Der Verein Blickkontakt erreichte tausende Menschen mit seinem Megaphonwagen.
Am 15. Oktober 2002, dem weltweiten Tag des weißen Stockes, den Blickkontakt als „Aktionstag gegen Behindertendiskriminierungen in Österreich“ verstand, sprach sich die Selbsthilfebewegung sehbehinderter und blinder Menschen bei einer Fahrt mit einem Megaphonwagen durch die Wiener Innenstadt gegen die Benachteiligungen und Diskriminierungen sehbehinderter und blinder Menschen und für die Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes in Österreich aus. An Bord des originell aufgemotzten Taxis waren Mag. Michael Krispl, der blinde Bürgerrechtler und 2. Vorsitzende des Vereines Blickkontakt, seine Ehefrau Ulli Krispl, die als sehbehinderte Sonderschullehrerin ihre Frau steht, und der routinierte Taxifahrer Walter Grund, der eine Vielzahl sehbehinderter und blinder Menschen zu seinen Freunden und Kunden zählt.
Die Fahrt führte von Döbling – Döblinger Hauptstraße, Währingerstraße – in den ersten Bezirk – Schottenring, Stephansplatz, Stubenring, Oper – zum Rundfunkzentrum in der Argentinierstraße, über das Rathaus, das Parlament, den Justizpalast, den siebenten Bezirk wieder in die Innenstadt – Hofburg, Ballhausplatz, Stefansplatz, Ringstraße, Sozialministerium – und endete schließlich vor dem Bundes-Blindenerziehungsinstitut in der Leopoldstadt.
Mag. Michael Krispl: „Ich bin von dieser Art, unsere Anliegen einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen, begeistert. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, von interessiertem Stehenbleiben, Schauen, genervtem Ohrenzuhalten, belustigtem Lachen bis hin zu verärgerten Beschimpfungen und Drohungen mit einer Anzeige wegen illegaler Verkehrsbehinderung; doch mit einem Genehmigungsbescheid der MA 46 in der Tasche kann man sich wohl sicher fühlen. Erfreulich war jedoch, dass die Menschen überwiegend interessiert zuhörten und schauten, ja zumeist viele Fenster aufgingen, weil die Leute durch die Megaphondurchsagen neugierig gemacht wurden.“
Ulli Krispl: „Wir sind total aufgefallen, waren weder zu überhören noch zu übersehen; alle Menschen auf der Straße haben sich nach uns umgedreht. Für mich war es ein wunderbares Gefühl, dass wir so viele Menschen mit diesem so wichtigen Thema erreichen konnten. Mit meiner Justitia mit Blindenstock will ich auch das grafisch rüberbringen, wofür Blickkontakt sich so entschieden einsetzt, für Rechte behinderter Menschen, um chancengleich und gleichberechtigt an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens teilhaben zu können.“
Walter Grund (Chauffeur): „Erst hatte ich ein wenig Bammel vor der Aktion, dass alles klappt; doch jetzt muss ich sagen, dass ich echt begeistert war. Die meisten Menschen, die auf der Straße unterwegs waren, hatten ja überhaupt keine Ahnung von all diesen Benachteiligungen. Ich finde es super, dass diese Leute sich durch unsere Megaphondurchsagen mit diesen Problematiken auseinandersetzen konnten. Auch für mich war das eine gelungene Aktion.“
„Wenngleich man nicht genau sagen kann, wie viele Menschen unsere Botschaften tatsächlich in ihrer ganzen Tragweite verstanden haben, so war es doch wichtig, dass sich die Behindertenbewegung in Österreich einmal mehr lautstark Gehör verschafft hat. Und offenbar wurde unser Appell, als wir rund um das Wiener Rathaus fuhren, von der 2. Landtagspräsidentin, Prof. Erika Stubenvoll (SPÖ) erhört; sprach sie sich in einer Presseaussendung am 15. Oktober 2002 – anlässlich des Tages des weißen Stockes – ebenfalls gegen Benachteiligungen und Diskriminierungen sehbehinderter und blinder Menschen aus und betonte, dass ein Behindertengleichstellungsgesetz in Österreich notwendig sei“, so Mag. Krispl.
Die erste Vorsitzende des Vereines Blickkontakt, Dr. Elisabeth Wundsam, zeigte sich überaus erfreut über diesen ersten Erfolg und meinte abschließend: „Blickkontakt und seine Freunde werden – motiviert durch diese Aktion – auch künftig auf eine solche oder ähnlich öffentlichkeitswirksame Weise auf die Anliegen behinderter Menschen in Österreich aufmerksam machen und nicht locker lassen, bis das Behindertengleichstellungsgesetz in Österreich Wirklichkeit ist!“