Nun ist es fix. In Österreich gilt ab 1. Jänner 2006 ein - wenn auch schwaches - Behindertengleichstellungsgesetz. Was werden die nächsten notwendigen Schritte sein, damit wir wirklich eine umfassende Gleichstellung erreichen?
„Das Gesetz hat hohen Symbolwert“, so Manfred Srb von BIZEPS, der aber deutlich darauf hinweist, dass „die Entwicklung weitergehen wird und muss. Der Beschluss ist ein wichtiger Angelpunkt. Nicht mehr und nicht weniger.“
Die nächsten Schritte
Die Kritik am Gesetz wurde auch deswegen so intensiv, weil vieles im Behindertengleichstellungsgesetz NICHT geregelt wurde und nur Versprechungen abgegeben wurden. Die Einhaltung dieser Versprechungen muss nun eingefordert werden. Konkret sind dies folgende:
- Das Sozialministerium soll versuchen mit den Bundesländern eine Vereinbarung (gemäß Artikel 15a) zu initiieren, damit die Landesbauordnungen die Barrierefreiheit bei Neubauten nach einheitlichen Standards vorsehen. (Barrierefreies Bauen ist ja im Gesetz bekanntlich nur indirekt enthalten).
- Das Bildungsministerium soll bei der Vollziehung des Denkmalschutzgesetzes darauf einwirken, dass die Barrierefreiheit ausreichend berücksichtigt wird.
- Das Sozialministerium soll bei „der Vergabe von Förderungen an Unternehmen auf die rasche und nachhaltige Durchführung von Maßnahmen zur Erhöhung der Zugänglichkeit“ Bedacht zu nehmen.
- Die Bundesregierung „wird ersucht, dem Nationalrat nach Durchführung eines Begutachtungsverfahrens bis Ende 2005 eine Regierungsvorlage betreffend die Beseitigung von Benachteiligungen für behinderte Menschen in den verschiedenen Materiengesetzen, insbesondere im Bereich des Dienst- und Berufsrechts vorzuschlagen“.
- „Die Bundesregierung wird ersucht, zu prüfen, ob der Bedeutung der Gebärdensprache für gehörlose Menschen durch gesetzliche Regelungen … hinreichend Rechnung getragen ist“ und „nötigenfalls dem Nationalrat eine entsprechende Regierungsvorlage vorzuschlagen“.
Diese Aufstellung der ebenfalls beschlossenen Versprechen zeigt eindrucksvoll, was dieses Gesetz alles NICHT beinhaltet und wo nur – teilweise sogar recht vage – Versprechen für die Zukunft abgegeben wurden. Es wird in den nächsten Monaten wichtig sein, einerseits diese Versprechen am Leben zu erhalten und auch deren Einlösung zu fordern.
Andererseits wird die Behindertenbewegung das neue Gesetz und dessen Möglichkeiten und Grenzen den Betroffenen erläutern müssen. Die ersten Erfahrungen aus den Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt werden uns Aufschluss geben, wie Diskriminierer auf dieses Gesetz reagieren werden.
Interessant werden auch die ersten Verfahren vor Gericht werden, doch ist anzunehmen, dass es noch länger dauern wird, bis Grundsatzurteile zur Verfügung stehen.
Auch wenn wir mit vielen Bestimmungen des Gesetzes unzufrieden sind, werden wir mit aller Kraft versuchen, damit Diskriminierungen zu bekämpfen.