Wien wählt!

Der Wiener Wahlkampf ist schon voll im Gange: keine Zeitung mehr ohne mehrseitige Wahlkampfinserate, die Straßen mit Wahlkampfplakaten und Dreieckswahlständern vollgepflastert, doch wissen wenige was sie am 13. Oktober wählen sollen.

Ortschild mit Aufdruck Wien
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Daher haben wir uns entschlossen, diese Nummer zu einem Großteil mit dem Thema „Wien wählt“ zu füllen. Im Sinne Ingeborg Bachmann´s: „die Wahrheit ist den Menschen zumutbar“ präsentieren wir die Antworten der Politiker als Entscheidungshilfe für unsere kritischen LeserInnen. Damit sie sich selbst ein Bild machen können.

Soziale Dienste

Die Sozialen Dienste in Wien decken nur einen Teil der notwendigen Zeiten ab. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß auch Nachtdienste angeboten werden?

Dr. Michael Häupl (SPÖ): Ja.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Selbstverständlich sind wir Freiheitlichen für ein Angebot der Sozialen Dienste auch während der Nachtstunden, da man den Zeitpunkt, wann ein Mensch Hilfe bedarf, nicht auf „Amtsstunden“ festlegen kann und darf.

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): Ich werde mich selbstverständlich für ein Angebot an Nachtdiensten einsetzen. Hier ist allerdings die Frage der Finanzierung offen, die zum Teil vom Betroffenen zu tragen sein wird.

Dr. Peter Pilz (Grüne): Die Grünen setzen sich für eine 24-Stunden Assistenz nach dem Vorbild Arhus ein. Dadurch wäre auch eine Betreuung in der Nacht gewährleistet. Dazu wurde auch im Gemeinderat bereits ein Antrag gestellt.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): Die sozialen Dienste sind nur ein Teilsegment des zur Verfügung stehenden Angebots. Einerseits gilt es daher Privatinitiativen, die unbürokratisch, kurzfristig und flexibel auch Nachtdienste anbieten, verstärkt zu unterstützen, anderseits müßten natürlich auch die der Gemeinde Wien nahestehenden Sozialen Dienste Nachtdienste anbieten.

Wir werden uns für Betreuungsangebote rund um die Uhr einsetzen, egal von wem Sie angeboten werden, solange zu definierende Qualitätsstandards eingehalten werden.

ins Heim

Noch immer werden behinderte Menschen mit einem höheren Bedarf an Hilfe/Pflege gegen ihren Willen in Heime abgeschoben. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß mit dieser Praxis Schluß gemacht wird?

Dr. Michael Häupl (SPÖ): Ja.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Behinderte Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf dürften nicht in Heime abgeschoben werden. Einrichtungen mit Therapieangeboten sind anzubieten. Die Stadtregierenden sind diesen Forderungen seitens unserer zuständigen Gemeinderätin bis heute nicht nachgekommen.

Für behinderte Menschen mit erhöhtem Pflegebedarf gibt es zur Zeit leider nur eine Möglichkeit bei Jugend/Werk, eine weitere ist angeblich in Planung. Wir Freiheitlichen fordern aber auch eine vermehrte Förderung privater Initiativen (z. B. Anthroposophen).

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): Ja, unbedingt.

Dr. Peter Pilz (Grüne): Die Praxis, daß Menschen gegen ihren Willen in Heime abgeschoben werden, lehne ich vehement ab. Auch hier würde z. B. die 24-Stunden Assistenz oder betreute Wohngemeinschaften zielgerechte Betreuung ermöglichen.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): Menschen gegen ihren Willen in Heime abzuschieben, ist eine leider immer noch übliche Praxis, mit der schon längst hätte Schluß sein müssen. Wir setzen uns dafür ein, daß das Modell der persönlichen Assistenz verstärkt zur Anwendung kommt, um so Heimeinweisungen zu verhindern.

