Schweizer Behindertendachverband klagt: Neueste SBB Züge nicht barrierefrei

Die neuesten sogenannten Doppelstockzüge der schweizerischen Bundesbahnen, kurz SBB, sorgen derzeit für Wirbel.

SBB Doppelstockzug von Bombardier
Bombardier

Nicht nur dass die Züge vom Hersteller Bombardier schon seit vier Jahren hätten fertig sein sollen, jetzt könnte die mangelnde Barrierefreiheit der Züge noch für eine weitere Verspätung sorgen.

Denn die neuesten Züge verstoßen gegen das Schweizer Behindertengleichstellungsgesetz, so der Schweizer Behindertendachverband.Dieses besagt, dass Menschen mit Behinderungen die öffentlichen Verkehrsmittel grundsätzlich selbstständig benützen können müssen. Das ist nun ausgerechnet bei den Neubauten nicht so.

Behindertenvertreter stellen Mängel fest

Sechs Jahre zu spät, nämlich nach Beginn des Baus der Züge wurden Behindertenvertreterinnen und Behindertenvertreter zu einer Besichtigung eingeladen.

Dabei stellten diese erhebliche Mängel in puncto Barrierefreiheit fest. (Mit den Zügen gibt es auch sonst eine Reihe von groben Problemen). Da der Ausstieg zu steil gebaut wurde, können Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer den Zug nicht selbstständig verlassen.

Das Licht spiegelt sich so stark in den Zugbildschirmen, dass die Information, wo der Zug hält, schwer zu lesen ist. Das ist unter anderem ein Problem für Personen mit Hörbehinderung, die auf diese schriftliche Information angewiesen sind. Die Handläufe reichen nicht bis zur Zugtür, sodass zum Beispiel auch Menschen mit Sehbehinderung der Ausstieg schwerfällt.

Das sind einige der Kritikpunkte, die der Behindertendachverband „Inclusion Handicap“ zu den neuen Zügen anführt.

Er fordert deshalb in einer Verbandsbeschwerde gegen die SBB und den Hersteller Bombardier, dass die bereits gebauten Züge entsprechend umgebaut werden und das es Änderungen in der Konstruktion bei den noch im Bau befindlichen 56 Zügen gibt. 

Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen

Die Projektverantwortlichen der SBB und der Zughersteller Bombardier vertreten den Standpunkt, dass die Züge den gesetzlichen Anforderungen entsprechen würden.

Interne Papiere, die der Nachrichtenredaktion von 10 vor 10 vorliegen, bestätigen aber das Gegenteil. (Siehe auch Video). Hier heißt es zum Aussteigen aus den Zügen: „Handrollstuhlfahrer brauchen einen kleinen Anstoss.“

Die SBB lehnen einen Umbau der Doppelstockzüge ab, in den internen Papieren führen sie hohe terminliche und finanzielle Risiken als Begründung an, berichtet 10 vor 10. Der Hersteller Bombardier verweigert ebenfalls eine Stellungnahme gegenüber dem Nachrichtenmagazin. Das Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen soll nun entscheiden, ob die Züge dem Schweizer Behindertengleichstellungsgesetz entsprechen oder nicht.

Rückenwind aus der Politik

Rückhalt bekommen die Betroffenen von den Politikerinnen und Politikern.

Die Nationalrätin der sozialdemokratischen Partei der Schweiz Edith Graf-Litscher wundert sich, warum das Thema Barrierefreiheit erst jetzt zur Sprache gebracht wird und fordert von allen Beteiligten, sich darum zu kümmern, dass Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer die Züge selbstständig benutzen können.

„So etwas Unprofessionelles hat es in der Schweiz noch nicht gegeben“, sagt Nationalratsmitglied Ulrich Giezendanner von der Schweizer Volkspartei.

Christian Lohr von der Christlichdemokratischen Volkspartei ärgert sich nicht nur über die Züge selbst, sondern auch über die Reaktionen der Öffentlichkeit auf Nachrichtenwebsites.

„Nun stehen die Behindertenverbände wieder als Bremsklötze da, dabei sind es die SBB und Bombardier, die ihren Job nicht gemacht haben“, meint Lohr gegenüber der Aargauer Zeitung.

Für ihn geht es dabei nicht um Sonderwünsche sondern um die Frage, ob Menschen mit Behinderungen vom Bahnverkehr ausgeschlossen werden, was die SBB bestreiten.

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