Symbolbild rot-schwarze Buntstifte

Geplante Änderungen im Pflegebereich

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP werden laufend Details über vermeintliche Einigungen bekannt. Die Medien berichten ausführlich über die Details im Bereich Pflege.

„Pflegenotstand“ war eines der bestimmenden Themen des vergangenen Nationalratswahlkampfes. Nun dringen Details über geplante Vorhaben der möglichen zukünftigen Regierung zwischen SPÖ und ÖVP ans Tageslicht.

Erwin Buchinger, von den Medien als zukünftiger Sozialminister gehandelt und für die SPÖ-Verhandler im Bereich „Soziales“, freut sich über das „positive Signal in einer entscheidenden sozialpolitischen Frage“, berichtet der Kurier. Auch wenn die Finanzierung der geplanten Mehrkosten von kolportierten 300 Millionen Euro noch offen ist, werden als Ergebnis der Verhandlungen folgende Punkte genannt:

Betreuung rund um die Uhr

Ziel ist es, durch eine Reform des Hausangestelltengesetzes eine „24-Stunden-Betreuung“ leistbar und legal zu machen. Einerseits soll es dafür zusätzliche Unterstützung der öffentlichen Hand geben, andererseits soll „mit der Gewerkschaft ein angemessener Tarif für Rund-um-die-Uhr Betreuer verhandelt“ werden, so die Tageszeitung. Bisher galt nämlich auch die Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit. Dies soll geändert werden.

„Einig sind sich SPÖ und ÖVP, dass jene Hilfsorganisationen, die bisher schon bei der Pflege massiv eingebunden waren, auch bei der administrativen Abwicklung der legal angestellten Pfleger eingebunden werden. Dies reicht von der An- und Abmeldung der Pflegekräfte bis hin zur Lohnverrechnung“, berichtet die Presse.

Mobile Dienste

Für diesen Bereich werden zwei Ziele genannt. „Sie sollen ausgebaut und kostengünstiger werden“, so der Kurier weiter. (BIZEPS berichtete kürzlich „Was kostet Pflege in Wien?„)

Pflegestufen

Änderungsbedarf wird bei den derzeitigen sieben Pflegegeldstufen gesehen. „Viele Demenzkranke benötigen rund um die Uhr Betreuung, aber nicht Pflege“, führt der Kurier an. Es soll daher eine „offene Pflegegeldstufe“ geben.

Die Idee einer „offenen Pflegegeldstufe“ wurde von der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung schon im Rahmen der Erarbeitung des Pflegegeldgesetzes vor 15 Jahren eingebracht, damit behinderte Menschen mehr Geld für Persönliche Assistenz erhalten. Derzeit liegen über die „offene Pflegegeldstufe“ leider noch keine näheren Details vor. Für behinderte Menschen, die auf Persönliche Assistenz angewiesen sind, könnte dies eine Chance bedeuten.

Pflegegeld wertsichern

Obwohl sich alle Parteien einig waren, dass das Pflegegeld jährlich um die Inflationsrate erhöht werden soll, dürfte dies auch in Zukunft nicht passieren.

Das Pflegegeld soll „regelmäßig“ valorisiert werden, berichtet der Kurier und zitiert einen nicht nährer genannten beteiligten Verhandler mit den Worten: „Vermutlich nicht jedes Jahr, aber sicher nicht mehr nur alle sechs bis sieben Jahre, wie das bisher der Fall war“.

Zweifel über die ernsthafte Absicht das Pflegegeld in Zukunft wertzusichern kamen vergangene Woche auf, wie SPÖ und ÖVP im Parlament eine diesbezügliche Initiative der Opposition niederstimmten. Die scharfe Kritik seitens der Behindertenbewegung kam umgehend.

Beratung

Ausgebaut soll das Beratungsangebot werden, um festzustellen „wie die optimale Pflegelösung im konkreten Fall aussehen könnte“, berichtet die Tageszeitung.

Reaktionen

Werner Vogt, bis Jahresende Pflegeombudsmann der Stadt Wien, bewertet die vereinbarten Ziele positiv. „Ich zweifle aber daran, dass sie in der Realität erreicht werden“, so Vogt im Kurier-Gespräch.

„Noch ein bisschen nebelig“ sind für Stefan Wallner, Generalsekretär der Caritas Österreich, die bisherigen Informationen. Er fordert ein transparentes Finanzierungssystem für die Pflege. Ähnlich sieht das Walter Marschitz, Geschäftsführer des Hilfswerks. Die Vereinbarung ist „sehr vage“ und „für eine Detailbewertung ist es zu früh“.

Hilfswerk-Präsident Othmar Karas weist in einer Aussendung darauf hin, dass „viele Punkte nur in Zusammenarbeit mit den Ländern durchführbar sind, die ebenfalls zustimmen müssen.“

Miachael Chalupka, Direktor der Diakonie, weist darauf hin, dass die Regelung auf Basis des Hausangestelltengesetzes „teurer werden wird als die bisherige illegale Pflege“. Er fordert daher einen speziellen Pflegegeldausgleichsfonds.