Arbeit

Die Arbeitslosigkeit bei behinderten Menschen ist in den letzten Jahren drastisch angestiegen und liegt um ein Mehrfaches über der allgemeinen Arbeitslosenrate: Werden Sie sich dafür einsetzen,

a) daß die Stadt Wien endlich die Auflagen des Behinderteneinstellungsgesetzes erfüllt und
b) daß darüber hinaus zusätzliche Arbeitsplätze auf dem freien Markt geschaffen bzw. ermöglicht werden

(Verbesserung der Rahmenbedingungen, Förderungen etc.) und

c) daß keine Mittel in den Ausbau von Geschützten Werkstätten fließen.

Dr. Michael Häupl (SPÖ): a) Hier möchte ich zunächst darauf hinweisen, daß derzeit bei der Stadt Wien und bei den Wiener Stadtwerken insgesamt 1.695 behinderte Menschen beschäftigt sind. Dies entspricht nach den Kriterien des Behinderteneinstellungsgesetzes 2.021 von behinderten Menschen besetzten Pflichtstellen.

Der Umstand, daß die Stadt Wien die für sie in Betracht kommende Quote entsprechend den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes nicht zur Gänze erfüllt, beruht – wie bereits mehrfach erläutert – darauf, daß nicht in allen Aufgabenbereichen der Stadt, wie etwa bei ÄrztInnen, im Krankenpflegedienst, bei LehrerInnen, bei KindergärtnerInnen, Fachpersonal, Feuerwehr, Kanalarbeitern, etc. der Einsatz behinderter Menschen möglich ist. Ungeachtet dessen wird die Stadt Wien aber auch in Zukunft bemüht sein, die nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes geltende Quote für die Anstellung behinderter Menschen zur Gänze zu erfüllen.

b) Grundsätzlich ja, wobei der Einfluß der Stadtverwaltung auf den freien Markt gemäß den Gesetzen der freien Marktwirtschaft bekanntlich relativ eingeschränkt ist.

c) Da es der Stadt Wien ebenfalls ein grundsätzliches Anliegen ist, daß behinderte Menschen einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft erhalten, habe ich bereits vor einiger Zeit einen Arbeitskreis, der sich mit Fragen der beruflichen Integration behinderter Menschen in Wien befaßt, ins Leben gerufen.

An diesem Arbeitskreis haben Fachleute aus den verschiedensten Bereichen teilgenommen, unter anderem auch Vertreter der Schulverwaltung, der Arbeiterkammer sowie der Wirtschaftskammer. Aufgabe des Arbeitskreises ist es nun, konkrete Vorschläge und Modelle, mit denen die Chancen von Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen – und dies inkludiert insbesondere auch die Abgänger von Integrationsklassen – auf dem Arbeitsmarkt verbessert werden können, vorzulegen.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Behinderte Menschen haben ein Recht auf Arbeit! Ich erlaube mir, auf unser Wiener Freiheitliches Wahlprogramm hinzuweisen. (Anm. der Redaktion: Dort steht folgender Text):

Arbeit zu haben stärkt nämlich auch bei behinderten Menschen das Selbstbewußtsein und bedeutet Unabhängigkeit. Aber weder die Stadt Wien noch private Unternehmen kommen der gesetzlichen Einstellungspflicht nach und entziehen sich durch Abschlagszahlungen.

  • Vor allem die öffentliche Hand, wo nahezu 1.000 Planstellen unbesetzt sind, muß ihre gesetzlich vorgeschriebene Einstellungspflicht erfüllen. Für den gesamten öffentlichen Bereich ist ein Katalog zu erstellen, welche Posten von Behinderten besetzt werden können. Erfolgt diese Besetzung nicht mit einem Behinderten, ist dies zu begründen. Der Behinderte ist seiner Qualifikation entsprechend einzusetzen und zu entlohnen.
  • Behinderte, die aufgrund ihrer zu schweren geistigen und körperlichen Behinderung nicht in der Lage sind zu arbeiten, müssen die Möglichkeiten haben, in sozial geführten und geschützten Therapiewerkstätten eine Tätigkeit auszuüben, in denen auch behinderungsspezifische Therapien angeboten werden.

