Clearing Plus wird ausgebaut 

Forschungsbericht zeigt Erfolge des Projekts

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Ende 2015 wurde das fast zweijährige Modellprojekt „Clearing Plus – Unterstützung zur Selbstbestimmung“ abgeschlossen. Ziel war es, noch mehr Sachwalterschaften zu vermeiden, als durch „Clearing“ im Vorfeld einer Sachwalterschaft schon möglich sind. Die wissenschaftliche Evaluation zeigt nun die beachtlichen Erfolge des Projekts. Das Justizministerium will Clearing Plus daher fortführen und die Ressourcen der Vereinssachwalterschaft ausbauen.

Fast zwei Jahre lang erprobten die VereinssachwalterInnen im Rahmen des Modellprojekts „Unterstützung zur Selbstbestimmung“ ein erweitertes Clearing, das vor allem auf die Vernetzungsarbeit mit den sozialen Umwelten der Betroffenen abzielt. Die Selbstbestimmung von Menschen mit Beeinträchtigungen sollte so gemäß UN-Behindertenrechtskonvention möglichst erhalten bzw. gefördert werden.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Konnte durch ein klassisches Clearing im Vorfeld einer Sachwalterschaft schon in einem Drittel der Fälle eine Einstellung des Sachwalterschaftsverfahrens empfohlen werden, so wurden mit „Clearing Plus“ in den verbliebenen Fällen, die mit einer Fortführung des Verfahrens geendet hätten, fast doppelt so viele Fälle positiv abgeschlossen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS) im begleitenden Evaluationsbericht, der nun vorliegt.

Das heißt konkret: Für 101 von 164 Personen konnte die Empfehlung abgegeben werden, das Sachwalterverfahren einzustellen. Die Erfahrung zeigt, dass RichterInnen meist den Empfehlungen des Clearing-Berichtes folgen. Im Durchschnitt nur zwölf Wochen dauerte ein Clearing-Plus-Prozess – ein kurzer Zeitraum, wenn man bedenkt, dass für die jeweilige Einzelperson der Entzug ihrer Geschäftsfähigkeit mit weit reichenden Folgen vermieden werden konnte.

Unterstützungsangebote benötigt

Wesentlich für das Konzept von „Clearing Plus – Unterstützung zur Selbstbestimmung“ ist eine Haltungsänderung: weg vom stellvertretenden Handeln für Betroffene, hin zur Suche nach Lösungen gemeinsam mit den Betroffenen. Dabei werden das persönliche Umfeld sowie professionelle soziale Dienste einbezogen. Unterstützung ist meist bei finanziellen Angelegenheiten und Behördenkontakten gefragt, aber auch bei persönlicher Betreuung und Versorgung, damit Betroffene etwa möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben können.

Eines hat „Clearing Plus“ sehr deutlich gezeigt: Die Länder müssen intensiv am Aufbau von Erwachsenensozialarbeit und Modellen unterstützter Entscheidungsfindung arbeiten. „Die Förderung etwa von Peer-Beratung, Betreutem Konto und Persönlicher Assistenz unterstützt Menschen in ihrer selbstbestimmten Lebensführung und ist letztlich auch volkswirtschaftlich kostensparender als institutionelle Betreuung, etwa in Pflegeheimen“, zeigt sich Christian Aigner, Fachbereichsleiter Sachwalterschaft bei VertretungsNetz überzeugt.

Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) hat nun grünes Licht für eine Fortführung des erfolgreichen Modellprojekts „Clearing Plus“ signalisiert. Die Ressourcen von VertretungsNetz werden dabei ausgebaut. Wesentliche Erkenntnisse aus dem Projekt werden auch in die Reform des Sachwalterrechts einfließen. Mit einem Gesetzesentwurf soll in diesem Sommer zu rechnen sein.

Fachbereichsleiter Christian Aigner erwartet sich von der Reform, dass die Leitlinien der Behindertenrechtskonvention stärker berücksichtigt werden: „Betroffene sollen so lange und in so vielen Angelegenheiten wie möglich eigene Entscheidungen treffen dürfen. Durch ein obligatorisches Clearing im Vorfeld einer Sachwalterschaft, wie sie der Entwurf vorsieht, rechnen wir mit weniger Sachwalterschaften und mehr selbst gewählten Vertretungen. Der Entzug der Geschäftsfähigkeit darf auf jeden Fall nur mehr das allerletzte Mittel sein.“

Link: Soziologische Begleitforschung und Evaluierung des Modellprojekts „Unterstützung zur Selbstbestimmung“, Endbericht, Executive Summary, Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie (IRKS), Dezember 2015

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