Armutskonferenz: „Von der Sozialhilfe ist mittlerweile nur mehr eine Ruine über“

Neues sicheres Gebäude bauen, das Existenz, Chancen und Teilhabe sichert: Menschen mit Behinderungen, leistbares Wohnen, Gesundheitsförderung, Kinder & Familien in Not

Armutskonferenz
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„Von der Sozialhilfe ist mittlerweile nur mehr eine eingestürzte Ruine über“, kommentiert das Netzwerk Armutskonferenz die Aufhebung weiterer verfassungswidriger Bestimmungen im Sozialhilfegesetz. (siehe: VfGH)

„Wir müssen ein neues sicheres Gebäude bauen, das Existenz, Chancen und Teilhabe sichert“, fordert die Armutskonferenz angesichts der aktuellen sozialen Krise die Regierung zu einer ordentlichen Sanierung auf.

„Die schlechte Sozialhilfe hat so viele Gräben aufgerissen. Es trennen Menschen bereits Schluchten von der notwendigen Hilfe. Die negativen Auswirkungen der aufgerissenen Gräben auf Menschen mit Behinderungen, Wohnen, Frauen in Not, Gesundheit, Kinder und Familien sind massiv. Die Verschlechterungen treffen alle“, so die Armutskonferenz, deren Mitglieder über 500.000 Menschen im Jahr begleiten und betreuen.

Almosenhaft und beschämend

Die flexible Auszahlung von Geld- wie Sachleistungen ist hilfreich. In bestimmten Fällen kann die direkte Überweisung der Miete sinnvoll sein, z.B bei einer Suchterkrankung oder einer psychischen Krise – aber als zu begründende Ausnahme, wie es in der Mindestsicherung früher auch möglich war. Pauschal angeordnete Sachleistungen hingegen bedeuten weniger Selbständigkeit und können zu Stigmatisierung führen.

In der schlechten Sozialhilfe weiß der Vermieter oder der Stromlieferant genau Bescheid, dass da einer Sozialhilfe hat. Aus der Praxis wissen wir, dass das eher zu Ungunsten der Betroffenen ausgeht. Diesen Zwang hat der VfGH jetzt aufgehoben. Das Sozialhilfegesetz ist auch gerade deswegen so problematisch, weil es sozialstaatliche Leistungen in „almosenhafte“, bevormundende Fürsorge überführt hat.

Eine paternalistische Fürsorgeleistung ist immer stärker mit Beschämung und Abwertung verbunden.

Wer Ärmeren helfen will, darf zur schlechten Sozialhilfe nicht schweigen

„Zu besonders drastischen Kürzungen kommt es bei Menschen mit Behinderungen, deren Unterhaltsforderungen jetzt österreichweit als Einkommen gewertet werden. Kinder sind von Kürzungen gravierend betroffen und vielfach in ihrer Entwicklung eingeschränkt“, berichtet die Armutskonferenz.

Eine weitere massive Verschlechterung betrifft die Leistungen fürs Wohnen, auch die Wohnbeihilfe wird jetzt von den zuständigen Behörden einbehalten. Weiters hat sich die Ungleichbehandlung und Diskriminierung von Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft mit der Sozialhilfeeinführung stark erhöht.

Neue Mindestsicherung: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, Achtung statt Beschämung

Wir brauchen eine neue Mindestsicherung, die Existenz, Chancen und Teilhabe sichert“, fordert das Netzwerk angesichts der sozialen Krise die Regierung zu einer ordentlichen Sanierung auf. Um der sozialen Krise effektiv entgegentreten zu können, braucht es: Grundrechte statt Almosen, Chancen statt Abstieg, sozialer Ausgleich statt Spaltung, Achtung statt Beschämung.

Die Armutskonferenz hat 19 Punkte für eine bessere Mindestsicherung vorgelegt, die eine effektive Soforthilfe, kürzere Entscheidungsfristen, Dienstleistungen und Alltagshilfen, Ausbildungsoptionen, Unterhaltsreform, Anspruch auf Einbeziehung in die Krankenversicherung bei Krankheit und den tatsächlichen Wohnbedarf umfasst, so die Armutskonferenz. „Es wäre eigentlich nicht so schwer. Ein schlechtes Gesetz gehört geändert.“

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Ein Kommentar

  • Das Sozialhilfe-Gesetz ist völlig daneben gegangen! Es ist entwürdigend, wie Sozialhilfe-Empfänger:innen großteils (schlecht) behandelt werden. Ich frage mich oft, warum in den Sozialämtern oft solche Sadisten arbeiten, die glauben das Geld aus der eigenen Tasche bezahlen zu müssen.
    Ich kenne es vor allem aus der Sicht von Menschen mit Behinderungen. Es wird die ganze Familie bestraft wenn bei einer erwachsenen Person eine Behinderung vorliegt und diese Person nicht arbeiten kann und sie „so unverschämt ist“ in einer eigenen Wohnung zu leben. Mutter, Vater – beide bezahlen Unterhalt, Wohnbeihilfe wird eingerechnet – es kommt kaum mehr ein Cent Sozialhilfe dabei heraus. Kinder müssen Eltern klagen, wenn diese nicht „freiwillig“ bezahlen… UND übernehmen oftmals trotzdem den Großteil der Pflege und Betreuung/Assistenz als nahe Angehörige, weil es zu wenig PA-Stunden und/oder Assistent:innen gibt.