Keine Verbesserung bei Barrierefreiheit auf Wiener Einkaufsstraßen

Aktuelle ÖZIV-Einkaufsstraßenstudie mit ernüchternden Ergebnissen

Wiener Geschäft (Deichmann) mit Stufe beim Eingang
BIZEPS

Laut BGStG (Behindertengleichstellungs-Gesetz) müssen seit dem Jahr 2016, nach einer 10-jährigen Übergangsfrist, alle öffentlich zugänglichen Geschäftslokale barrierefrei sein. Das bedeutet unter anderem stufenlosen Zugang.

In einer aktuellen Studie des ÖZIV Bundesverbands zeigt sich: im Vergleich zur letzten Studie hat sich auf den Wiener Einkaufsstraßen in Sachen „Zugänglichkeit für Alle“ so gut wie nichts verbessert.

Bereits zum dritten Mal untersuchte der ÖZIV die Barrierefreiheit von Geschäftslokalen auf den wichtigsten Wiener Einkaufsstraßen (beispielsweise Mariahilfer Straße, Kärntner Straße und Graben, Landstraße, Josefstädter Straße usw.). Besonderes Augenmerk wurde auf einen stufenlosen Zugang zu den Geschäftslokalen gelegt.

Ernüchterndes Ergebnis: weniger als die Hälfte (nämlich nur 44,6%) der Geschäfte waren stufenlos zugänglich, bei rund jedem zehnten Lokal waren sogar zwei oder mehr Stufen zu überwinden. Im Vergleich zur letzten im Jahr 2016 durchgeführten Studie gab es so gut wie keine Verbesserung (44,5% der Lokale waren 2016 stufenlos erreichbar). Im Jahr 2014 war die stufenose Zugänglichkeit bei 41,3% gelegen.

Mariahilfer Straße top – Josefstädter Straße flop

Die Studie brachte große Unterschiede auf den unterschiedlichen Einkaufsstraßen zutage. In der Mariahilfer Straße gab es mit 71,5% stufenlosen Eingängen das beste Ergebnis. Danach folgt die Favoritenstraße mit 68,5% stufenlosen Eingängen. In der Kärntner Straße und am Graben waren 59,8% der Geschäfte stufenlos zugänglich.

Das schlechteste Ergebnis gibt es in der Josefstädter Straße mit nur 24,5% stufenlos zugänglichen Geschäften. Dicht gefolgt von der Ottakringer Straße mit nur 26,8% stufenlos zugänglichen Geschäften und der Alser Straße mit nur 27,3% stufenlos zugänglichen Geschäften. Das bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht einmal jedes dritte Geschäft war stufenlos zugänglich. Hier sollte das Bewusstsein bezüglich der vorgeschriebenen Barrierefreiheit drastisch erhöht werden.

Im Branchenvergleich zeigte sich einmal mehr, dass Einkaufszentren (mit 100% stufenlosen Eingängen) besonders gut abschnitten. Immerhin drei Viertel der Apotheken (74,1%) waren stufenlos zu betreten, auch Banken und Geschäfte für Heilmittelbedarf waren auf den vorderen Plätzen zu finden. Schwach schnitten Fachhandelsgeschäfte, Mode und auch Gasthäuser/Hotels ab.

Besonders schlechte Ergebnisse gab es auch in der Branche „Körperpflege“, in der viele Friseure erfasst wurden. Hier war nur ein Fünftel der Geschäfte stufenlos zugänglich.

Fast 2.000 Geschäftslokale berücksichtigt

Erhoben wurden die Daten im Zeitraum von September bis Dezember 2018. Die Bewertungen von 1.837 Geschäftslokalen in den Wiener Einkaufsstraßen flossen in die Studie ein, die vom Team ÖZIV ACCESS beim ÖZIV Bundesverband erstellt wurde.

Fazit der Studie: von vollständiger Barrierefreiheit in Einkaufsstraßen sind wir nach wie vor weit entfernt, obwohl das Gesetz hier längst anderes vorsieht. Die Einkaufsstraßen wären gut beraten, hier endlich tätig zu werden und barrierefreien Einkauf für alle möglich zu machen.

Dies würde auch Sinn machen, um neue Kund*innen zu gewinnen – vor allem in Konkurrenz zu Einkaufszentren, in denen der stufenlose Zugang bereits zu 100% gegeben ist. Besonders enttäuschend ist, dass sich seit der Erhebung von 2016 so gut wie keine Verbesserung ergeben hat.

Im Laufe des Jahres 2019 sind Erhebungen in Landeshauptstädten geplant – 2020 wird eine neuerliche Ergebung in Wien durchgeführt. Die gesamte Studie 2018 kann beim ÖZIV Bundesverband angefordert werden.

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3 Kommentare

  • Warum wird nicht gleich beim Umbau auf die Barrierefreiheit geschaut. Die derzeitigen Stufen bei den Geschäften in der Kärntnerstraße, Mariahilferstraße, Meidlinger Hauptstraße, Favoritenstraße hätten nicht sein müssen, wären die Behindertenverbände aktiv gewesen!
    Meine Aktivität hat mit der Antwort des damalige Planungsstadtrat Schicker geendet: „Die Geschäfte sollen sich selbst um die Umbauten kümmern“, die Stadt wäre nicht dafür zuständig. Und das, obwohl so viele Millionen in die Neugestaltungen der Einkaufsstraßen gesteckt wurde. Da wäre es auf die Kosten der Nivellierung der Geschäfte wirklich nicht angekommen.

    Und nur zur Information: es werden auch weiterhin Geschäfte und Lokale mit Stufen eröffnet, obwohl viele davon sehr leicht stufenlos ausgestaltet hätten werden können.

  • Leider wird mann/frau von den eigenen „KollegInnen“ belächelt oder nicht ernst genommen, wenn ich als Rollstuhlfahrerin umfassende Barrierefreiheit fordere. „Es gäbe ja eh schon eine gewisse Auswahl und deshalb müsse mann/frau ja nicht so sein…“
    So wird sich auch nichts ändern, wenn der Großteil damit zufrieden ist, was einem die Wirtschaft gönnt oder auch nicht. Vor allem bei Lokalen ärgert mich das irrsinnig, wie hochnäsig und allmächtig sich so manche BetreiberInnen brüsten. Nicht barrierefreie Lokale (incl. der Möglichkeit das WC benutzen zu können) sollen zusperren müssen, Geschäfte zumindest einen barrierefreien Zugang ermöglichen! Das wäre einmal ein Anfang von Barrierefreiheit.

  • erhebung gut und wichtig, schlußfolgerung: apell ans bewußtsein. so werden wir auch in 100 jahren nicht weiter sein. warum so windelweich und feig? wir brauchen ein neues gesetz. dieses ist zum krenreiben. denkt beim öziv jemand mit? der verband sollte vorangehen, nicht hinterherhinken. seit jahrzehnten dasselbe. wir kommen nicht weiter, und die behindertenverbände kuschen …