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): a) Ja. Da in gewissen Bereichen der Stadt Wien (Straßenbahn, Werkstättenbetriebe, etc.) relativ wenig behinderte Menschen eingesetzt werden können, muß man sie, um die Einstellungspflicht zu 100% zu erfüllen, in anderen Bereichen einsetzen und dort die Einstellungspflicht zu mehr als 100% erfüllen.

b) Ja

c) Obwohl geschützte Werkstätten durchaus ihre Berechtigung haben, glauben wir, da es für behinderte Menschen erstrebenswerter ist, auf dem freien Arbeitsmarkt Beschäftigung zu finden.

Dr. Peter Pilz (Grüne): a) Gerade zu diesem Thema haben wir in den letzten Jahren mehrmals Anfragen und Anträge gestellt sowie Kritik geübt. Die Gemeinde Wien ist hier nicht nur säumig gegenüber der bestehenden Rechtslage, sondern ignoriert auch die Vorbildwirkung, die sie eigentlich haben sollte.

b) Natürlich muß auch für behinderte Menschen eine aktive Arbeitsmarktpolitik betrieben werden.

c) Hier ist es wichtig abzuwägen. Werden nur die Arbeitsmöglichkeiten in geschützten Werkstätten ausgebaut, ohne Anstrengungen zu setzen um den Arbeitsmarkt für behinderte Menschen zu öffnen, ist dies sicher abzulehnen. Dies soll aber auch nicht zu einer kategorischen Ablehnung der geschützten Werkstätten führen. Viel mehr muß überlegt werden, wie die derzeitigen Werkstätten zu verändern sind bzw. welche geschlossen werden sollten.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): a) Die Stadt Wien muß Vorbildswirkung haben, und dürfte keine „Freikaufsmöglichkeit“ haben.

b) Förderungen bei Erfüllung bestimmter Auflagen sind nur eine Möglichkeit, vielmehr geht es aber darum, die Rahmenbedingungen – wie Zugang zum öffentlichen Verkehr, persönliche Assistenz, Ö-Norm B1600 verpflichtend … – so zu verändern, daß keine Spezial-Förderungen mehr notwendig sind.

c) Geschützte Werkstätten bieten für einen bestimmten Personenkreis eine Möglichkeit, tätig zu sein, und damit ein gesteigertes Selbstwertgefühl zu erlangen. Selbstverständlich sollte das primäre Augenmerk aber auf die Integration in den normalen Arbeitsprozeß und damit auf die Integration in den primären Arbeitssektor gelegt werden.

Verkehrsmittel

Noch immer können in Wien behinderte Menschen nicht die öffentlichen Verkehrsmittel benützen. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß auch in Wien so wie etwa in München oder in anderen ausländischen Städten

a) Niederflurbusse mit Hubliften,

b) der ULF mit dem bereits gemeinsam entwickelten Ausschiebebrett,

c) die bestehenden U-Bahn-Garnituren mit einem Ausschiebebrett

nachgerüstet werden, und daß die nächste U-Bahn-Generation mit einem barrierefreien Einstieg (keine Stufe und kein Spalt) ausgestattet wird?

Dr. Michael Häupl (SPÖ): Grundsätzlich werden von mir alle Maßnahmen voll unterstützt, die eine barrierefreie und behindertengerechte Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel sicherstellen.

a) Derzeit werden von den Wiener Verkehrsbetrieben ausschließlich nur mehr Niederflurbusse in Betrieb genommen, die bereits mit Vorkehrungen für den Einbau einer Einstiegshilfe ausgestattet sind, wobei auch bei der Gestaltung der Haltestellenbereiche hierauf Bedacht genommen wird.

b) Für den von der Stadt Wien mitinitierten neuen Niederflurstraßenbahntyp „ULF“ wurde der stufenlose Einstieg mittels ausfahrbarer Rampe bereits verwirklicht. Die neue Niederflurstraßenbahn „ULF“ soll nach Abschluß der behördlichen Genehmigungsverfahren von der Stadt Wien in den Dienst gestellt werden.

c) Bei der Beschaffung von neuen U-Bahngarnituren der nächsten Generation wird seitens der Stadt Wien die barrierefreie Einstiegsmöglichkeit auch für RollstuhlfahrerInnen sichergestellt werden. Für bestehende U-Bahngarnituren werden unter der Federführung der gemeinderätlichen Behindertenkommission die technischen Möglichkeiten, einen barrierefreien Einstieg sicherzustellen, geprüft.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Wahlprogramm Seite 96 für Rollstuhlfahrer bzw. Schwerstgehbehinderte.

