Persönliche Assistenz: Welche Themen beschäftigen Tirol?

"Die bundeseinheitliche Lösung wird vielleicht ein mühsamer Prozess, aber aus unserer Sicht der einzig sinnvolle Weg", betonte DSA Gerhard Walter beim BIZEPS-Kongress zum Thema Persönliche Assistenz am 22. April 2010 in Wien.

DSA Gerhard Walter
BIZEPS/Eva Kosinar

Tirol war viele Jahre Vorreiter im Bereich Persönliche Assistenz in Österreich. Doch in den letzten Jahren hat sich das geändert. 1994 haben 21 Betroffene Persönliche Assistenz in Anspruch, blickte Gerhard Walter von Selbstbestimmt Leben Innsbruck (SLI) zurück und informierte, dass es derzeit ca. 270 Personen sind, die in Summe heuer voraussichtlich 200.000 Stunden über die SLI konsumieren werden.

Deckelung sondert aus

„Bei Menschen, die über Pflegegeld bis zur Stufe 4 verfügen, werden maximal 200 Stunden bewilligt. Bei Menschen, die Pflegegeldstufe 5 bis 7 zur Verfügung haben, maximal 250 Stunden, das heißt, wir sind auch gedeckelt mit maximal 250 Stunden“, zeigte Walter die Tiroler Praxis auf und erläuterte: „Durch die bestehenden Einschränkungen auf monatlich 250 Stunden sind die Menschen, in vielen Fällen in prekären Lebenssituationen. Das führt nicht selten auch zur Überforderung der Stützungssysteme und Familien und Partner. Letztendlich werden dadurch auch Betroffene in stationäre Einrichtungen gedrängt.“

Ein bedarfsgerechtes System „muss für einzelne Menschen auch rund um die Uhr zur Verfügung stehen“, forderte er und meinte in Richtung Land Tirol: „Die bestehende Stundenkontingentierung ist absolut beliebig und nimmt einzelnen Menschen ihr Grundrecht auf Wahlfreiheit und Selbstbestimmung.“

Wie gering der bewilligte Betrag pro Person ist, zeigte folgende Information. „Der Gesamtschnitt pro Kunde ist 60 Stunden pro Monat. Das entspricht einem Geldwert von circa 1.100 Euro“, schilderte der Vortragende.

Vergleich: Bundessozialamt – Land Tirol

Walter verglich die Bewilligungspraxis bei der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz mit der Assistenzkonferenz (Bundessozialamt) mit dem Verfahren zur Bewilligung von Persönlicher Assistenz auf Landesebene. Das eine laufe „partnerschaftlich ab“, beim anderen „fühlen sich die Antragsteller sehr häufig als Bittsteller degradiert“.

Weiters ging er auf ein Anfang 2008 vom Land eingeführtes Kostenbeitragsmodell ein, welches „zu existentieller Bedrohung einiger Kunden führte“. Man habe „nach langen, extrem zähen Verhandlungen und Druckausübungen“ erreichen können, dass hier Rückabwicklungen durchgeführt wurden.

„In Summe sind laut Schätzungen des Landes 700.000 Euro an Menschen wieder zurück überwiesen worden“, zeigte der Referent aus Tirol den Erfolg des Widerstandes auf. Nun gäbe es die Möglichkeit auf individuelle Situationen einzugehen, doch bei 20 Prozent der Betroffenen „gäbe es noch immer Probleme“ mit dem Modell.

Mühsamer Prozess

„Negativ ist, dass die Persönliche Assistenz derzeit nicht bedarfsgerecht ist, nicht in Tirol und im Wesentlichen auch nicht in den anderen Bundesländern. Am besten vielleicht noch in Wien“, verwies Walter auf die Notwendigkeit von Persönlicher Assistenz nach dem individuellen Bedarf.

„Das nächste Ziel muss eine bundesweite, bedarfsgerechte, ganzheitliche Assistenz für alle behinderten Menschen sein“, präzisierte Walter dar und prophezeite: „Die bundeseinheitliche Lösung wird vielleicht ein mühsamer Prozess, aber aus unserer Sicht der einzig sinnvolle Weg.“

Wer bezieht PA bei der SLI
SprecherIn: DSA Gerhard Walter
Audioquelle: BIZEPS

Und diese Folie stellt die Verteilung der Assistenznehmer auf die Pflegegeldstufen dar. Diese Grafik ist zwar schon etwas älter, aber die Tendenz stimmt. Damals waren es 174 Personen, die die Persönliche Assistenz von SLI bezogen haben.

Die meisten davon bezogen entweder Pflegegeldstufe vier oder fünf. Dass eben nur 23 Personen das mit der Pflegegeldstufe von sechs bis sieben verwenden können, das deutet darauf hin, dass unser Angebot für Personen eben mit einem hohen Unterstützungsbedarf, nicht bedarfsgerecht ist.

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