Deutschland: Laufend neue Medienberichte über Missbrauch

In deutschen Medien mehren sich die Berichte von Missbrauchsfällen an behinderten Menschen in kirchlichen Einrichtungen.

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„Wir fordern alle Institutionen der Behindertenhilfe auf, die Tradition des Wegschauens und Vertuschens zu beenden und stattdessen sexuellen Missbrauch in ihren Einrichtungen ohne Tabus aufzudecken und zu bekämpfen“, forderte Geschäftsführerin Sigrid Arnade von der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland vor wenigen Tagen gegenüber kobinet.

Häufig werden Übergriffe nicht geglaubt oder einfach ignoriert. „Behinderte Jungen galten als unglaubwürdig„, hält ein Bericht über Vorfälle in der Vergangenheit im Gertrudenheim in Oldenburg fest und informiert: „Nachts holte Martin A. offenbar die Jungen aus ihren Schlafzimmern und verging sich an ihnen. Er wohnte mit etwa 70 männlichen Behinderten im sogenannten Jungenhaus im ersten Stock.“ Konsequenzen gab es trotz Bekanntwerdens keine. „Die Staatsanwaltschaft hielt die Schilderungen nicht für glaubwürdig, da beide Jungen geistig zurückgeblieben seien“, erfährt man.

Ein weiter Bericht hält fest: „Jahrzehnte wurde darüber geschwiegen, was nicht sein durfte“. Ein Pfleger, der fast 30 Jahre dort beschäftigt war, soll „behinderte Jungen über Jahre sexuell missbraucht und brutal geschlagen haben“. Der Pfleger verstarb 1983. Fast schon unglaublich ist die Ankündigung, die im Artikel zu lesen ist: „Jetzige Leitung will Fälle aufklären“. Man sieht daran sehr gut, wie in der Vergangenheit mit dem Thema umgegangen wurde.

Nur die Spitze eines Eisberges

Kaum werden Missbrauchsfälle bekannt, werden schon weitere aufgedeckt: „Bei den Vorwürfen gegen das evangelische Sozialwerk Diakonie in Düsseldorf gehe es um körperliche Misshandlung von Schutzbefohlenen und Freiheitsberaubung, sagte Staatsanwalt Johannes Mocken. Die Mitarbeiter hätten bei autistischen Kindern ‚zweifelhafte Behandlungen‘ angewandt und diese auf Video gebannt. Die Kinder, die körperlichen Kontakt nicht ertragen können, seien „teilweise stundenlang umklammert“ oder an Stühlen festgebunden worden. Zum Teil seien Kinder über mehrere Tage eingesperrt worden“, ist von einem anderen Vorfall zu lesen.

Körperbehindertenhilfe des Johanna-Helenen-Heimes : Über 200 Bewohnerinnen und Bewohner im Alter von zwei bis 22 Jahren des Heims für Körperbehinderte sind insbesondere in den 50er und 60er Jahren misshandelt oder psychisch bedroht worden. Die Evangelische Stiftung hatte sich im Jahr 2006 entschlossen, die Aufarbeitung extern durchführen zu lassen. Die Ergebnisse wurden in einem Buch über Gewalt in der Behindertenhilfe festgehalten.

Mit Aufklärung beginnen

„Mit der Aufdeckung der Taten darf nicht gewartet werden, bis sie verjährt sind. Mit der Aufklärung muss jetzt begonnen werden, und zwar sofort!“, hält Sigrid Arnade abschließend fest.

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