Im Rahmen der Voruntersuchungen gegen den Wiener Psychiater und ehemaligen NS-Arzt Dr. Heinrich Gross wurden Anfang 1998 insgesamt 67 Leichenteile von Euthanasieopfern und 843 Krankengeschichten beschlagnahmt.
Dies ist der Grund, warum derzeit eine Bestattung der sterblichen Überreste der Opfer nicht möglich ist. Die Vorerhebungen gegen Dr. Gross wurden am 18. Dezember 1998 abgeschlossen, ebenfalls liegt bereits ein „historisches Sachverständigengutachten“ vor.
Die Wiener Staatsanwaltschaft hat einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft und das Justizministerium weitergeleitet. Das Vorhaben erfährt man aus Gerichtskreisen: Gross soll wegen Mordes angeklagt werden.
Sobald Mordanklage gegen Gross erhoben wird, will sein Anwalt Nikolaus Lehner Einspruch erheben. Hier will Lehner ansetzen: Das „Rückwirkungsverbot“ besage, daß Handlungen, die zur Tatzeit nicht strafbar waren, im nachhinein nicht nach einer veränderten Rechtslage geahndet werden dürfen.
Und damals „hat es ein entsprechendes Gesetz gegeben“ – ein Gesetz, nach dem Ärzte ihre behinderten PatientenInnen nach den Standards der Rassenbiologie kategorisieren mußten. In „lebenswerte“ und „lebensunwerte“ Subjekte.
Der schwer herzkranke ehemalige SA-Mann soll 1944 als Arzt am Spiegelgrund, der heutigen Baumgartner Höhe, für den Tod behinderter Kinder verantwortlich gewesen sein, sie entweder selbst ermordet oder ihre Ermordung in Auftrag gegeben haben. Ganz im Sinne der rassenhygienischen NS-Euthanasie.