Ernsthaft? Keinen Corona-Bonus für Behindertenbetreuung?

Am 9. Dezember 2021 hat die IVS Wien eine Presseaussendung veröffentlicht, in der sie darauf hinwies, dass angesichts der unklaren Bestimmungen davon auszugehen ist, dass viele Mitarbeiter*innen der Behindertenhilfe heuer keinen Corona-Bonus erhalten werden.

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Die Gewerkschaft der Privatangestellten hat diese Initiative aufgegriffen und fordert nun die Behebung dieser Ungleichbehandlung.

Leider hat in der Zwischenzeit das Sozialministerium auf Anfrage der IVS Wien bestätigt, dass ausschließlich Mitarbeiter*innen, die Pflegeleistungen erbringen bzw. erbracht haben, Anspruch auf den Corona-Bonus haben.

Keinen Anspruch haben also z.B. Mitarbeiter*innen,

  • die Menschen mit unterschiedlichsten Formen von Behinderungen in ihren Wohnungen bei der täglichen Lebensführung unterstützen bzw. assistieren,
  • die Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen bei der Kommunikation unterstützen, indem sie z.B. Übersetzungsleistungen erbringen,
  • die Menschen mit Behinderungen in ihrer Mobilität unterstützen
  • die in Tagesstrukturen arbeiten, in denen Menschen mit Behinderungen beschäftigt sind (wenn dort keine pflegerischen Tätigkeiten anfallen)
  • die Menschen mit psychischen Erkrankungen seit eineinhalb Jahren durch die Pandemie begleiten
  • die Menschen mit Behinderungen bei der Freizeitgestaltung begleiten und unterstützen
  • die Menschen mit Behinderungen zum Einkauf, zum Friseur, zum Arzt, ins Krankenhaus oder wohin immer es auch notwendig ist begleiten
  • die Menschen mit Behinderungen in psychischen Krisen begleiten und unterstützen.

Diese Auflistung ist natürlich hoffnungslos unvollständig, weil die Betreuungs-, Unterstützungs-, Begleitungs- und Assistenzleistungen so vielfältig sind wie die Menschen mit Behinderungen, die diese Leistungen für eine möglichst selbständige Lebensführung benötigen.

All diesen Tätigkeiten gemein ist allerdings, dass sie „im persönlichen und physischen Kontakt stattfinden und der Mindestabstand zu den pflege- und betreuungsbedürftigen Personen nicht eingehalten werden kann“, wie es in den Durchführungsbestimmungen des Ministeriums heißt.

Bei näherer Betrachtung zeigt sich also deutlich, dass es keine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung in pflegerische und nicht-pflegerische Unterstützungsleistungen gibt.

Angesichts geschätzter bisheriger Pandemiekosten von 70 Milliarden Euro ist ja hoffentlich auch nicht davon auszugehen, dass es sich hier um eine Sparmaßnahme handelt.

Bleibt die Befürchtung, dass diese völlig unverständliche Regelung einmal mehr der Ignoranz der politisch Verantwortlichen und der damit befassten Beamt*innen im Hinblick auf die konkrete Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen und damit verbunden der Arbeitsrealität ihrer Unterstützer*innen geschuldet ist.

In der Praxis bedeutet die Vorgangsweise der Regierung eine massive Geringschätzung vieler Mitarbeiter*innen der Behindertenhilfe, die in den letzten eineinhalb Jahren unter sehr schwierigen Bedingungen Menschen mit unterschiedlichsten Formen von Behinderungen mit großem persönlichen Einsatz durch die Pandemie begleitet haben.

Die Arbeitgeber bringt sie außerdem in die Bredouille, weil sie eine Differenzierung rechtfertigen müssen, die sachlich nicht zu argumentieren ist.

Es bleibt die Hoffnung, dass die Länder als Träger der Behindertenhilfe diese Ungerechtigkeit erkennen und den Bonus für die nicht-erfassten Mitarbeiter*innen finanzieren.

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2 Kommentare

  • Sehr geehrte Damen und Herrn!! Mein Name ist bilen sabine wohnhaft -Adresse entfernt-!! Mein Anliegen ist jetzt wegen dem corona bonus und behinderten corona bonus !! Hab den zweiten klima bonus leider noch nicht bekommen und jetzt die fragen wann kommt der klimabonus überhaupt wie lange kann das denn dauern !! Mit freundlichen grüssen bilen sabine

    • Sehr geehrte Frau Bilen!

      Für diese Fragen sind wir zwar nicht zuständig, aber der 2. Klimabonus wird im Oktober 2023 ausgezahlt. Die anderen Boni die sie erwähnt haben sind Boni die der Arbeitgeber zahlen kann bzw. sie nur bekommen wenn sie in einem Gesundheitsberuf arbeiten.