Erwin Buchinger

Schließt Buchinger behinderte Menschen aus?

Eines der drängensten Themen dieser Regierung sollte die Pflegevorsorge und die Absicherung der Pflege zuhause sein. Um das Thema grundlegend zu besprechen, wird dazu eine Arbeitsgruppe zusammentreffen.

Laut der im Nachrichtenmagazin „profil“ vom 19. Februar 2007 veröffentlichten Umfrage glauben 74 %, es gäbe noch Aufholbedarf im Pflegebereich; 18 % meinen, es werde bereits ausreichend vorgesorgt und 8 % wollten sich nicht festlegen. „Für 34 Prozent arbeitet die Koalition schlechter als erwartet“, berichtet jedenfalls der Kurier am 17. Februar 2007.

Im Rahmen eines Interviews für „Radio Orange“ stellte Pepo Meia dem Sozialminister, Dr. Erwin Buchinger, folgende Frage: „Werden betroffene Fachleute zukünftig in die Entscheidungsprozesse im Behindertenbereich zugezogen?“

Werden betroffene Fachleute zugezogen?
SprecherIn: Dr. Erwin Buchinger (SPÖ)
Audioquelle: Pepo Meia, Herbert Loitsch/Radio Orange

Ja. Das ist für mich ein wichtiger Ansatz, dass Betroffene auch mitwirken bei den Lösungen, bei den Entscheidungen. Ich hab das etwa jetzt, wenn es darum geht die Pflegesicherung zu diskutieren auch bereits zugesagt, dass wir in den ersten drei, vier Runden mit Bund, Ländern und Gemeinden im kleinen Kreis verhandeln.

Es geht vor allem um die Finanzierungsaufteilung, dass aber dann, spätestens nach der vierten Runde NGOs dazu einladen, weil sie als Betroffene die Interessen der Kundinnen und Kunden in dem Bereich am besten vornehmen.

Interessen von Trägerorganisationen im Vordergrund

„Mehr als ein Monat nach der Angelobung ist noch nicht klar, wer jenem Arbeitskreis angehören wird, der das Pflegemodell ausarbeiten wird“, schreibt der Kurier am 12. Februar 2007. Nun ist es anscheinend entschieden, behinderte Fachleute sind anfangs nicht zugelassen, sondern werden erst später – nach den wichtigen Finanzentscheidungen – eingebunden.

Der Redakteur konnte erst jetzt erkennen, dass Buchinger mit „Betroffene“ in Wirklichkeit Hilfsorganisationen bzw. Trägerorganisationen und nicht behinderte Menschen und deren Organisationen gemeint hatte. Es entspann sich darauf eine Diskussion und erst auf mehrmaliges Nachfragen meinte Buchinger dann, dass auch „Dachverbände“ eingeladen werden (könnten).

Ministerrat: Keine behinderten Fachleute einbeziehen

Hat Buchinger Behindertenorganisationen einfach in der Aufzählung vergessen? Nein, hat er nicht. Es ist wirklich nicht geplant, behinderte Fachleute einzubeziehen.

„Die erforderlichen Änderungen im Arbeits- und allenfalls Sozial- und Berufsrecht werden möglichst mit Wirksamkeit von Juli 2007 unter Einbindung der Sozialpartner und Hilfsorganisationen und Berufsvereinigungen erarbeitet“, heißt es im Vorhabensbericht „Pflege und Betreuung daheim“ der Bundesregierung, dem im Ministerrat vom 14. Februar 2007 zugestimmt wurde.

Schon zum Jahreswechsel befürchtete Dr. Klaus Voget, Präsident des ÖZIV, in einem Artikel: „Es besteht vielmehr die Befürchtung, dass Interessen von großen Trägerorganisationen wieder in den Vordergrund gespielt werden und dabei die Selbstbestimmung auf der Strecke bleiben wird.“

Früher mit Betroffenen entwickelt

„Während seine Vorgänger gemeinsam mit den direkt Betroffenen die Pflegevorsorge entwickelt und ausgearbeitet haben, schließt Buchinger nun die betroffenen behinderten Menschen aus“, zeigt sich DSA Manfred Srb – einer der Pioniere der Pflegevorsorge – verwundert.

„Ich fordere den Minister dringend auf, sich des Wissens der behinderten Expertinnen und Experten nicht länger zu verschließen“, so der Öffentlichkeitsreferent bei BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben.

Weichen werden gestellt

Bis Ende Februar 2007 soll das Doppelbudget abgeschlossen werden, vermelden die Medien. Ob die Pflege – und damit die von allen Seiten geforderten zusätzlichen Mittel – seitens der Regierung ein Schwerpunkt werden, kann derzeit noch nicht bestätigt werden.

Im Ministerrat vom 14. Februar 2007 gab es jedenfalls einen gemeinsamen Bericht des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Es ging um einen Vorhabensbericht der Bundesregierung (Punktation) „Pflege und Betreuung daheim“, der die Eckpunkte einer gesetzlichen Regelung skizzierte.

Steuerfinanziertes Modell

In der Debatte um die Finanzierung rechnet Buchinger mit Kosten zwischen 60 und 180 Mio. Euro und meint, dass Bund, Länder und Gemeinden sich die Finanzierung teilen müssen. Auf die Frage, woher das Geld dafür kommen soll, spricht sich der Sozialminister für ein steuerfinanziertes Modell aus, berichtet die Tageszeitung Österreich.

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