Was bringt 2003: Worte oder Taten?

Nur noch wenige Tage bis das "Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen" beginnt.

EU-Jahr von Menschen mit Behinderungen
Europäische Union

Einerseits könnte man sich wünschen, daß es mitsamt den zu erwartenden salbungsvollen Reden bald vorbei ist. Andererseits könnte es auch sein, daß wichtige Taten gesetzt werden. Befürchtungen und Erwartungen halten sich die Waage.

Laut einem Arbeitsprogramm hat die EU klar formulierte Ziele für das „Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003“:

Es soll u.a. „Sensibilisierung für den Diskriminierungsschutz und die Gleichberechtigung behinderter Menschen“ betrieben werden. Hier gäbe es in Österreich ein weites Betätigungsfeld. Es fehlt noch immer ein umfassendes Behindertengleichstellungsgesetz.

Auch in den Landesrechten finden sich zahlreiche Diskriminierungen, wie erst Ende November 2002 in einem Wiener Bericht der Interessensvertretung festgehalten wurde.

Die EU möchte auch eine „Förderung der Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen“ durch die Mitgliedsstaaten vorangetrieben sehen. In Österreich ist bekanntlich das Pflegegeld seit Jahren nicht einmal um die Inflationsrate erhöht worden.

Auf Persönliche Assistenz gibt es noch immer keinen Rechtsanspruch und kaum Organisationen, die behinderte Menschen dabei unterstützen.

Für die „Förderung beispielhafter Verfahren und Strategien (Best Practice Modelle)“ und die „positive Darstellung der Menschen mit Behinderungen“ hätte es keines EU-Jahres bedurft.

Vielmehr ist zu befürchten, daß eine allgemeine „Wir haben Euch eh lieb“-Welle in unerträglicher Weise über das Land schwappen und das Jahr 2003 mit einer „Licht ins Dunkel“-Sondergala enden wird.

Wenn dies so kommt, dann wäre das EU-Jahr ein Mißerfolg. Allerdings kein Mißerfolg der EU, sondern einer der österreichischen Gesellschaftspolitik.

Das EU-Jahr steht unter dem Motto der Gleichstellung und Chancengleichheit.

Gelingt es uns, die vor der Wahl von allen Parteien geforderte Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Behindertengleichstellungsgesetzes im Bundeskanzleramt zu installieren?

Gelingt es uns, jene diskriminierenden Gesetzesstellen, die seit 1999 in einem 120 Seiten Bericht des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes aufgelistet sind, zu novellieren?

Gelingt es uns, daß in den Bundesländern Landesgleichstellungsgesetze beschlossen werden, die jene Bereiche umfassen, die aufgrund des Föderalismus in die Zuständigkeit der Länder fallen?

Das kommende Jahr wird vielleicht einige dieser Fragen beantworten.

Entwicklungen, wie die Erarbeitung und Durchsetzung eines Behindertengleichstellungsgesetzes, benötigen natürlich Jahre. Den meisten ist das auch bewußt. Das EU-Jahr könnte uns helfen, verstärkte Aufmerksamkeit zu erhalten.

Voraussetzung ist aber, daß wir in den Medien nicht als die „lieben Behinderten“ dargestellt werden, sondern als behinderte Menschen, die zurecht ihre Gleichstellung und Chancengleichheit einfordern.

Die Vorbereitungen für das EU-Jahr sind auch in Österreich voll angelaufen. Kampagnen werden geplant und teilweise auch schon gestartet.

Ob man nun OptimistIn oder PessimistIn ist, eines ist sicher: Das EU-Jahr wird kommen.

Ob aus den schönen Worten auch wertvolle Taten entstehen, wird sich zeigen.

Es liegt aber (auch) an uns.

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