Behindertenbewegung wieder auf gemeinsamer Linie

Seit dem Bekanntwerden, dass der ohnehin schon sehr dürftige Entwurf eines Österr. Behindertengleichstellungsgesetzes nun noch einmal in wesentlichen Teilen aufgeweicht werden soll, lehnt die Behindertenbewegung den Entwurf nun geschlossen ab.

Jagd nach dem Recht
Krispl, Ulli

Der Entwurf des Sozialministeriums für ein Behindertengleichstellungsgesetz stand erstmals auf der Tagesordnung für die Ministerratssitzung am 7.12.2004 und wurde dann wieder zurückgezogen; nun war der Antrag, den Behindertengleichstellungsgesetzentwurf im Ministerrat zu beschließen, zum zweiten Mal auf der Tagesordnung, und zwar für die Ministerratssitzung am 14.12.2004 und wurde neuerlich von der Tagesordnung genommen, da weitere Gespräche erforderlich schienen; und das wohl sehr zu Recht.

Bereits im Vorfeld wurde nämlich den Behindertenvertretungen, allen voran der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), bekannt, dass der Gesetzesentwurf, der ja auch schon bislang lediglich den Diskriminierungsschutz regelte aber keinerlei materielle Gleichstellungsrechte vorsah, noch einmal massiv verwässert und aufgeweicht werden sollte.

Die wesentlichsten Veränderungen, die bekannt wurden, sind:

  • Der Diskriminierungsschutz bei Verstößen gegen die Barrierefreiheit sollte nach dem überarbeiteten Gesetzesentwurf bei Bauvorhaben, die aufgrund einer bis zum 30.6.2005 erteilten Baubewilligung vorgenommen werden, erst ab dem 1.7.2015 wirksam werden.
  • Der Diskriminierungsschutz der Familienangehörigen von Menschen mit Behinderungen sollte weiter eingeschränkt werden, indem der geschützte Personenkreis auf unterhaltsberechtigte bzw. unterhaltspflichtige Angehörige begrenzt würde.
  • Der immaterielle Schadenersatzanspruch sollte nun in Übereinstimmung mit dem Gleichbehandlungsgesetz nach unten korrigiert werden und von bislang € 720 auf € 400 gekürzt werden.
  • Das Verbandsklagerecht der ÖAR in Individualfällen sollte zu einem bloßen Nebeninterventionsrecht werden, was ein weit schwächeres Rechtsinstrument ist als ein Verbandsklagerecht.

Diese bekannt gewordenen Verschlechterungen brachten das Fass zum überlaufen.

Die ÖAR, die bislang den Behindertengleichstellungsgesetzentwurf des Sozialministeriums, wenn auch im Bewusstsein, dass er noch massive Lücken aufwies, die in der Zukunft schrittweise zu schließen gewesen wären, unterstützte, hat nun in einem Schreiben an Herrn Bundesminister Mag. Haupt vom 14.12.2004 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Dachverband der Behindertenverbände entsprechend dem diesbezüglichen Präsidiumsbeschluss vom 13.12.2004 diesen aufgeweichten und völlig zahnlosen Entwurf nun ablehnen muss.

Damit verfolgt die Österreichische Behindertenbewegung nun nicht nur letztlich ein gemeinsames Ziel, ein umfassendes und schlagkräftiges Behindertengleichstellungsgesetz, das seinen Namen auch verdient, zu bekommen, sondern sie ist sich auch in der Art des Weges, wie dieses Ziel zu verfolgen ist, wieder einig. War die Behindertenbewegung zwischenzeitig geteilt, in auf der einen Seite „Ablehnung des Entwurfes und sofortige Neuverhandlungen“, so vertreten z.B. seitens der Vereine BIZEPS, I:Ö, den Österr. Gehörlosenbund, die SLIÖ und regionale SLI, das Aktionsbündnis „Österreich für Behindertenrechte“, und auf der anderen Seite „Unterstützung des Entwurfes mit künftigen Nachbesserungen“, so z.B. die bisherige Haltung der ÖAR, so ist die nunmehr wieder geeinte Position der gesamten Behindertenbewegung die Ablehnung eines derart zahnlosen Behindertengleichstellungsgesetzentwurfes.

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