Widerstand als Antwort auf Diskriminierung und Verfolgung von Menschen mit Behinderungen

Angehörige und Nachkommen von Opfern, zahlreiche Ehrengäste und diplomatische Vertreter:innen fanden sich am 1. Oktober 2023 im Lern- und Gedenkschloss Hartheim ein und gedachten der rund 30.000 Opfer der NS-Euthanasie.

Volker Schönwiese bei der Gedenkrede 2023
Schönwiese

Volker Schönwiese hielt die diesjährige Gedenkrede. Er sprach über die Gedenkkultur, verborgene Geschichten des Widerstandes behinderter Menschen und kritisierte die aktuelle Behindertenpolitik.

Er hielt sich auch mit Kritik über die aktuelle Behindertenpolitik nicht zurück. Er forderte endlich eine wirksame Gleichstellungspolitik, wo Rechte einklagbar gemacht werden, sowie die sofortige Umsetzung von De-Institutionalisierung und inklusiver Bildung.

Zentrale Themen der Gedenkrede waren die Selbstorganisation von Menschen mit Behinderungen, die bereits in der Zwischenkriegszeit begann, und der Widerstand von Menschen mit Behinderungen gegen den Nationalsozialismus.

Als Beispiel erwähnt Schönwiese den Pionier der österreichischen „Krüppelbewegung“ Siegfried Braun, der in der NS-Zeit nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Schon in der Ersten Republik stellten er und die „Krüppelarbeitsgemeinschaft“ Forderungen nach Selbstbestimmung.

Ihr Motto war „Arbeit statt Siechenhaus“ und „Arbeit statt Mitleid“. Nach 1945 dauerte es mehrere Jahrzehnte bis die Verbrechen der NS-Euthanasie aufgearbeitet wurden. Viele Initiativen und Bemühungen zur Auseinandersetzung mit den Morden kamen, so Schönwiese, wiederum aus der Behindertenbewegung der 1970er und 1980er Jahre.

In seiner Rede kritisiert er die aktuelle Politik für Menschen mit Behinderungen: „Die Reformgesetze der 1990er Jahre in Österreich waren wichtige Schritte in Richtung Anerkennung und Inklusion. Die existierende Ausgrenzung und Institutionalisierung von Menschen mit Behinderungen beendeten sie aber nicht.“

Bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention, die vor 15 Jahren in Österreich in Kraft trat, gebe es noch einiges zu tun. Schönwiese bemerkt dazu, dass „Deinstitutionalisierung und aktive Förderung von ‚Selbstbestimmung‘, die zur Herstellung der Bedingungen menschlicher Entfaltung auch für Menschen mit Behinderungen nötig sind“, auch in Österreich vorangetrieben werden müssen.

Im Anschluss an die Gedenkrede wurden auf dem Friedhof der Opfer Kränze von diplomatischen Vertreter:innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Selbstbestimmt Leben Österreich niedergelegt.

Die Gedenkfeier fand am Friedhofsgelände auf der Ostseite des Schlosses statt. Hier wurden Anfang der 2000er Jahre in mehreren Gruben menschliche Überreste in Form von Asche und Knochenstücken gefunden und in einer neu geschaffenen Grabanlage beigesetzt.

Jenen Menschen, die nicht an der Gedenkfeier teilnehmen konnten, steht eine Video-Aufzeichnung im Youtube-Kanal des Lern- und Gedenkorts zur Verfügung.

Die Rede der Gedenkfeier 2023 von Volker Schönwiese ist online nachzulesen.

Video von der Gedenkfeier 2023

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