Die Studie wird dabei einen besonderen Schwerpunkt auf den Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals und auf die damalige "Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder" am Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel legen.

Nach Bekanntwerden von Missbrauchsvorwürfen an Kindern mit Behinderung in den Jahren 1960 bis 1980 im Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals hat eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) erste Recherchen durchgeführt und Dokumentationsmaterial gesichert.
„Wien steht heute für eine moderne und offene Psychiatrie, die Stigmatisierung verhindert. Als Gesundheitsstadträtin ist der verantwortungsbewusste Umgang mit Geschichte für mich auch Teil der politischen Verantwortung. Das schulden wir den Betroffenen und ihren Angehörigen. Daher habe ich eine umfassende historische Aufarbeitung durch externe und unabhängige ExpertInnen zugesagt. Nur so werden wir auf unsere Fragen Antworten erhalten und daraus die notwendigen Schlüsse ziehen können“, so Stadträtin Sonja Wehsely.
Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Grünen Wien: „Wir begrüßen diesen notwendigen Schritt zur lückenlosen Aufarbeitung von Vorwürfen bezüglich menschenunwürdiger Zustände, Missstände und Missbrauchsvorwürfe an Kindern mit Behinderung im Pavillon 15. Die Entscheidung für externe und unabhängige ExpertInnen ermöglicht eine transparente Aufklärung. Es geht hier darum, gegenüber den Opfern und ihren Familien Respekt zu zeigen, politische Verantwortung zu übernehmen und mögliche Konsequenzen zu ziehen.“
Das heute präsentierte Forschungsprojekt des Institutes für Rechts-und Kriminalsoziologie wird die Behandlung und Betreuung von Menschen mit Behinderung in der Wiener Psychiatrie von der Nachkriegszeit bis in die 1980er Jahre nun wie bereits angekündigt im Detail untersuchen.
Die Studie wird dabei einen besonderen Schwerpunkt auf den Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals und auf die damalige „Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder“ am Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel legen.
„Im Moment verfügen wir nur über bruchstückhaftes Wissen. Die renommierten ExpertInnen werden daher unterschiedliche institutionelle, rechtliche und medizinische Aspekte bearbeiten und den wissenschaftlich-disziplinären und gesellschaftlichen Kontext beleuchten. All dies passiert in größtmöglicher Transparenz. Forschungskonzept, Zwischenbericht und Endbericht werden ungekürzt veröffentlicht. Gleiches gilt für mögliche Empfehlungen der ExpertInnen. Nach Vorliegen des Endberichtes werde ich deren Umsetzung selbstverständlich gewissenhaft und mit großem Verantwortungsgefühl den Betroffenen gegenüber prüfen“, so Wehsely abschließend.
Gerhard Lichtenauer,
14.12.2014, 19:25
Gleich im ersten Satz steht fälschlich „1960 bis 1980“. Die öffentlich gewordenen Folter-Vorwürfe betreffen vor allem auch die 80er-Jahre. Die drei Jahrzehnte lang von Krankenschwester Elisabeth P. verschwiegenen systematischen Misshandlungen und unmenschliche Vernachlässigungsgewalt mit häufigen Todesfolgen (lt. Bericht eines Pathologen im Kurier) reichen bis in die Mitte der 80er-jahre. Anderweitig erhob Frau P. Vorwürfe (Falter), dass auch Ende der 80er noch lange nicht Schluss mit den Misshandlungen war. Die Angabe des Jahres 1980 war hoffentlich nur ein Versehen im Rathaus und kein erster Hinweis auf die zu erwartende Transparenz.
Eine Eingrenzung, einerseits auf den Zeitraum bis Ende der 80er-Jahre und die Beschränkung auf zwei Einrichtungen (Am Steinhof und Am Rosenhügel) halte ich bereits für eine manipulative Lenkung des Studienergebnisses. Auch dass die gestellten Fragen an die Studie (Studiendesign) von der für dieses kontinuierende Systemgebrechen verantwortlichen Stelle festgelegt werden, stellt für mich die Unabhängigkeit bereits im Vorfeld schwer in Frage.