(Anm. der Redaktion: Dort steht folgender Text): Die Zahl der Rollstuhlfahrer bzw. Schwerstgehbehinderten, bedingt durch Auto- und Sportunfälle, die jeden von uns treffen können, ist ständig steigend. Aber auch die, die von Geburt an schwerstbehindert sind oder sich nur im Rollstuhl fortbewegen können, dürfen durch bauliche Barrieren nicht länger vom „Leben“ ausgeschlossen werden.

Bauliche Maßnahmen sind daher so einzurichten, daß sie behindertengerecht sind. Die in der Wiener Bauordnung enthaltene ÖNORM 1600 B muß für verbindlich erklärt werden. Die diskriminierenden Beförderungsbestimmungen der Wiener Verkehrsbetriebe müssen fallen.

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): Ja. Ich darf in diesem Zusammenhang auf den beiliegenden Antrag unseres Behindertensprechers, Gemeinderat Franz Karl, vom 25. Juni 1996 hinweisen. (Anm. der Redaktion: Der Antrag lautet):

„1. Niederflurstraßenbahnen und -autobusse dürfen nur mehr mit funktionierenden Einstiegshilfen (Ausschiebebrettern bzw. Hubliften) angekauft werden. Haltestellen sind verstärkt mit Haltestellenkaps auszustatten.

2. Rasche Nachrüstung der U-Bahn-Stationen mit Liften und Überbrückung des Spaltes zwischen Bahnsteigkante und Einstieg bei den bestehenden „Silberpfeil“-Garnituren. Neue U-Bahn-Garnituren müssen barrierefrei und mit automatisch sich öffnenden Schiebetüren ausgestattet sein.

3. Die Beförderungsbestimmungen sind so abzuändern, daß einem Rollstuhlfahrer keine Begleitperson mehr verpflichtend vorgeschrieben wird.

4. Es ist raschest ein flächendeckendes Leitliniensystem für blinde Menschen bei öffentlichen Verkehrsanlagen zu errichten.“

Dr. Peter Pilz (Grüne): Wenn man sich anschaut wie lange die Behindertenkommission in Wien zu diesem Thema schon „arbeitet“, sind die Ergebnisse (so gut wie keine) ein echter Skandal. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, daß die Niederflurbusse mit Hubliften versehen werden und ULF und U-Bahn mit Ausschiebebrettern ausgestattet werden.

Selbstverständlich entspricht es einer langjährigen Forderung, sämtliche neu anzuschaffende U-Bahn Garnituren barrierefrei auszustatten. Weiters müssen alle Bestimmungen der Wiener Linien, die behinderte Menschen diskriminieren, sofort beseitigt werden.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): Betreffs ihrer Forderungen die Adaptierung des öffentlichen Verkehrs betreffend, kann ich Ihnen unsere vollste Unterstützung zusichern.

Kultur

Kultur- und Veranstaltungsstätten sind für behinderte Menschen mehrheitlich nicht benützbar. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß

a) das Veranstaltungsstättengesetz gemäß den noch offenen Forderungen (z. B. die Übernahme der ÖNORM B 1600) der Betroffenen novelliert wird,

b) Förderungen von der Bereitschaft, einem barrierefreien Zugang zu schaffen, abhängig gemacht werden,

c) Sofortmaßnahmen bei im Besitz oder Einflußbereich der Stadt (z. B. KIBA Kinos) befindlichen Objekten zwecks Schaffung der Zugänglichkeit in die Wege geleitet werden?

