Flagge Norwegen

Interessenvertretung statt Heimbetreiber

Für Sidsel Maxwell Grasli stellt die 1991 in Norwegen beschlossene Schließung der Behindertenheime die größte soziale Reform seit 1945 in Norwegen dar.

Wichtig sei dafür gewesen, dass die Eltern behinderter Kinder sich für die Interessenvertretung und nicht für den Betrieb von Dienstleistungen und Heimen entschieden haben.

„1991 hat das Parlament auf Druck der Behindertenorganisationen in Norwegen beschlossen, die Behindertenheime in den nächsten fünf Jahren zu schließen. 1995 war dieses Ziel erreicht“, beschrieb Sidsel Maxwell Grasli gegenüber den VertreterInnen einer Delegation der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) die damalige Entwicklung in Norwegen.

Für ihre eigene Tochter kam diese Reform gerade rechtzeitig. Die heute 40jährige Frau mit einer Lernschwierigkeit und massiven Herzproblemen konnte damit nämlich aus dem Elternhaus ausziehen und in ihre eigene Wohnung ziehen. Sie erhält dort aufgrund ihrer Einschränkungen die entsprechende Assistenz. Die größten Widerstände gegen die damalige Reform seien von den Beschäftigten der Behinderteneinrichtungen gekommen, die sich nicht vorstellen konnten, dass behinderte Menschen in der Gemeinde leben können.

Viele wollten an Strukturen festhalten

Aber auch unter den Eltern selbst gab es viele, die an den bestehenden Strukturen festhalten wollten. Daher kam es auch im Prozess zur schulischen Integration und zur Auflösung der Heime zu einer Spaltung der Elternorganisation.

„Um das Ziel für ein Leben in der Gemeinde zu erreichen, war es für uns sehr wichtig, dass wir keine Behindertenheime und Dienstleistungen für behinderte Menschen selbst betrieben haben. So konnten wir eine gute Interessenvertretung im Sinne behinderter Menschen betreiben“, erklärte die Aktivistin, die schon seit über 40 Jahren für die Inklusion behinderter Menschen in Norwegen und der ganzen Welt streitet.

Als die Elternorganisation 1983 beschlossen hat, dass sie die Abschaffung aller Heime fordert, hätten viele über sie gelacht, die Geschichte habe ihnen aber Recht gegeben. Die engagierte Norwegerin ließ aber keinen Zweifel daran, dass es sich bei dem Prozess der Inklusion um einen lebenslangen Kampf handelt, der wahrscheinlich nie enden werde. Gesetze seien ein wichtiges Instrument, das Bewusstsein der Bevölkerung und der Betroffenen zu verändern, sei genau so wichtig.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich