APOLLO-Kino – Und es geht weiter!

In der Aprilausgabe von BIZEPS-INFO deckten wir die Mißstände rund um das APOLLO-Kino auf und legten die Fakten auf den Tisch.

Apollo-Kino
Wikipedia

Wir forderten die zuständigen Stadträte, BehindertensprecherInnen und den Bürgermeister auf, zu diesem Vorfall Stellung zu nehmen.

Man könnte fragen, warum sich unser Protest so vehement gegen das APOLLO-Kino richtet. Dies ist schnell erklärt. Hier handelt sich um einen Kinokomplex, der um 220 Millionen Schilling umgebaut wurde. NACH dem Umbau war das vorher zugängliche Kino nicht mehr zugänglich. Einzig ein Notausgang mit Kingel steht nun zur Verfügung. Weiters haben die Betreiber gegen zumindest zwei Wiener Gesetze verstoßen.

Sowohl die Wiener Bauordnung, als auch das Veranstaltungsstättengesetz wurden mißachtet und trotzdem haben die Betreiber eine Betriebsbewilligung erhalten – wir berichteten auch in der Aprilausgabe von BIZEPS-INFO.

Am schnellsten hat die Landtagspräsidentin und Behindertensprecherin der SPÖ, Prof. Erika Stubenvoll, geschrieben. Sie spricht von „Vorreiterrolle“ und davon, daß die „Kritik an den Fakten nicht vorbeigehen“ sollte. Letztlich versteigt sie sich in der Behauptung, daß „der Bau des neuen Kinozentrums durchaus den Bestimmungen entspricht“ – was natürlich völlig falsch ist und nicht einmal von den Betreibern behauptet werden kann. Tage später stellte auch sie fest, daß hier einiges im Argen liegt.

Was hat sich bisher getan?

Den Betreibern des APOLLO-Kinos wurden eine Unzahl an Mängeln und Gesetzesverletzungen kundgetan. Teilweise mußten schon Änderungen durchgeführt werden und es konnten Erfolge erziehlt werden.

So wurde z. B. die Anzahl der Rollstuhlplätze aufgestockt und Sitze von Rollstuhlplätzen entfernt. Doch vieles muß noch gemacht werden; vom barrierefreien Zugang bis zum Rollstuhl-WC reicht die aktuelle Mängelliste.

Aber auch hinter den Kulissen und im Zusammenhang mit dem angeblich so guten Gesprächsklima und der behaupteten Vorreiterrolle Wiens, kommen immer neue Fakten zutage:

Wie ebenfalls in der Aprilausgabe von BIZEPS-INFO beschrieben, will das Parlament eine Anti-Diskriminierungsbestimmung für behinderte Menschen in die Bundesverfassung aufnehmen. Bei solchen Änderungen werden selbstverständlich auch die Bundesländer um eine Stellungnahme gebeten.

Wien ist gegen Rechte für Behinderte

Wien – so könnte man glauben – wird diesem Anliegen positiv gegenüber stehen. Immerhin wird darüber schon seit einigen Jahren diskutiert und immer wieder versprochen, eine solche Bestimmung auf Landesebene realisieren zu wollen.

Wie ernst gemeint diese Vorhaben wohl waren, zeigt nun folgender Vorfall. Der Bund will das realisieren, was Wien schon lange angekündigt hat, nämlich eine Anti-Diskriminierungsklausel – die Konsequenz ist eine scharfe Ablehnung Wiens mit folgender Begründung: „Damit würden aber dem Staat (und hier vor allem den Gemeinden, z. B. in baulichen Angelegenheiten, vgl. U-Bahnbau, Straßenbau) zusätzliche und kostenintensive Handlungsverpflichtungen auferlegt werden …“ (Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 12. März 1997). Und weiters findet es die Wr. Landesregierung bedenklich, einzelne Aspekte des Gleichheitsgebotes in der Verfassung zu verankern, weil „dies lediglich Ausdruck der Tagespolitik ist“. Damit hat sich Wien eindeutig deklariert. Die Devise lautet: „Rathaus kämpft gegen den Rest der Welt.“

STELLUNGNAHMEN

Landtagspräsidentin Prof. Erika Stubenvoll (SPÖ) schrieb am 14. April 1997:
Ihre Presseinformation habe ich erhalten und muß mich schon über die Diktion etwas wundern. Wien als Entwicklungsland zu bezeichnen ist für mich keine konstruktive Basis für die Lösung von Problemen, zumal die Stadt für die Anliegen unserer behinderten Mitbürger immer aufgeschlossen ist und auch mit dem Wiener Veranstaltungsstättengesetz bundesweit eine Vorreiterrolle innehat.

Dabei will ich gar nicht bestreiten, daß noch nicht alles getan werden konnte, doch befinden wir uns auf einem durchaus gutem Weg, der derartige Aussagen nicht verdient.

Im konkreten Fall wird mir bestätigt, daß der Bau des neuen Kinozentrums durchaus den Bestimmungen entspricht und auch über diesen Bereich die Cafeteria und die Toiletten barrierefrei zu erreichen sind. Rechtlich nicht geklärt ist, ob der Umbau des ehemaligen Hotels auch eine Adaptierung des bisherigen Kinobereiches zwingend verlangt.