Dr. Michael Häupl (SPÖ): a) Die am 1. Jänner 1995 in Kraft getretene Novelle zum Wiener Veranstaltungsstättengesetz sieht im neugefaßten § 30 dieses Gesetzes eine behindertengerechte Gestaltung aller Veranstaltungsstätten im Neu- bzw. Umbaufalle vor. Eine Übernahme der Bestimmungen der ÖNORM B 1600 ist daher nicht erforderlich.

b) Um dem Anliegen einer barrierefreien Zugänglichkeit von Veranstaltungsstätten besser gerecht zu werden, soll künftighin die Zumutbarkeitsprüfung von baulichen Änderungen unter Einbeziehung des in der MA 12 angesiedelten „Fachreferates für behindertengerechtes Bauen“ erfolgen. Im Rahmen dieser Zumutbarkeitsprüfung wird seitens des genannten Fachreferates der MA 12 auch eine Schätzung der erforderlichen baulichen Kosten vorgenommen werden, die dann die Grundlage für eine allfällige Subvention der Stadt Wien darstellen könnte. Damit soll eine sinnvollere behindertengerechte Ausgestaltung von Veranstaltungsstätten (z. B. Kaverne im Stadtpark) ermöglicht werden.

c) Für die dem Bereich der Stadt Wien zugeordneten Veranstaltungsstätten werden als Sofortmaßnahme vom „Fachreferat für behindertengerechtes Bauen“ mit den Betreibern Lösungsvorschläge für die barrierefreie Zugängigkeit erarbeitet werden.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Der diskriminierende Passus des Veranstaltungsstättengesetzes wurde nach mehrjährigen Anfragen bzw. Anträgen unserer zuständigen Labg. Brigitte Schwarz-Klement endlich beseitigt. Selbstverständlich werden wir daran weiterarbeiten.

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): a) Das Veranstaltungsstättengesetz erscheint in der derzeitigen Fassung ausreichend; es muß nur vollzogen werden.

b) Ja

c) Ja (siehe beiliegenden Antrag vom 27.6.94 und Anfrage vom 20.10.95)

(Anm. der Redaktion: Der Antrag lautet): „Das Kulturamt möge mit Behindertenvertretern eine Begehung aller kulturellen Einrichtungen der Stadt Wien durchführen, um nach einfachen und praktikablen Lösungen zu suchen, die es auch behinderten Menschen ermöglichen diese Einrichtungen problemlos zu benutzen.“

Dr. Peter Pilz (Grüne): Diese Forderungen wurden bereits vor Beschlußfassung der Änderung zum Veranstaltungsstättengesetz gestellt und bleiben weiterhin aufrecht.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): Wir sind der Ansicht, daß Menschenrechte wichtiger sind als Denkmalschutz und können Ihnen daher auch in diesem Bereich unsere Unterstützung zusagen.

Bauten

Gebäude, Geschäfte, Lokale, öffentliche Verkehrsflächen sind für behinderte Menschen mehrheitlich nach wie vor nicht benutzbar. Werden Sie sich dafür einsetzen, daß

a) sämtliche Neubauten, Umbauten und Adaptierungen barrierefrei ausgestaltet werden (Übernahme der wesentlichen Bestimmungen der ÖNORM B1600 in die Bauordnung)

b) finanzielle Anreize zur Adaptierung bestehender Baulichkeiten und Einrichtungen geschaffen werden

c) ein Sonderprogramm zur Absenkung von Gehsteigen realisiert wird?

Dr. Michael Häupl (SPÖ): a) Durch die „Bauordnungsnovelle 1990“ wurde für Wien bereits mit 1. Jänner 1991 die barrierefreie Gestaltung von Gebäuden bei Neu-, Zu- und Umbauten gesetzlich geregelt. Die Bestimmungen der Novelle enthalten wesentliche Anforderungen aus der ÖNORM B1600 (Stand 1994) bzw. beinhalten in einigen Passagen sogar strengere Bestimmungen als sie in der ÖNORM festgelegt sind.

