Gelbe Armbinden mit drei schwarzen Punkten oder lange weiße Blindenstöcke sieht man bei der Berlinale selten.
Am Donnerstag im Royal Palast war das anders: „Wir hatten 50 Karten reserviert, die waren im Nu weg“, sagt Martina Wiemer vom „Projekt Hörkino“ gegenüber der Berliner Zeitung, die weiter ausführte:
Auf dem Programm stand „Buena Vista Social Club“, ein Dokumentarfilm über eine Gruppe kubanischer Musiker von Wim Wenders. Es ist der erste blindengerechte Hörfilm in der Geschichte der Berlinale.
Ein Hörfilm arbeitet mit der sogenannten Audiodeskription. Kurze Zwischentexte erklären all das, was nicht durch Dialoge und Geräusche verständlich wird. „Havanna, ein schwarzes offenes Auto fährt über eine Hauptverkehrsstraße. Im Auto unterhalten sich drei junge Frauen“
Ohne die Erläuterung würden die Blinden im Royal Palast nur kubanische Musik hören. Die Texte werden live gesprochen und mit Infrarot in Kopfhörer übertragen. Der Wendersfilm ist besonders aufwendig. Zwei Sprecher sind nötig, einer für die Beschreibungen, der andere zur Übersetzung der spanischen Originaltöne.
„Das war richtig gut, mit den zwei Sprechern wußte ich immer genau, wo ich war“, sagt Anke Overbeck. Sie ist blind und eine große Filmfreundin. Ins Kino geht sie gern, aber da muß immer eine sehende Begleiterin mitkommen, die ihr die notwendigen Erklärungen zuflüstert. Der „Buena Vista Social Club“ hätte ihre Begleiterin aber wahrscheinlich überfordert, vermutet Overbeck.
1993 zeigte das ZDF den ersten Hörfilm, seit vergangenem Jahr produzieren Arte, BR und WDR eigene Filme. Im kommenden Jahr kommen Sat.1 und MDR dazu. „Insgesamt läuft jede Woche ein Hörfilm im Fernsehen“, schätzt Martina Wiemers vom Blindenverband. Die Tonspur mit der Audiodeskription wird im Zweikanalton übertragen.