2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen: Neue Wege – Neues Wagen

Am 7. März 2024 fand das 2. Forum des Dachverbands Berufliche Integration Austria statt. In der Veranstaltung wurden neue Wege der beruflichen Teilhabe von Frauen mit Behinderungen aufgezeigt. Es wurde von mehreren Organisationen referiert, präsentiert und diskutiert.

2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen
BIZEPS

Am 7. März 2024 fand im Catamaran das 2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen unter dem Motto „Neue Wege – Neues Wagen“ statt. Es wurde von dabei-austria in Kooperation mit der FEM Süd Frauenassistenz und der Unterstützung des Chancen Nutzen Büros des ÖGB organisiert.

Das Ziel des Forums war es, einen Wandel hinsichtlich der beruflichen Inklusion von Frauen mit körperlichen und psychischen Behinderungen oder chronischen Erkrankungen anzustoßen. Die Moderation der Veranstaltung hat Barbara Sima-Ruml, Sachverständige für barrierefreies Bauen in Graz, geführt.

2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen
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Es wurde diskutiert, aber auch nach Lösungsansätzen gesucht. Es waren Personen aus Politik, Wirtschaft, dem Gesundheitswesen, einschlägige Organisationen und Beratungsstellen vertreten. Es gab Gebärdensprachdolmetschung, Simultantranskription und ein Zeichenprotokoll von Petra Plicka, um die Veranstaltung so inklusiv wie möglich zu gestalten.

In der Podiumsrunde waren Katrin Langensiepen (Abgeordnete zum EU-Parlament), Daniela Rammel (stellvertretende Vorsitzende des Unabhängigen Monitoring-Ausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention), Sarah Galehr (AMS), Andreas Huss (Obmann der ÖGK), Sabine Knopf (Sozialministeriumservice Wien), Johannes Rauch (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) und Hilde Wolf (Leitung FEM Süd) vertreten.

Podiumsdiskussion beim 2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen
ÖGB / Roland de Roo

Keynotes zu Ableismus und notwendigen Maßnahmen

Katrin Langensiepen startete nach einer kurzen Vorstellung aller Gäste mit ihrer Keynote „Coping with ableism“ und erzählte von ihrem Werdegang, der von außen oft mit Skepsis betrachtet wurde. Wie vielen Menschen und insbesondere Frauen mit Behinderungen wurde ihr nicht viel zugetraut. Die Gesellschaft hatte immer klare Vorstellungen davon, wo ihr Platz zu sein hat, und welchen Beruf oder „Nichtberuf“ sie ausüben solle.

Dabei war der Versorgungsgedanke immer sehr dominant. Menschen mit Behinderungen müssen versorgt sein und haben so keine Chance, aus einem geschlossenen System zu gelangen. Ein System, in dem viele Eltern Angst davor haben, dass ihre Kinder „übrig bleiben“.  

Langensiepen meinte auch, man könnte fast glauben, die UN-Konvention wäre aus Versehen unterschrieben worden, wenn man bedenkt, wie viel tatsächlich umgesetzt wurde. Hier hat sie den EU-Behindertenausweis als Beispiel genannt, welcher seit den letzten 40 Jahren gefordert, aber noch nicht umgesetzt ist. Man ruhe sich oft auch auf kleinen Erfolgen aus und lasse oft die Finger von komplexeren Themen.

Langensiepen hält fest:

Inklusion ist kein fester Aggregatszustand, es ist ein laufender Prozess und nie fertig. Dem müssen wir uns alle bewusst sein.

Die zweite Keynote zu Hürden und Wegmarken der beruflichen Teilhabe von Frauen mit Behinderungen lieferte Sabine Knopf. Sie betonte die Bedeutung von ganzheitlicher Beratung und Unterstützung, um die individuellen Stärken von Frauen mit Behinderungen zu fördern, also ein Fehlen von niederschwelligen Angeboten. 

Die Podiumsdiskussion zum status quo und neuen Chancen

In der Podiumsdiskussion wurde von allen Seiten auf die Mängel im System hingewiesen und Wünsche für bessere Kooperationen untereinander laut, denn der Arbeitsmarkt ist so vielfältig und entsprechende individuelle Unterstützung fehle oft.

Viele Frauen, gerade jene mit Behinderungen, rutschen in die Armutsfalle, weil sie oft nur Teilzeittätigkeiten ausüben können und der Arbeitsmarkt weit entfernt von Inklusion sei, argumentierte Daniela Rammel.

Inklusive Arbeitszeitmodelle und Lohnausgleichszahlungen wurden bisher nicht umgesetzt, meinte auch Christina Schneyder von dabei-austria. Oft fehlen auch die psychologischen Begleitsysteme, da sie nicht finanziert werden und deswegen einige Frauen durchs Raster fallen.

