Vom beforschten Objekt zum forschenden Subjekt

Die Inklusionsbotschafterin Ellen Keune wünscht sich, dass Menschen mit Behinderung vom beforschten Objekt zum forschenden Subjekt werden. Deshalb hat die Beraterin an der Disability Studies Konferenz in Berlin (DisKo18) teilgenommen, für die nun die Dokumentation einer Reihe von Vorträgen vorliegt.

Disability Studies Konferenz in Berlin (DisKo18)
Humboldt Universität zu Berlin

kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul sprach mit Ellen Keune über ihre Arbeit als Beraterin und was sie von der Disability-Studies Konferenz in die Praxis mitgenommen hat.

kobinet-nachrichten: Sie haben letztes Jahr an der Konferenz zu Disability Studies in Berlin teilgenommen, für die nun die Dokumentation der Beiträge im Internet vorliegt. Wie war das für Sie auf der Konferenz und was ist bei Ihnen hängen geblieben?

Ellen Keune: Am stärksten beeindruckt hat mich die unglaublich respektvolle und freudige Atmosphäre. Es herrschte bei den meisten eine große Neugier, was die Forschenden wohl zu berichten haben und welche neuen Erkenntnisse es gibt.

Die Stimmung war ein bisschen eine Mischung aus Stolz und Hochachtung vor dem, was die Disability-Studies, sowie auch beispielsweise die Mad-Studies und Deaf-Studies geleistet und erreicht haben und einer Aufbruchstimmung dahingehend, diese Forschungsrichtung weiter voranzutreiben, aber auch Grenzen neu zu diskutieren.

Inhaltlich sind mir noch viele Vorträge, Workshops, aber auch intensive Gespräche in den Pausen lebhaft in Erinnerung. Es ist schwierig jetzt alle Themen zu benennen, da es sehr umfangreich ist.

Wer sich näher dafür interessiert, kann sich die Videos der Key-Note-Vorträge unter https://disko18.de/videos/ oder auf YouTube auf https://www.youtube.com/channel/UC9zE96-KBcFDYkNe-D-k7zA ansehen. Was natürlich auch bleibt, ist ein Disability-Studies-Netzwerk, welches gerade aufgebaut wird.

kobinet-nachrichten: Disability Studies klingt erst einmal abgehoben, welche konkrete Relevanz hat dies für Sie in Ihrem Wirken?

Ellen Keune: In meinem Wirken als Peer-Beraterin und Inklusionsbotschafterin bedeuten die Disability Studies handlungs- und sprachfähig zu bleiben und zu werden. In Diskussionen mit Entscheidungsträgern ist es oft unglaublich wichtig, verschiedene Argumentationslinien zu kennen und anbringen zu können.

Ebenso hilfreich ist dies oft im konkreten Beratungsgespräch, wenn Ratsuchende beispielsweise mit Entscheidungsfragen zu mir kommen.

Da sehe ich meine Aufgabe darin, über Möglichkeiten, Risiken, Chancen, sowie Vor- und Nachteile zu informieren und das geht nur, wenn ich selbst gut informiert bin, bzw. die entsprechenden Informationsquellen kenne.

So habe ich bei der Konferenz durch einen Key-Note-Vortrag von Prof. Dr. Christian Rathmann u.a. fundierte Argumente zum Thema Cochlea-Implantat bei Säuglingen mitbekommen, die in der Beratung von ratsuchenden Eltern sicherlich hilfreich sein werden. Außerdem sind die Disability-Studies oft der Ursprung für neue Projektideen, die ich als Inklusionsbotschafterin umsetze.

kobinet-nachrichten: Wenn Sie Wünsche an die Wissenschaft frei hätten, welche wären dies?

Ellen Keune: Ganz im Sinne des Mottos und vor allem der Forderung der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung „Nichts über uns ohne uns“ wünsche ich mir nicht nur mehr Forschungen über Inklusion, sondern eine inklusivere Forschung an sich.

Partizipation bedeutet für mich, dass Forschungsergebnisse so aufbereitet und dargestellt werden, dass sie von möglichst allen erfasst und verstanden werden können. Es bedeutet aber vor allem auch, dass in diesem Fall Menschen mit Behinderung vom beforschten Objekt zum forschenden Subjekt werden.

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