Diskussion um Entwurf der EU-Nichtdiskriminierungsdirektive

Am 2. Juli 2008 hat die Europäische Kommission einen Entwurf vorgelegt. Die Diskussion darüber wird nun - besonders in Deutschland - heftiger. Ein Kommentar.

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Europäische Union

Das Ziel der Europäischen Kommission ist es den Diskriminierungsschutz innerhalb der Europäischen Union zu verbessern. Der Schutz soll nicht wie bisher nur am Arbeitsplatz gelten, sondern auf alle Lebensbereiche ausgedehnt werden.

Wir versuchen den Schutz vor Diskriminierung auch jenseits des Arbeitsmarktes zu garantieren“, wird EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla im Standard zitiert.

In Europa müssten – so der Standard weiter – jedenfalls „viele Treppen durch Rampen ersetzt, viele Türen verbreitet und viele Menschen mit Behinderung eingestellt werden“, sagte Spidla. Das betreffe „Millionen von Menschen“. Die EU-Richtlinie schaffe Mindeststandards, über die die EU-Länder noch hinausgehen können. Generell müssten die Vorgaben in den EU-Staaten aber „angemessen“ sein und dürften vor allem kleine Unternehmen nicht zu stark belasten.

Zustimmung bisher gering

Die Zustimmung zu diesem wichtigen Vorhaben ist allerdings äußerst gering; wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Für die einen hat „das Regulierungsmonster aus Brüssel“ wieder zugeschlagen. Die Frankfurter Allgemeine kritisiert die Aussage von Spidla „Noch immer sind Millionen Menschen in der Union täglich Diskriminierungen ausgesetzt.“ und fragt: „In welcher Wahrnehmungswelt lebt dieser Verfechter einer weiteren Anti-Benachteiligungs-Richtlinie eigentlich?“

„Als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie spreche ich mich entschieden gegen den Richtlinienentwurf aus“, meint auch der deutsche Minister Michael Glos und befürchtet: „dass jeder Gastwirt an der Ecke zukünftig seine Speisekarten auch in Blindenschrift und eine behindertengerechte Toilette vorhalten müsste“. (Eine ziemlich dumme Ansage, die Christiane Link in ihrem Blog herrlich kommentiert hat.)

Auch die ÖAR – wenn auch aus anderen Gründen – ist entsetzt und meint in einer Aussendung: „Entwurf der EU-Nichtdiskriminierungsdirektive ist eine Katastrophe für behinderte Menschen“. Der Präsident wird mit den Worten zitiert: „Der vorliegende Entwurf stellt insgesamt einen Rückschritt in der EU-Behindertenpolitik dar und es wäre ein schwerwiegender und somit nahezu nicht gut zu machender Fehler, wenn er angenommen werden würde!“

Wie geht es weiter?

Die Kommission hat mit ihrem Entwurf nicht weniger versucht, als eine in allen EU-Mitgliedssstaaten gültige Mindesthöhe des Diskriminierungsschutzes vorzuschlagen. Dies scheint offenbar nicht geglückt zu sein.

Auf der einen Seite gibt es Gegner wie die Deutsche Wirtschaft(spresse). Aber auch auf der anderen Seite – jener, die von so einer Richtlinie profitieren sollen – kommt massive Ablehnung.

Kritisch muss aber schon hinterfragt werden, ob Zurufe aus beispielsweise Österreich (bei aller berichtigten Kritik) ernst genommen werden können, wo Österreich es bis heute noch nicht mal geschafft hat, einen einheitlichen und durchsetzbaren Standard im Bereich barrierefreies Bauen auf Bundeslandebene durchzusetzen.

Es wird nun spannend sein, wie es weiter geht. Wird der Kommissionsentwurf noch mehr verwässert und die teilweise jetzt schon mangelhaften Bestimmungen abgeschwächt, oder wird die Kommission trotz massiven Widerstandes einen besseren Entwurf vorlegen.

Eines darf man aber nicht vergessen: Die Richtlinie wäre immer nur ein Mindeststandard und jeder Mitgliedsstaat kann – so wie bisher – natürlich höhere Standards im nationalen Recht verankern.

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