Die Wiener ÖVP-Behindertensprecherin Karin Praniess-Kastner lud am 16. August 2010 zu einer Pressekonferenz mit dem Titel "Mehr Wien ist möglich - auch für Menschen mit Behinderung!". Ein Bericht.
Die seit dem Jahr 2005 im Gemeinderat tätige Behindertensprecherin der Wiener ÖVP und Mutter einer behinderten jungen Frau erinnerte in einem kurzen Rückblick an ihre Initiativen in der abgelaufenen Legislaturperiode. Sie habe in den letzten Jahren über 120 Initiativen gesetzt doch die „allein regierende Wiener SPÖ“ habe drei Viertel der Vorschläge abgelehnt.
„Damit wurden wesentliche Fortschritte zur Gestaltung einer modernen, auf die Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderung ausgerichteten Politik vereitelt“, hielt sie fest und zeigt jene Punkte auf, die die ÖVP von den politischen Mitbewerbern unterscheidet. Ausführlich ging sie auf die SPÖ ein, der sie Versäumnisse in einer modernen Behindertenpolitik vorwarf.
Forderungen
Konkret bemängelte sie das Tempo des Reformwillens seitens der SPÖ. Sie forderte wiederholt einen Rechtsanspruch für alle Leistungen im neugeschaffenen Wiener Chancengleichheitsgesetz und Persönliche Assistenz auch für sinnes- und lernbehinderte Menschen.
„Persönliche Assistenz ist in Wien für körperbehinderte Menschen sehr gut eingeführt, muss aber allen behinderten Menschen zugute kommen“, erläuterte sie.
Die Realisierung eines Persönlichen Budgets für behinderte Menschen sei seitens der SPÖ ebenso abgelehnt worden, wie die Erarbeitung eines Wiener Aktionsplanes zur Umsetzung der Bestimmungen der UN-Behindertenrechtskonvention. „Viele dieser Forderungen sind unerfüllt“, kritisierte die ÖVP-Behindertensprecherin.
Als Ziel definierte sie: „Behinderten Menschen soll in allen Lebensbereichen ein selbstbestimmtes Leben möglich sein.“
„Schande für Wien“
Als Beispiel einer verfehlten Behindertenpolitik nannte sie auch die Großeinrichtung „Therapiezentrum Ybbs„, wo rund 390 Personen untergebracht sind.
„Ein Grossheim wie Ybbs ist für Wien eine Schande“, zeigte sich Praniess-Kastner empört und kündigte auf Nachfrage an: „Wir werden rasch ein verbindliches ‚Absiedlungskonzept‘ vorlegen, das den dort untergebrachten Menschen mit Behinderung eine adäquate selbstständige Form des Wohnens garantiert.“
Politische Mitwirkung
„Wir sind selbst als betroffene Menschen mit betroffenen Menschen tätig“. Dies unterscheide die ÖVP von den politischen Mitbewerbern, hob sie hervor und stellte im Rahmen der Pressekonferenz Ulrike Prager und Josef Baumgartner vor.
Ulrike Prager kandidiert für die ÖVP Mariahilf für die Bezirksvertretung. „Man kann ganz anders agieren, wenn man selbst betroffen ist“, hält die Rollstuhlfahrerin fest und nennt ihre konkrete Vorhaben für den Bezirk; darunter gute Behindertenparkplätze für den Naschmarkt.
Auch Josef Baumgartner, selbst sehbehindert und schon einmal Kandidat für die ÖVP, tritt für ein Mandat in einer Bezirksvertretung an. Er möchte in Penzing für die ÖVP in der Bezirksvertretung „Bewusstsein schaffen für behinderte Menschen“ und u.a. eine Evaluierung der akustischen Ampeln erreichen.
Pflegegeld
Auf die Diskussion der letzten Tag zum Pflegegeld und den kolportierten Einsparungen von bis zu 100 Millionen Euro, ging der ebenfalls anwesende ÖVP-Behindertensprecher im Parlament, Dr. Franz-Joseph Huainigg, in seiner Wortmeldung ein.
Er sprach sich vehement für Pflegegeld als Geldleistung aus. „Die ÖVP hat das immer gefordert“, bekräftigte er diesen Standpunkt. Er persönliche „sehe kein Einsparungspotential beim Pflegegeld“ hielt der Abgeordnete fest und ergänzte: „Im Gegenteil man wird mehr investieren müssen.“
Über Details könne man reden. „Man kann darüber diskutieren, ob man die Stufen neu definiert und beispielsweise die Stufe 1 höher ansetzt“, so der ÖVP-Nationalratsabgeordnete. Ihm sei dabei „auch wichtig eine offene bedarfsorientierte Pflegegeldstufe“ zu besprechen.
Abschließend hielt er fest, dass er hofft, dass Karin Praniess-Kastner auch dem nächsten Landtag angehört.