Tirol: Behinderte fordern barrierefreie Bauten

Bericht der Tiroler Tageszeitung vom 30. Juni 1996:

Selbstbestimmt Leben Innsbruck
SLI-Innsbruck

Gesetzliche Regelungen sollen eingehalten werden. Am Ende mit ihrer Geduld sind Innsbrucker Behinderte. Sie fordern, daß bei Wohnbauten endlich Rücksicht auf ihre Bedürfnisse, aber auch auf jene von Familien und Älteren genommen wird.

Seit mehr als zehn Jahren kämpfen Behinderte um barrierefreies Bauen in der Stadt Innsbruck. Bislang jedoch mit wenig Erfolg. Denn obwohl in der Tiroler Bauordnung (TBO) gesetzlich festgelegt ist, daß in Wohngebäuden mit mehr als 15 Wohnungen mindestens eine Wohnung barrierefrei ausgestattet sein muß, gibt es immer noch Bauten, die dieser Bestimmung nicht entsprechen.

Gestern lud nun die Selbstbestimmt-Leben Initiative (SLI) zu einem Lokalaugenschein bei einem Gebäude des Gemeinnützigen Wohnungswerks (GWW) in der Weingartnerstraße. Gleichzeitig betonten die Vertreter der SLI jedoch, daß es sich bei diesem städtischen Bau nur um ein Beispiel von vielen handle und man jederzeit andere Wohnanlagen zeigen könne, die nicht barrierefrei zugänglich seien.

Dir. Franz Vorhausberger, Geschäftsführer der GWW, unterstrich gestern die Bereitschaft der GWW, behinderte Menschen in ihren Wohnanlagen unterzubringen. Er verwies auf mehrere Anlagen, etwa auf jene in der Anzengruberstraße, in der von zehn Wohnungen acht barrierefrei erreichbar seien, obwohl laut TBO keine erforderlich wäre. Im Fall der Weingartnerstraße habe es keine Zuweisung an einen Behinderten gegeben, weshalb mit der Stadt eine Regelung getroffen wurde, daß bei Bedarf eine behindertengerechte Adaptierung mittels Treppenlift oder eines Zugangs über die Terrasse erfolge.

Die SLI präsentierte gestern auch ihre Forderung an die Stadt Innsbruck. So etwa nach barrierefreiem Wohnbau für alle. Nicht zuletzt, da auch Ältere oder Familien mit kleinen Kindern betroffen seien. Schließlich fordert die SLI, daß bis zum Inkrafttreten der Novelle der Tiroler Bauordnung – an der seit längeren gearbeitet wird – zumindest die derzeit gültigen gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

Mit Versprechungen will man sich jedenfalls nicht mehr zufriedengeben, denn, so Schwanninger von der SLI, es gebe zu viele Menschen in Innsbruck, die ihre Wohnung ohne fremde Hilfe nicht mehr verlassen können. Sollten keine klaren gesetzlichen Regelungen kommen, wolle man jeden Bau aufzeigen, der nicht nach den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung errichtet wurde und rechtliche Schritte unternehmen.

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