauen kann weder finanziell noch von den Ressourcen her aufgehen. Beispiel St. Veit: Dort sollte an der NMS eine Klasse mit 6 behinderten Kindern errichtet werden. 3 davon besuchten bisher die Gutenbergschule.

Bleiben diese dort, kommt in St. Veit keine Integrationsklasse zustande und alle 6 SchülerInnen müssen in die Sonderschule nach Klagenfurt. D.h. das sogenannte Wahlrecht der einen setzt das Wahlrecht der anderen außer Kraft!

Es sollte der aktuellen Regierung zu denken geben, dass sich alle Menschen mit Behinderungen, wie auch die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer, für Inklusion und gegen Sonderschule aussprechen. Oder anders gesagt: Geben wir der Chancengleichheit eine Chance.

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