60 Jahre Lebenshilfe NÖ: Zukunftsforum

Die Veranstaltung der Lebenshilfe am 26. Jänner 2024 hatte sich als Thema Teilhabe für alle und die Forderung von Inklusion auf allen Ebenen der Gesellschaft bis 2040 zum Ziel gesetzt. Ob das reines Wunschdenken oder tatsächlich umsetzbar ist, sollte hier thematisiert werden.

Pinwand mit vielen Ideen
Lebenshilfe NÖ

Die Lebenshilfe Niederösterreich wurde 1964 gegründet und feierte 2024 ihren 60. Geburtstag. Diesen Tag wollte die Organisation mit dem Zukunftsforum für neue und verbesserte Ideen zur inklusiven Lebensgestaltung feiern.

Die Lebenshilfe hat sich von einer Elterninitiative zu einer bundesländerübergreifenden Institution entwickelt, die die volle Umsetzung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen fordert. Sie bietet Assistenz und Unterstützung für Menschen mit Lernschwierigkeiten an.

Impulsreferate aus unterschiedlichen Perspektiven

Den Auftakt zur Veranstaltung gaben Impulsreferate von

Am Podium befanden sich aber auch jahrelange Kund:innen der Lebenshilfe, die ihren Wunsch nach einer Arbeitsstelle am 1. Arbeitsmarkt oder flexibler Wohngestaltung kundgetan, und ihren Werdegang bei der Lebenshilfe kurz skizziert haben. 

Narval rief in seiner Rede immer wieder dazu auf, sich für die Ziele und Rechte von Menschen mit Behinderungen einzusetzen und der Politik Druck zu machen, denn schließlich wäre Niederösterreich das Schlusslicht bei der Umsetzung der UN-Konvention.

Auch das Thema inklusive Schulen sprach er an, denn Kinder mit Behinderungen haben in Österreich keinen gleichberechtigten Zugang zu Bildung. Schule für alle ist nicht verhandelbar.

Badelt argumentierte aus einer sozialpolitischen- und ökonomischen Perspektive. Investitionen in sozialpolitische Leistungen wären auch für den Staat gut, weil diese Steuern generieren würden.

Er argumentierte:

In der Sozialwirtschaft darf man nicht immer nur daran denken, was es kostet, sondern wieviel wir davon haben, wenn wir Menschen mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsalltag integrieren.

Badelt meinte auch, dass es für jede Person mit Behinderung einen Job gäbe, denn jede Person hätte nutzbare Stärken. Diese Stärken sollte man schon im Kleinkindalter erkennen und die Selbstständigkeit fördern. 

Oliver König behandelte in seinem Impulsreferat die Wohnsituation von Menschen mit Behinderungen und argumentierte, dass der Erhalt von Sozialleistungen immer von der jeweiligen Wohnform abhinge, in der sie leben und nicht davon, was sie tatsächlich bräuchten.

Er kritisierte z.B. auch, dass Betreutes Wohnen durch die Lockdowns total geworden ist. Es gab Ausgangssperren, weswegen ein Fernhalten von der Gesellschaft stattgefunden hätte.

Es spricht sich hier für die De-Institutionalisierung und für eine selbstgestaltete Lebensführung aus. Dies bedeutet also, ein Wegkommen vom Häuserdenken und dem Neudenken einer 24h Unterstützung.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde thematisiert, dass Barrierefreiheit größer gedacht werden müsse und nicht z.B. nur auf die bauliche Barrierefreiheit bezogen werden sollte.

Auch der Föderalismus wurde stark kritisiert und festgehalten, dass es eine gemeinsame Lösung geben müsse, um inklusive Bildung und Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern.

Am Ende der Diskussion sollte man auf einem Ahornblatt einen persönlichen Wunsch formulieren, den man für die Weiterentwicklung der Lebenshilfe hat. Die Blätter wurden anschließend gesammelt aufgehängt.

Das World Café

Abschließend konnte man sich nach einer kurzen Stärkung an einen der Thementische setzen.

Die Themen waren: inklusive Schule, Wohnen, Arbeit in Werkstätten, Pflege im Alter, Liebe und Partnerschaft, Weiterentwicklung der Angebote der Lebenshilfe, Perspektive der Angehörigen auf die Lebenshilfe, Unterstützte Mediennutzung und Einbeziehung der Gesellschaft.

Hier sollten wiederum Wünsche in Bezug auf ein Thema auf einen Zettel geschrieben werden. Betreut wurde die Themenrunde immer von einem:r Mitarbeiter:in der Lebenshilfe. Die Diskutierenden waren einerseits Kund:innen, andererseits jedoch Mitarbeiter:innen.

Das Thema Wohnen

Ich habe mich an den Tisch zum Thema Wohnen gesetzt. Da ich in keiner Einrichtung der Lebenshilfe wohne, hatte ich einen anderen Blick auf das Wohnmodell der Lebenshilfe.

Bei der Lebenshilfe sind sogenannte Wohneinheiten üblich, in denen mehrere Personen zusammen leben und so rundum die Uhr unterstützt werden können.

Seltener leben Menschen alleine, auch weil diese dann nur stundenweise Wohnassistenz bekommen können. Diese könne jedoch in einer eigenen Wohnung der Lebenshilfe stattfinden. Das ist ein großer Unterschied zum Modell des Teilbetreuten Wohnens in Wien, wo Menschen die Option haben, eine umfangreichere Unterstützung in den eigenen vier Wänden zu bekommen. 

Für mich stellte sich die Frage, ob das Zusammenwohnen auf diese Weise nicht etwas persönlichkeitseinschränkend für viele Kund:innen der Lebenshilfe sein könnte. Die Meinungen zu diesem Thema waren sehr unterschiedlich. Manche waren zufrieden, andere wiederum würden sich wünschen, mit weniger Mitbewohner:innen zu leben.

Mir kam das ganze Modell etwas starr vor, was jedoch auch mangelnden Kapazitäten geschuldet sein könnte. Meiner Meinung nach müsste es da viel individuellere Möglichkeiten der Lebensgestaltung und eine bedarfsorientiertere Unterstützung geben.

Am Ende der Veranstaltung wurden alle Wünsche auf einer Tafel präsentiert und kurz besprochen. 

Fazit

Insgesamt war die Veranstaltung gut aufgebaut, jedoch ist nun fraglich, wie viele dieser Wünsche tatsächlich umgesetzt werden können – einerseits natürlich aus finanzieller Perspektive, andererseits aus politischer.

Es ist ein langsamer Wandel bemerkbar, hin zu einer inklusiveren Gesellschaft, aber solange Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, fernab der Lebensrealität von nicht behinderten Menschen leben, lernen, arbeiten und ihre Freizeit gestalten müssen, kann nicht von Inklusion gesprochen werden.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

2 Kommentare

  • Liebe Frau Rebstock,

    vielen Dank für den wunderbaren Artikel, wir haben uns sehr darüber gefreut. Darf ich Ihnen in Zukunft Pressematerial von uns direkt zusenden? Dafür benötige ich bitte Ihre Mail-Adresse. Vielen lieben Dank!

    Julia Mock, Bakk. Phil.

    • Pressematerial senden sie uns bitte an presse@bizeps.or.at