Unterstützte Entscheidungsfindung als Kernpunkt der Sachwalterschaftsreform

Das Justizministerium arbeitet im Moment an einer Sachwalterschaftsreform, so wie auch viele andere Länder. Ein wichtiger Anhaltspunkt sollte dabei die UN Behindertenrechtskonvention (BRK) sein.

Auswahl an einer Steuerung bei einem Schiff
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Sachwalterschaft bedeutet, dass ein Mensch mit geistiger Behinderung oder einer psychischen Erkrankung vom Gericht einen gesetzlichen Vertreter bestellt bekommt, der jene Angelegenheiten für ihn/sie erledigt, über die er/sie nicht in der Lage ist, selbst zu entscheiden.

Das österreichische Gesetz legt fest, dass Sachwalterschaften nur verwendet werden dürfen, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt, den Betroffenen zu helfen. Trotzdem ist die Anzahl der Sachwalterschaften in den letzten Jahren stark angestiegen, auch die der Sachwalterschaften für alle Angelegenheiten.

Das alles steht in klarem Gegensatz zu den Erfordernissen des Artikel 12 der BRK, der die Handlungsfähigkeit für alle erwachsenen Menschen mit Behinderung garantiert und unterstützte Entscheidungsfindung für jeden der diese braucht fordert. Der allgemeine Kommentar Nummer 1 des Fachausschusses stellt dies explizit klar. (Übersetzung)

Das sich etwas ändern muss, ist aber auch dem österreichischen Justizministerium bewusst, das daher bis Ende 2015 das Modellprojekt „Unterstützung zur Selbstbestimmung“ durchführte und auf dessen Grundlage im Rahmen der Sachwalterschaftsreform ein nun verpflichtendes Clearing einführen möchte. Im Clearing bzw. Clearing Plus sollen Alternativen zur Sachwalterschaft gefunden werden, dies gelang im Modellprojekt auch in zwei Dritteln der Fälle. Anzumerken bleibt allerdings, dass diese Pläne zwar die Fälle der Sachwalterschaften minimieren möchten, die Möglichkeit der Sachwalterschaft allerdings weiterhin als letzte Alternative bestehen lassen möchten.

Noch hat aber auch kein Land unterstützte Entscheidungsfindung flächendeckend eingeführt, daher fehlt es an umfassenden Erfahrungswerten.

Neues Gesetz zur Handlungs- und Rechtsfähigkeit in Irland

Als guter Anhaltspunkt kann das neue Gesetz zur Handlungs- und Rechtsfähigkeit in Irland verwendet werden. Dieses gilt seit Anfang dieses Jahres und legt den Fokus auf Unterstützung, Rechte, Kontrolle, und Entscheidungen der Menschen mit Behinderung selbst. Eine Einleitung, weitere Infos und einen Link zum Gesetz findet sich hier (auf Englisch)

Das Justizministerium hat 2014 ein Modellprojekt zur unterstützen Entscheidungsfindung begonnen. Dieses sollte das Potential dieser Idee klären. Allerdings war nie beabsichtigt unterstützte Entscheidungsfindung für alle Zielgruppen zu testen und einzuführen, wie dies von der BRK gefordert wird.

Woran dies liegt kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, in der Regel gibt es aber zwei Hauptgründe für derartige Bedenken seitens einer Regierung.

Zunächst stellt sich die Frage der Rechtssicherheit der Menschen mit Beeinträchtigung und die Anwendbarkeit auf die gesamte Zielgruppe der Sachwalterschaft. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass es nicht eine Form von unterstützter Entscheidungsfindung gibt, sondern vielmehr viele verschiedene.

So schlagen z. B, die Kanadier Bach und Kerzen ein vierstufiges Modell vor. Es muss außerdem unterschieden werden zwischen Unterstützung in der Kommunikation, in der Planung und in der Ausführung von Entscheidungen. Jede dieser Unterstützungsformen braucht ihre Ausgestaltung und Absicherung gegen Missbrauch. Dies mag kompliziert klingen, in einem ganzheitlichen, flexiblen System ist dies aber durchaus möglich. Dazu bedarf es jedoch einer umfassenden Reform.

Der zweite große Diskussionspunkt ist der der Kosten eines Systems unterstützter Entscheidungsfindung. Diese Frage wurde in der Forschung noch weitaus weniger diskutiert, bietet aber Raum für viele unterschiedliche Argumente und soll daher in einem eigenen Beitrag kurz behandelt werden.

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