Der Unmut über die selbstverliebte Vermarktung des Staatssekretärs für Behindertenangelegenheiten, Sigisbert Dolinschek, wächst. Neuester Fehltritt: Ein mit Steuergeldern finanziertes Inserat in der Presse.
Unter dem Titel „Mehr Medienpräsenz für Behindertensport“ erschien in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 10. März 2006 ein mit Steuergeldern bezahltes Inserat mit Foto und Text. Darin wünscht sich Staatssekretär Dolinschek (BZÖ) anlässlich der Paralympics in Turin „eine ausführliche Berichterstattung“ und „Medienpräsenz“ im Interesse behinderter Menschen.
Schönheitsfehler des Inserates: Gezeigt wird – wie immer – nur das Bild des Staatssekretärs samt Hinweis, dass er „für Behindertenangelegenheiten“ zuständig ist.
„Schämen Sie sich, Herr Dolinschek“
Für FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer ist diese Vorgangsweise „schlichtweg schäbig“. Statt konsequenterweise einen Behindertensportler zu zeigen, präsentiert sich Dolinschek einfach wieder selbst, kritisiert Hofer und gibt zu bedenken, dass um die Kosten dieses Inserates wichtigere Dinge hätten finanziert werden können. „Schämen Sie sich, Herr Dolinschek“, schreibt Hofer dem Staatssekretär in einer Aussendung.
Der erfolglose Kampf um Aufmerksamkeit
Staatssekretär Dolinschek dümpelte von Anfang an meist unter der Wahrnehmungsgrenze der Medien herum. In den Politikportalanalysen der österreichischen Presseagentur (APA) kam er zwei Mal wirklich an einer vorderen Position vor. Zuerst naturgemäß bei seiner Bestellung und dann, wie er im Ortstafelstreit Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (BZÖ) verteidigte. Sonst ist es ruhig um ihn. Zu ruhig für sein Empfinden.
Journalistinnen und Journalisten vernachlässigten „hinterhältigerweise“ inhaltsschwere Auftritte wie einen „Info-Stammtisch mit Staatssekretär Sigisbert Dolinschek zu aktuellen Themen – Selchwurst und Freibier“ (Quelle: BZÖ-Homepage, für 10. Februar 2006 angekündigt).
Auch seine mit unendlicher Ausdauer durchgeführte Tour, um bei möglichst vielen Terminen von Projekten der Behindertenmilliarde anwesend zu sein, wird von, auf inhaltsreiche Artikel bedachten, Journalisten nur am Rande beachtet.
„Wie überflüssig ist Sozial-Staatssekretär Sigisbert Dolinschek wirklich?“ fragte schon im Sommer 2005 „Die Presse“. Eine Frage, die nie beantwortet wurde.
Schamlose Selbstvermarktung
Wenn schon in der Öffentlichkeit fast unbekannt, so schaffte es Dolinschek zumindest im Behindertenbereich zu einer ansehnlichen Bekanntheit. Wie dies ging?
Sämtliche Publikationen von Projekten mit Mitteln der Behindertenmilliarde hatten plötzlich folgenden Zusatz zu tragen: „Ein von Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek unterstütztes Projekt, gefördert aus Mitteln der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung (Behindertenmilliarde) für Menschen mit Behinderungen und des Europäischen Sozialfonds.“
Manche Vereine nahmen dieses schamlose Ansinnen des Staatssekretärs knurrend, andere schmunzelnd über die tollpatschige Selbstverliebtheit, hin. Selten wurde es so deutlich gesagt, wie von SPÖ-Behindertensprecherin Mag. Christine Lapp, als sie meinte: „Hier werden die Grenzen politischen Anstands immer weiter verschoben“.
Korrekt wäre eine Kennzeichnung mit „Ein gefördertes Projekt aus Mitteln …“, aber politische Korrektheit ist eine Tugend, die nicht jeder hat.
Anonymous,
17.03.2006, 12:14
Leider ist das wahr, was das Posting unten sagt. Wirklich gute Ideen, die echte Nachhaltigkeit bringen, sind schon zu oft zu scheitern verurteilt. In dieser Hinsicht wird jeder Hinweis ohnehin zum Eigentor für den „verantwortlichen“ Politiker! Eine einzige Hochzeit der Eitelkeiten mit PR-Gags ohne Ende. Ist das die „Zukunft soziales Österreich“?! Ein gefundenes Fressen für den Herrn Karl, wenn der Helmut Qualtinger noch leben täte.
Anonymous,
15.03.2006, 12:20
Wie schön, dass dafür Geld da ist und wie ein anderer in diesem Forum schon gesagt hat: Man sollte die gelder lieber in sinnvolle Projekte investieren, denn ich bin selbst Projektleiter und was hier an Hürden und Unlogik vor allem in punkto direkte Hilfe für die behinderten menschen von den zuständigen Stellen verzapft wird, ist haarstreubend. Aber sich zu wehren heisst im schlimmsten Fall Projekteinstellung. So schaut’s aus.
Dipl.Ing. Gloria Petrovics,
15.03.2006, 09:35
Unsere volle Medienpräsenz hat der Herr Staatssekretär. Wir erwähnen bei jeder Gelegenheit, dass er unsere Anliegen bis jetzt „net amal“ ignoriert hat und ein Termin beim Papst, falls gewünscht, wahrscheinlich leichter zu bekommen wäre. Und wir treffen doch eine ganze Menge Leute …
salam_i,
15.03.2006, 08:45
früher hatten wir halt den kollegen haupt auf unseren schildern stehen, nun herrn dolinschreck und ab herbst sowieso wen anderen. was solls.
Hannes Hackl,
15.03.2006, 07:41
Nachdem ich auch Steuerzahler bin wie Herr Dolinschek sollte auch mein Name auf dieser Tafel stehen. Werd ich gleich Herrn Dolinschak mailen. Ich könnte mir die vielen Tafeln so vorstellen: Ein von Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek unterstütztes Projekt, gefördert aus Mitteln der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung (Behindertenmilliarde) für Menschen mit Behinderungen, Steuermitteln von Hannes Hackl und des Europäischen Sozialfonds.
Anonymous,
14.03.2006, 14:36
Das Schlimme ist, daß viele Projekte gar nicht zu wehren trauen, weil sie an die Förderungen angewiesen sind. Offiziell kuscht man, inoffiziell reißt man Witze darüber. Mit der Zeit kann man nur sarkastisch werden, wenn hört und liest, wie man die Öffentlichkeitsarbeit verbessern will.
Siegfried.Klemme BPV-Graz,
12.03.2006, 22:19
Er war jahrelang FPÖ-Sozialsprecher im Parlament, verhandelte für die Blauen die Pensionsreform und die heikle Schwerarbeiterregelung. Und er ist – was im neo-orangen Lager noch wichtiger ist – ein Haider-Fan der ersten Stunde. Er muss ja das BZÖ in Kärnten unterstützen. Aber leider auf kosten von Paralympics in Turin „eine ausführliche Berichterstattung“ und „Medienpräsenz“ im Interesse behinderter Menschen. Ist das nicht eine Frechheit den es soll ja „für Behindertenangelegenheit“ der Sport im Vordergrund sein. Die Entscheidung „Behindertenangelegenheit oder Wahlhelfer BZÖ“ sollte schon gefallen sein.