Zur behindertengerechten Benützung von Betriebsstätten, Geschäften, Lokalen ist zu sagen, daß bereits durch die „Verfahrensnovelle“ zur Wiener Bauordnung (vom Wiener Landtag im Juni 1996 beschlossen) eine gesetzliche Bestimmung eingefügt worden ist, wonach Gebäude und Gebäudeteile so ausgeführt werden müssen, daß sie gemäß ihrem Widmungszweck auch für körperbehinderte Menschen gefahrlos und ohne fremde Hilfe zugänglich und benützbar sind.

Ferner ist vorgesehen, in der noch zu beschließenden „Techniknovelle“ zur Wiener Bauordnung, weitere gesetzliche Bestimmungen zur barrierefreien Gestaltung von Gebäuden aufzunehmen. Weiters ist in diesem Zusammenhang noch auf den Beschluß (Resolutions)antrag aller vier Fraktionen, betreffend barrierefreie Benützung von Pkw- Einstellplätzen und Garagen hinzuweisen, der in der Sitzung des Wiener Landtages am 27. Juni eingebracht worden ist.

b) Derzeit werden für behindertengerechte Adaptierungen innerhalb und außerhalb der Wohnung im Rahmen der Wohnhaussanierung Förderungsmittel zur Verfügung gestellt. Die Stadt Wien ist grundsätzlich bereit, die Möglichkeit einer Förderung von behindertenspezifischen Adaptierungsarbeiten, die sich auf Geschäfte, Lokale, etc. beziehen, zu prüfen.

c) Das seit einigen Jahren laufende Programm zur Absenkung von Gehsteigen in Haupt- und Nebenstraßen der Stadt Wien wird verstärkt weitergeführt werden. Nach Vornahme von Aufgrabungsarbeiten im Kreuzungsbereich sind im Zuge der Wiederherstellung des Gehsteiges Gehsteigabsenkungen durchzuführen. Ein eigenes Sonderprogramm ist daher aus meiner Sicht nicht erforderlich.

Dr. Rainer Pawkowicz (FPÖ): Gestatten Sie mir wieder den Hinweis auf unser Freiheitliches Wiener Wahlprogramm für Rollstuhlfahrer und Schwerstgehbehinderte Seite 96. „Viele Gehsteigkanten sind bereits abgesenkt, aber vieles ist noch zu tun. Auch muß dafür gesorgt sein, das diese Abschrägungen von Autos freigehalten werden.“

Dr. Bernhard Görg (ÖVP): a) Ja, was Neubauten betrifft. Bedingt ja, was Umbauten und Adaptierungen betrifft. Hier muß darauf Rücksicht genommen werden, daß Umbauten und Adaptierungen nicht vielleicht deshalb nicht durchgeführt werden, weil sie zu teuer sind.

b) Ja, im Rahmen budgetärer Möglichkeiten.

c) Ja, siehe beiliegenden Antrag vom 28.4.1995.

(Anm. der Redaktion: Der Antrag lautet.): „Die Stadt Wien möge die finanziellen Mittel für ein Gehsteigabschrägungsprogramm zur Verfügung stellen.“

Dr. Peter Pilz (Grüne): a) Ja

b) Die Änderung der Wiener Wohnbauförderung um Umbauten leistbar zu machen wird von den Grünen angestrebt. In den laufenden Verhandlungen haben wir diese Position bereits eingebracht.

c) Ja. Die Grünen haben mehrere Anträge und Anfragen bezüglich bisheriger und weiterer Gehsteigabsenkungen gestellt. Nur eine wienweite Absenkung der Gehsteige stellt eine sinnvolle Lösung dar.

Dr. Wolfgang Bachmayer (Liberale): (Anm. der Redaktion: Dr. Bachmayer hat die Fragen zu Kultur und Bauten gemeinsam beantwortet, daher nochmals der gleiche Text.)

Wir sind der Ansicht, daß Menschenrechte wichtiger sind als Denkmalschutz und können Ihnen daher auch in diesem Bereich unsere Unterstützung zusagen.

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