Am 10. April 2006 lud Mag. Herbert Haupt, Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen (Behindertenanwalt), zu einer Zwischenbilanz.
Die Behindertenanwaltschaft wurde im Rahmen des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes geschaffen. Das Gesetz trat mit 1. Jänner 2006 in Kraft und seit rund 100 Tagen ist der Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen tätig.
„Das Vertrauen kann man nur gewinnen durch positive Arbeit und positives Engagement. Und damit wird man dann auch langfristig Anerkennung und Unterstützung oder weiterhin Kritik und Misstrauen ernten“, teilte Haupt in einem BIZEPS-INFO Interview Ende Jänner mit und ging somit indirekt auf die an ihm geäußerte Kritik ein.
„Sprechtage gut besucht“
Bisher haben rund 350 Personen die Hilfe der Behindertenanwaltschaft in Anspruch genommen. „Meine Sprechtage in den Bundessozialämtern sind gut besucht“, erzählt Haupt. Schwerpunkte der Anfragen waren bisher Probleme am Arbeitsplatz, die Suche nach geeigneten Arbeits- und Wohnmöglichkeiten sowie mangelnde Barrierefreiheit.
Auch hat die Behindertenwaltschaft Stellungnahmen zur Sachwalterrechts-Novelle (die Ende des Monats im Ministerrat sein soll) sowie zum Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz (wurde am 6. April im Ministerrat beschlossen) abgegeben.
Haupt berichtet von seinen Vorstößen. Vom ORF hat er eine Gebührenreduktion für hörbehinderte und gehörlose Personen gefordert, weil das Untertitel-Service des ORF auch nur Teile des ORF-Angebotes zugänglich macht. Er hat bei den ÖBB darauf gedrängt, dass Tickets auch bei den Trafikanten zu erwerben sein sollen.
„Durch die engen Vorgaben des Gesetzes ist nicht alles möglich“, hält der Gleichstellungsanwalt fest. Auch fehle der Bildungsbereich im Gleichstellungsgesetz, kritisiert Haupt. Er wolle aber „der Gleichstellung zum Durchbruch verhelfen“ und daher seine Bemühungen in diese Richtung fokusieren.
Was ist geplant?
Im Herbst soll – gemeinsam mit Architekten und dem Österreichischen Normungsinstitut – ein Symposion über Barrierefreiheit abgehalten werden. In einer Studie sollen die volkwirtschaftlichen Mehrkosten bei fehlender Barrierefreiheit erhoben werden, wiederholt Haupt eine schon im Jänner geäußerte Idee.
Derzeit arbeiten fünf Personen (inkl. Haupt) in der Anwaltschaft. Er hofft noch zwei Planstellen zu bekommen und damit behinderte Menschen beschäftigen zu können.
Bericht als Instrument der Öffentlichkeitsarbeit
Als wesentliche Aufgabe der Behindertenanwaltschaft wurde im Gesetz festgehalten: „Der Behindertenanwalt hat jährlich einen Tätigkeitsbericht an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz zu legen sowie dem Bundesbehindertenbeirat mündlich zu berichten.“ Der Bericht hat u.a. die Auswirkungen des Behindertengleichstellungsgesetzes sowie allfällige Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Bin also mal verpflichtet einen jährlichen Bericht an den mir übergeordneten Sozialminister zu bringen und ich hoffe, dass es auch langfristig möglich ist, dass diese Berichte dann 1:1 vom Sozialminister an den jeweiligen Sozialausschuss des Parlaments und damit an die Öffentlichkeit übermittelt werden.
Reaktionen
„Die Behindertenanwaltschaft ist ein zahnloses Instrument und dient nur der Versorgung des Exsozialministers Haupt, der selbst zugeben muss, dass er eigentlich außer den Berater und Vermittler zu spielen, nichts durchsetzen kann“, kritisierte SPÖ-Behindertensprecherin Mag. Christine Lapp.
„Die Kritik von Behindertenanwalt Haupt zu den langen Übergangsbestimmungen und den mangelnden Sanktionsmöglichkeiten ist schon eine starke Chuzpe von ihm“, so die Behindertensprecherin der Grünen, Theresia Haidlmayr. „Während seiner ganzen Ministerschaft haben wir ihn mindestens zehn mal die Woche auf diese Missstände aufmerksam gemacht. Seine Antwort war immer die gleiche: es passt ja alles“, so Haidlmayr und weiter: „Spät aber doch, hat er es verstanden. Nur leider ist der Zug schon abgefahren“.