Wiener Bauordnungsnovelle: Besprechung brachte vorerst keine handfesten Ergebnisse

Mitte Juli 2003 trafen einander Vertreter der MA 64, Abgeordnete der SPÖ-Wien sowie von BIZEPS, um den von vielen Behindertenorganisationen kritisierten Entwurf zur Novelle der Wiener Bauordnung eingehend zu besprechen.

Wiener Gemeinderat und Landtag - Sitzungssaal
PID / Markus Wache

Einigkeit herrschte über das Ziel: Es soll eine Bauordnungsnovelle beschlossen werden, die barrierefreies Bauen in Wien vorschreibt.

Der vorliegende Entwurf beruht bekanntlich auf einem vor mehr als zwei Jahren gemeinsam erarbeiteten Vorschlag, der von den Beamten nach und nach um viele wichtige Punkte „erleichtert“ und fast unkenntlich gemacht wurde.

Nun liegt ein Text vor, der seitens der Betroffenen auf Ablehnung stößt. Einerseits wurden sinnesbehinderte Menschen von den Beamten bewusst aus dem Gesetzestext gestrichen. Die Landespolitik hat dies bisher – widerwillig aber doch – zugelassen. Andererseits werden wesentliche Dinge, wie z. B. barrierefreie WC-Anlagen, nicht ausreichend geregelt.

Nicht einmal minimale Standards, wie z. B. die Erreichbarkeit von Gemeinschaftsräumen werden für Neubauten vorgeschrieben. Die WC-Anlagen werden wieder nur so unzureichend beschrieben, dass die Beibehaltung der derzeit gängigen Praxis des Bauens / Bemängelns / Umplanens / Umbauens zu erwarten ist.

Die vehemente Forderung nach Aufnahme von Bestimmungen aus den ÖNORMEN B 1600 und B 1601 bzw. „Stand der Technik“-Bestimmung wurde von den Beamten entschieden abgelehnt. Es findet sich daher im vorliegenden Entwurf kein Passage, die ordentliche WC-Anlagen vorschreibt.

Auf Wunsch der SPÖ-Fraktion soll der Landtag heuer im „Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen“ diese Bauordnungsnovelle beschließen. Die Wiener Behindertenbewegung hat aber durch ihre Stellungnahmen mehrfach deutlich gemacht, dass sie den vorliegenden Text als inakzeptabel ansieht.

Ein Ergebnis der Besprechung ist, dass die massiv kritisierten Punkte nochmals überarbeitet werden müssen. In den kommenden Wochen wird sich nun zeigen, wer in Wien Gesetze macht: Sind es die Beamten oder sind es doch noch die Politiker?

„Es bleibt zu befürchten, dass sich die Beamten durchsetzen und wir wieder keine Bauordnung ohne diskriminierende Bestimmungen bekommen“ befürchtet Manfred Srb vom BIZEPS und kündigt in diesem Fall massive Proteste an.

Déjà vu?
Wir haben im Moment die selbe Situation wie im Dezember des Jahres 2001. Damals wurde – gegen den Willen der Betroffenen – eine Novelle der Bauordnung beschlossen, und die Abgeordneten haben sich selbst bejubelt. Wenige Monate später wurde aber auch den Abgeordneten klar, dass diese Novelle praktisch wertlos war.

Es bleibt zu befürchten, dass sich gegen Jahresende diese Situation wiederholen wird.

Eines muss den Politiker klar sein: Entweder sie stellen sich auf die Seite der Betroffenen und beschließen eine ordentliche Bauordnungsnovelle, die den Betroffenen auch wirklich hilft, oder sie lassen die Beamten gewähren, die nur für kleine kosmetische Verbesserungen sind.

Egal wie sie sich entscheiden; wir werden ausführlich darüber berichten.

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