Christina Schneyder eröffnet das 2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen. Im Hintergrund v.l.n.r Patrick Berger Chancen Nutzen Büro im ÖGB und Huberta Haider FEM Süd Frauenassistenz
dabei-austria / Michael Landschau

Johannes Rauch sieht die Probleme für Frauen mit Behinderungen, jedoch gibt er sich zuversichtlich angesichts laufender und zukünftiger Projekte:

Frauen sind in vielen Bereichen unserer Gesellschaft benachteiligt. Besonders betroffen sind Frauen mit Behinderungen. Mit vielfältigen Unterstützungsangeboten arbeiten wir daran, die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu stärken – unabhängig vom Geschlecht (…)

Diese Angebote werden wir speziell für Frauen mit Behinderungen weiterentwickeln. Im Herbst werden wir Unternehmen mit einer Kampagne zeigen, welches Potenzial diese starken Frauen für sie darstellen.

Bundesminister Rauch würde eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern begrüßen und kritisiert ein häufiges Wirrwarr, was die finanziellen Zuständigkeiten und den Mut zur Veränderung anbelangt. 

Das „Drehtüren Problem“

Frauen werden laut Hilde Wolf auch oft im Kreis geschickt, da sich niemand für sie zuständig fühlt. Prominent wird dies besonders bei Frauen mit chronischen Erkrankungen. Frauen sollen in ihrer Gesamtheit gesehen werden. Es wurde noch immer nicht zur Gänze geklärt, wie Frauen mit chronischen und psychischen Erkrankungen in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

Andreas Huss sieht hier das Problem bei der Krankschreibung. Denn ein einziger Arzt könne entscheiden, wer krank bzw. arbeitsunfähig oder gesund bzw. arbeitsfähig ist. Menschen, die nicht völlig leistungsfähig sind, werden oft in eine Ecke geschoben. Hierbei wäre es wichtig, dass psychische Erkrankungen als gleichwertig mit körperlichen Behinderungen anerkannt werden.

Stärken stärken

Es wurde auch immer wieder betont, dass das Selbstbewusstsein von Frauen mit Behinderungen gestärkt werden und eine Entstigmatisierung von Behinderungen und chronischen Erkrankungen stattfinden solle. Die Vielfalt soll gefördert werden, z.B. durch Lohnausgleich bei Teilzeittätigkeiten, sowie das Ausweiten von Beratungsstellen. 

Vorstellung erfolgreicher Projekte als Finale

Zunächst wurde das Projekt „Gemeinsam mehr erreichen – Konkrete Schritte zur Inklusion: Eine gelungene Ausbildungskooperation zwischen Caritas und FEM Süd Frauenassistenz“ vorgestellt. Es ging dabei um langsames Heranführen an die Themen der Ausbildung und Kursrealität in der Heimhilfe.

Die Ausbildung war an Frauen gerichtet, die sonst nur wenige Möglichkeiten gehabt hätten, eine Ausbildung zu absolvieren. Es sollte das Selbstbewusstsein gestärkt und Barrieren abgebaut werden.

Anschließend hat der Verein Sprungbrett Projekte vorgestellt. Das erste Projekt, das vorgestellt wurde, war „basis„, ist ein niederschwelliges, vielsprachiges und multiprofessionelles Beratungsangebot für junge Frauen* von ca. 16 bis 25 Jahren, denen in allen Lebenslagen geholfen werden soll. Das Angebot ist online und persönlich erhältlich.

Das zweite vorgestellte Projekt ist „AusbildungFit„. Hier werden junge Frauen*, trans*, inter* und nichtbinäre Jugendliche am Übergang zwischen Schule und Beruf durch Coaching und Training in verschiedenen Werkstätten unterstützt.

Das dritte (Pilot)-Projekt war „young FBZ„. Hier werden junge Frauen* von 15 bis 21 Jahren zu ihrer beruflichen Zukunft beraten. Es wird bei der Suche nach Lehrstellen, Ausbildungen und Jobs unterstützt. Voraussetzung ist eine Meldung beim AMS (U25).

2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen
2. Forum Berufliche Teilhabe von Frauen mit Behinderungen

Das Resümee

Die Veranstaltung war sehr gut organisiert, jedoch gab es zu wenig Raum für Fragen und jene, die gestellt werden konnten, wurden meiner Meinung nach unzureichend beantwortet. Das war sehr schade, weil das Publikum sicherlich auch viel zu sagen gehabt hätte.

Die Präsentation der Projekte war sehr interessant, hat jedoch den zweiten Teil der Veranstaltung zu sehr dominiert, wie ich finde. Ebenso finde ich, dass keine konkreten Lösungen gesucht bzw. gefunden wurden, sondern hauptsächlich die Notwendigkeit des Vernetzens immer wieder betont wurde.

Positiv hervorzuheben ist, dass Personen mit Behinderungen auch auf der Bühne präsent waren und man sich dadurch abgeholt gefühlt hat. Dennoch ist es immer noch ein langer Weg zu einer vollständigen Gleichberechtigung, solange Zuständigkeiten herumgeschoben werden und die entsprechende Finanzierung fehlt. 

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