Keine Lockerungen für BewohnerInnen von Heimen?

Derzeit vergeht kein Tag ohne Ankündigung neuer Covid-19-Maßnahmen-Lockerungen. Angesichts dieser Euphorie trotz hoher Infektionszahlen muss zum wiederholten Mal in den letzten zwei Jahren darauf hingewiesen werden, dass institutionell lebende und betreute Menschen hier benachteiligt und ungleich behandelt werden. Ein Kommentar.

Städtische Seniorenwohnhauses in Salzburg
Norbert Krammer

Die Bevölkerungsgruppe mit der höchsten Durchimpfungsrate wird weiterhin strengeren und rechtlich nicht nachvollziehbaren Restriktionen unterworfen und somit auch länger in Isolation gehalten.

Kein Freitesten notwendig?

Nicht immer geht es um Schutz, wie ein Schreiben der Tiroler Landesregierung, Abteilung Soziales, vom 31. Jänner 2022 an Pflegeeinrichtungen eindrucksvoll unter Beweis stellt. (Siehe auch KRONE, ORF)

In diesem Schreiben wird gebeten „… vom Freitesten der Bewohner:innen derzeit Abstand zu halten, da die Kapazitäten der mobilen Testteams sehr beschränkt sind und nur für Massenscreenings aufgrund von Auftreten eines Clusters angefragt werden soll. [sic!]Und weiter: „Die Quarantäne endet automatisch mit Ablauf des Bescheides, eine Freitestung ist nicht notwendig.“

Im Klartext heißt dies, dass abgesonderte BewohnerInnen von Alten- und Pflegeheimen ihre Quarantäne aussitzen sollen, damit genügend Testkapazität vorhanden ist für Cluster, die im Rahmen der neuen Einkaufs-, Gastro-, Kultur- und Sportfreiheit entstehen.

Was dabei noch mitschwingt: Für Menschen in Heimen ist es ohnehin egal, ob und wann sie am Leben außerhalb der Mauern noch teilnehmen können. Dies kann durchaus als strukturelle Gewalt bezeichnet werden.

Ungleichbehandlung per Verordnung

Es gibt aber auch in der derzeit geltenden 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung Punkte, die diese strukturelle Benachteiligung festschreiben. So müssen BesucherInnen in Alten- und Pflegeheimen sowie in stationären Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe nach wie vor einen 2G+Nachweis erbringen.

Das bedeutet, dass sie genesen oder geimpft sein müssen und einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen müssen. Spontane Besuche sind damit gar nicht möglich.

Hinzu kommen in einigen Einrichtungen massive „zusätzliche“ Restriktionen wie z.B. stark reduzierte Besuchszeiten, Aufenthalte nur in öffentlichen Bereichen mit Maske und Plexiglasscheiben (!) usw.

Die Anzahl der BesucherInnen war bis jetzt auf zwei pro Tag beschränkt. Zum Vergleich: Im Handel ist überhaupt kein Nachweis mehr notwendig– trotz Impfpflicht! Die Sperrstunde in der Gastronomie wird verlängert, und in den Heimen gibt es Besuchsbeschränkungen!

Weiterhin sind die Heime zwar verpflichtet, im Rahmen eines Präventionskonzeptes Besuchsregelungen festzulegen, die zu keinen unverhältnismäßigen und unzumutbaren Härtefällen führen dürfen. Es fehlt aber an Möglichkeiten, diese Maßnahmen in Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüfen zu lassen.

Weiter soziale Isolation

Während es im privaten Bereich für die restliche Bevölkerung keine Beschränkungen mehr gibt, werden soziale Kontakte der HeimbewohnerInnen immer noch massiv eingeschränkt. Die Menschen leiden damit weiterhin an der sozialen Isolation. Besonders drastisch ist das für BewohnerInnen, die nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt selbständig mobil sind.

Aufgrund des fehlenden Personals, ein Thema, das in der Öffentlichkeit ungleich mehr Raum einnimmt als die Situation der BewohnerInnen, kann eine ausreichende Mobilisation für Besuchskontakte außerhalb des Heimes oft nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden.

Die Bewohnervertretung fordert ein Ende der systematischen Ungleichbehandlung von HeimbewohnerInnen, was das Recht auf soziale Kontakte betrifft. Schutzmaßnahmen müssen immer verhältnismäßig sein.

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