Was bringt das neue Jahr? Etwa auch das perfekte Kind?

Es ist absurd, sich eine Welt ohne behinderte Menschen zu wünschen.

Kalenderblatt 1. Jänner
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Als ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung hinterfrage ich die Angst vor scheinbar nicht perfekten Menschen. Ich kritisierte heftig die Regierungsvorlage zur Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes, und hier in besonderer Weise die Einführung der Präimplantationsdiagnostik.

Mit dem neuen Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) wird die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Österreich ermöglicht, das heißt, dass im Reagenzglas befruchtete Eizellen im Hinblick auf Behinderung und Krankheiten untersucht und selektiert werden können.

Wir machen damit eine Tür zur Rasterfahndung nach lebenswertem und lebensunwertem Leben auf. Argumentiert wird die PID mit dem minus malum Prinzip, dass nämlich eine Frühselektion besser sei, als Spätabtreibungen im Rahmen der „eugenischen Indikation“. Man wolle eine Schwangerschaft auf Probe vermeiden, als ob es eine solche geben würde!

Welches Baby ist perfekt?

Gleichzeitig verweigert die Ministerin Oberhauser ein Gespräch über die Spätabtreibungen. Im Interview mit der Presse am 14.12.2014 antwortet Ministerin Oberhauser auf die Frage, ob das neue FMedG ein Designerbaby begünstigt, mit dem Satz: „Aber für ein perfektes Baby abzutreiben, ist verboten. Das ist ein Verbrechen.“

Das wirft die lebensentscheidende Frage auf: Welches Baby ist perfekt?

In China und Indien beispielweise sind es Buben. Mädchen sind unerwünscht und werden abgetrieben. In Amerika hat ein gehörloses Ehepaar sich gewünscht, dass ihr Kind durch die PID ebenfalls, wie die Eltern, gehörlos sein soll. Für sie ist es perfekt, wenn das Kind in ihrer Welt aufwachsen kann.

Der Australier Nick Vujicic ist ohne Arme und Beine auf die Welt gekommen. Ein perfekter Mensch? Heute vermittelt er weltweit durch seine Reden und Auftritte Menschen Sinn, Motivation und Orientierung im Leben. Der Spanier Pablo Pineda ist mit Downsyndrom zur Welt gekommen. Er ist heute studierter Pädagoge und sagt, es gibt das Konzept der Angst und das Konzept der Liebe. Durch das Konzept der Angst kommen immer weniger Kinder mit Downsyndrom zur Welt. Das Konzept der Liebe heißt, das Leben so anzunehmen, wie es ist und Stärken statt Defizite zu sehen.

Spezieller Blick auf die Welt

Auch ich habe viele behinderte Freunde wie Michaela mit Downsyndrom, Georg ohne Arme und Beine oder auch die zahlreichen AutorInnen des Literaturpreises Ohrenschmaus, wo intellektuell behinderte Menschen in Gedichten, Lebensberichten oder Prosatexten ihren speziellen Blick auf die Welt zeigen.

In meiner Kindheit litt ich unter meinen gelähmten Beinen und vor allem meinem Buckel, der sich immer weiter verkrümmte. Als mir im Jugendalter im Krankenhaus das erste mal mein Rücken als doppelt verdrehte Wirbelsäule auf einem Röntgenbild gezeigt wurde, war meine Reaktion: „Das ist ja genial. Eigentlich ein perfektes Designerstück!“

Was als perfekt angesehen wird, ist relativ. Umso absurder ist es, sich eine Welt ohne behinderte Menschen zu wünschen. Warum dürfen Babys im Rahmen der „eugenischen Indikation“ schon bei einem Verdacht auf eine Behinderung über die 3-Monats-Grenze hinaus bis zur Geburt abgetrieben werden? Da sie außerhalb des Mutterleibes überlebensfähig wären, werden sie bereits im Mutterleib durch eine Kalium-Chlorid-Spritze ins Herz getötet.

Konsequent für das Leben

Liebe Frau Ministerin, die „eugenische Indiktion“ ist ebenfalls ein Verbrechen! Sind wir ehrlich und schaffen wir sie ab. Denn es macht Sinn, sich konsequent für das Leben einzusetzen, besonders wenn wir Humanität und Menschenrechte in einer pluralen Gesellschaft verteidigen wollen.

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