In diesem Bereich ist – soweit mir bekannt ist – die rechtliche Beurteilung noch nicht abgeschlossen, wobei diese Frage auch in Zusammenhang mit der geplanten Zugangsrampe zu sehen ist. Ich finde daher, daß auch berechtigte Kritik an Fakten nicht vorbeigehen und jedenfalls nicht die Gesprächsbasis belasten sollte.

Das Präsidialbüro des Bürgermeisters Dr. Michael Häupl (SPÖ) schrieb am 17. April 1997:
Der Herr Bürgermeister hat das zuständige Mitglied der Wiener Stadtregierung ersucht, sich Ihrer Angelegenheit anzunehmen. Die amtsführende Stadträtin für Jugend, Soziales, Information und Sport, Frau Vizebürgermeisterin Grete Laska, wird Ihnen so bald wie möglich eine Nachricht zukommen lassen.

Landtagsabgeordnete Mag. Alexandra Bolena (Liberales Forum) schrieb am 18. April 1997:
Die Versäumnisse beim Umbau des APOLLO-Kinos, wie sie im Bericht der BIZEPS-INFO dargestellt werden, sind völlig inakzeptabel. Aber die Vernachlässigung der Bedürfnisse Behinderter im gemeindeeigenen Betrieb, der KIBA, ist ein Sittenbild der kommunalen Verwaltung. Es wird durch eine Reform des Veranstaltungsstättengesetzes zwar auf die Anliegen Behinderter eingegangen, aber gleichzeitig werden diese Bestimmungen von den eigenen Betrieben negiert und umgangen.

Hier zeigt sich wieder einmal mit aller Deutlichkeit, wie wenig die Wiener Stadtregierung über Lippenbekenntnisse hinaus kommt, wenn es um die Anliegen benachteiligter Minderheiten geht. In Sonntagsreden wird zwar einiges versprochen, aber die Umsetzung konkreter Anliegen wird zu oft nicht durchgeführt. Das ist inakzeptabel, pharisäerhaft und mehr als bedauerlich – das ist in Wahrheit menschenverachtend.

Landtagsabgeordneter Mag. Franz Karl (ÖVP) schrieb am 27. April 1997:
Im Jahre 1995 wurde das Wiener Veranstaltungsstättengesetz im § 30 (besondere bauliche Bestimmungen für Rollstuhlfahrer) novelliert. Dabei wurde festgelegt, daß bei einem Umbau von mehr als 10 % der Fläche der Veranstaltungsstätte, diese für Rollstuhlfahrer geeignet sein muß. Die Umgehung durch einen Zubau ist nicht zu akzeptieren, wird wahrscheinlich aber nicht mehr rückgängig zu machen sein. Was kann also geschehen?

1. Eine weitere Novellierung des Veranstaltungsgesetzes, welche das Schlupfloch „Zubau“ schließt.
2. Überprüfung durch die MA 7 und die MA 35, ob alles rechtens ist.
3. Selbst wenn das der Fall sein sollte, muß die CINEINVEST folgende zwei Dinge ändern:

Ein Rollstuhlplatz kann kein Sitz sein. Solange nicht alle Säle rollstuhlgerecht sind, muß eine Zuordnung von Saal und Film bestehen, die nicht beliebig geändert werden kann.

Als Behindertensprecher der Wiener Volkspartei werde ich mich mit Vehemenz dafür einsetzen, daß im Sinne der im Koalitionsübereinkommens festgelegten Äußerungen rasch in dieser Richtung etwas geschieht.

Vizebürgermeister Dr. Bernhard Görg (ÖVP) schrieb am 2. Mai 1997:
Ich habe Ihr Schreiben mit Herrn Gemeinderat Karl besprochen. Wir sind beide der gleichen Meinung über Ihre Beschwerde betreffend das APOLLO-Kino. Ich habe daher der Antwort, die Ihnen Herr Mag. Karl gegeben hat, nichts hinzuzufügen, außer, daß ich mich selbstverständlich ebenfalls für die Einhaltung des Koalitionsübereinkommens einsetzen werde.

Landtagsabgeordnete Jutta Sander (Grüne) schrieb am 5. Mai 1997:
Ein Besuch im APOLLO-Kino macht jedem sofort klar: hier spielt Geld keine Rolle! Oder doch? Denn wenn Dkfm. Werner Sogl die finanzielle Vertretbarkeit für behindertengerechten Zugang des Neu-Zu-Baus und des Gesamtbaus ins Spiel bringt, bleiben die Betroffenen auf der Strecke.

Die im BIZEPS-Bericht geschilderten Mißstände zeigen deutlich, daß mehr Druck notwendig ist, damit die Stadt Wien als Gesetzgeberin und Gesetzvollzieherin einerseits und Betriebe andererseits behindertengerechtes Bauen und Betreiben von Veranstaltungsstätten u. ä. wirklich umsetzen.

Ich werde in einer gemeinderätlichen Anfrage der Sache noch einmal auf den Grund gehen und unterstütze die Protestaktion vor dem APOLLO-Kino vollinhaltlich.

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