Gastkommentar: Können Kinder ein Schaden sein?

Es ist allzu verständlich, dass man sich die hübschesten, gesündesten und gescheitesten Kinder wünscht. (Kommentar in den Oberösterreichischen Nachrichten)

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Aber manchmal gibt es auch Sorgenkinder, die Eltern unerwartet vor größte Aufgaben stellen. Vor allem dann, wenn sie mit einer Behinderung zur Welt kommen.

Viele Eltern – meist sind es die Mütter – müssen sich durch unbekanntes Terrain kämpfen, um zu rechtlichen, begleitenden und therapeutischen Hilfen zu kommen. So, als wären sie die ersten, denen so etwas widerfährt.

Sie fühlen sich in dieser Situation von der Gesellschaft allein gelassen. Und mehr noch, oft müssen sie ihr Kind als Störfall erleben, wenn etwa Gerichtsurteile verminderte Urlaubsqualität bescheinigen, sollten behinderte Menschen ebenfalls im selben Ressort gewesen sein. Wir geben uns der kollektiven Illusion hin, dass alles planbar, heilbar und normierbar sei. Jeder Wunsch scheint erfüllbar, jede Norm durchsetzbar und jede Abweichung vermeidbar. Und, sollte diese Normalität, dieser Regelfall einmal verfehlt werden, könne dies nur die Folge von schuldhaftem Verhalten sein.

Wird ein behindertes Kind, das durch eine „Fehldiagnose“ zur Welt kommt, nun gerichtlich als „Schadensfall“ eingestuft, geschieht dies nur in rechtlich-logischer Konsequenz dieses Normdenkens. Die Empörung und das Entsetzen über so ein Urteil ist auch nicht mehr, als der vorübergehende Ausdruck von schlechtem Gewissen. Wir sind gerade dabei, das Recht auf Würde zu veräußern.

Mehr Respekt

Dass man jetzt um eine Klärung der Rechtsfolgen in so einem „Schadensfall“ bemüht ist, reicht nicht. Ohne gegen die zunehmende Stigmatisierung konkrete Maßnahmen zu setzen und ohne gleichzeitig für mehr Respekt vor dem Menschsein in all seinen Facetten zu sorgen, zeugt so eine Diskussion lediglich von beschämender Hilflosigkeit.

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