„Ob diese Maßnahmen ausreichend sein werden, bleibt abzuwarten, ein Schritt in die richtige Richtung wurde jedenfalls getan“, so die Seniorenbund-Obfrau und ÖVP Wien Gesundheitssprecherin LAbg. Ingrid Korosec.

Bis Mitte 2007 soll bei der Pflege eine Amnestie-Regelung gelten. Illegale Pflegekräfte sollen straffrei gestellt werden.

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0 Kommentare

  • Die Katze ist aus dem Sack, die Wirkungslosigkeit des Plazebos beginnt zu „wirken“. Ein positiver Impuls ist ausgeblieben, weihnachtliche Besinnung hat auch nicht dazu beigetragen. Die „offene Pflegegeldstufe“ ist auch der Kategorie „nicht ernst gemeinter Versprechen“ zuzuordnen. Mehrausgaben für den Pflegebereich sind definitiv nicht eingeplant. Eventuelle Verbesserungen bei schwerst Pflegebedürftiger würden nur zu Lasten anderer Gruppen möglich sein. Finanzierung von 24h-Pflege würde nur über Abgabenerhöhungen machbar sein, diese sind nun aber schon zum Stopfen anderer Löcher verplant.

  • War die Beruhigungspille vor Weihnachten tatsächlich nur ein Plazebo? Wie wichtig der Pflegebereich den Koalitionsverhandlern wirklich ist, sieht man z.B. an der Finanzrunde von gestern (27.12.): Noch ÖVP- Finanzminister kann sich Investitionen nur in Forschung, Bildung, Arbeitsmarkt und Infrastruktur vorstellen („Mehr wird nicht gehen“). Steuerreform, Mindestsicherung, Kindergeld, Studiengebühren und Eurofighter sind auch ein Thema der Verhandlungen. Aber kein einziger Hinweis (auch nicht von der SPÖ) auf einen Mehrbedarf für Verbesserungen im Pflegebereich. Das legt doch die Vermutung nahe, dass die angekündigten Änderungen nur durch Einsparungen (in diesem Bereich) finanziert werden sollen: Z.B. Absenken des Lohnniveaus von Pflege-, Betreuungs- und Assistenzdienstleistern (sind eh nur „mindere“ Hilfsdienste, unbezahlte Bereitschaftszeiten etc.), noch restriktivere Praxis der PG- Einstufungen etc. Wenn nicht jetzt im Verhandlungsfinale noch ein starker Impuls von „irgendwoher“ kommt, werden wohl sämtliche üüberfälligen Maßnahmen im Pflegebereich der „Budgetdisziplin“ geopfert werden.

  • Bevor das Pflegegeld auch unter einer großen Koalition eingeführt wurde, machten viele Aktivisten von der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung einen Hungerstreik im Parlament. Was ist heute? Gibt es keinen Aktionismus mehr? Sind die Tatkräftigen in ihren Projekten von der Behindertenmilliarde so beschäftigt und etabliert, dass es dazu nicht mehr kommt? Schade!

  • Werter anonym! Die Stufe 7 wird sehr wohl anerkannt, aber nur wenn eben das Geld in ein Pflegeheim kommt, wenn es dem zu Pflegenden abgenommen werden kann! Ich meine, dass die ganzen höheren Stufen 6 und 7 eben meist nur in Pflegeheime gepumpt werden, weil

    1. Die da schon einen anderen Zugang zu den Leistungsträgern und Gutachtern haben und
    2. Es eben eine Querfinanzierung für den Betreiber des jeweiligen Pflegeheimes ist, egal ob Land , Gemeinde oder sonst wer auch immer.

  • Die „offene Stufe“ ist eine nette Idee, aber in der Praxis wird doch schon die 7er kaum je zuerkannt. Hübsche Gesetze, die dann nicht umgesetzt werden, bringen nichts. Falls man Pflegepersonal über Hilfsorganisationen abrechnen MUSS wäre das ein Skandal. Ein Körberlgeld zur Finanzierung der parteinahen Vereine.

  • Die monatelange Funkstille und nun die Salami-Veröffentlichung der SPÖVP- Pflegepläne in den letzten Tagen lässt vermuten, als wäre noch schnell vor Weihnachten eine Beruhigungspille für den Weihnachtsfrieden verordnet worden. Einige Punkte des Programms klingen gut, andere weniger, wichtige Maßnahmen fehlen völlig. Vor Allem die Finanzierung sowie Bereitschaft und Ansprüche der Länder werden noch zeigen, ob es vielleicht doch in eine gute Richtung geht.
    Es fehlt leider ein klares Grundsatzbekenntnis „Daheim statt Heim“ bzw. „ambulant vor stationär“ und so wird wohl die dringend nötige Deinstitutionalisierung und Stärkung des informellen Sektors weiter verpasst.
    Wir werden also bald sehen, ob nach der Bescherung, wenn die Hochglanzverpackung des Pflegepaketes entfernt wurde, ein Etikettenschwindel wie bei der so genannten „bedarfsorientierten“ Mindestsicherung dahintersteckt. Es bleibt zu befürchten, dass weiteres Verdrängen und Kaschieren der Misere mit halbherzigen Lösungen nicht überwunden werden kann.