Wenn sich eine Journalistin selbst interviewt

Ein Zeitungsständer mit verschiedenen Tageszeitungen. Bild, Frankfurter Allgemein, Neue Zürcher Zeitung und andere.

„Ein Interview ist eine Befragung durch Fragesteller (so genannte Interviewer) mit dem Ziel, persönliche Informationen oder Sachverhalte zu ermitteln“, heißt es bei Wikipedia.

Wenn dies der Maßstab für den Beitrag „Korsett Bauordnung“ von Sabine Oppolzer in Kulturjournal des ORF Qualitätssender Ö1 war, ist dies gründlich misslungen.

Sabine Oppolzer hat mit Walter Stelzhammer, dem Präsidenten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland, gesprochen – obwohl genau genommen hat die Ö1-Journalistin anscheinend ihre Meinung für so wichtig gehalten, dass der Tenor der Sendung schon in ihren suggestiven Fragen klar wurde.

Es verwundert daher auch nicht, dass ab einem gewissen Punkt Walter Stelzhammer nur mehr mit „Ich kann Ihnen da nur recht geben“ antwortet.

Interview mit Mikrofon
BilderBox.com

Die Ö1-Journalistin hat davor in einem Redeschwall versucht die „Überreglementierung“ der Bauordnung (auch in Bezug auf Barrierefreiheit) anzuprangern und wollte erkunden, ob dies Sinn der Sache sein kann.

Spannend ist, dass Walter Stelzhammer – bei der ansonsten großen Zustimmung mit den Suggestivfragen der Interviewerin – in einem Punkt klar Stellung nimmt. Die Barrierefreiheit „ist unserer Meinung nach ein Muss“ widerspricht er der „Fragerin“.

Doch so leicht gibt die Ö1-Journalistin Oppolzer nicht auf und spitzt zu: „In ganz Europa wird jetzt behindertengerecht gebaut. Die Wohnungen müssen bis ins 12. Stockwerk behindertengerecht gemacht sein. Was dann aber im Brandfall ein Problem darstellt, wenn im Lift der Storm ausfällt, kann man die Behinderten nicht evakuieren im 12. Stock. Wäre es nicht besser statt flächendeckend diese Behindertenwohnungen zu bauen, dass man die Anstrengungen und die Aufwände ganz zielgerecht auf die Betroffenen umlegt.“

Hier die Ö1-Sendung zum Nachhören.

Ein Tipp für die Zukunft: Vielleicht spart sich die Journalistin in Zukunft die Arbeit, einen Interviewpartner zu suchen und schreibt ganz einfach selbst einen Kommentar gegen barrierefreies Bauen. Sie würde sich viel Arbeit ersparen und Ö1 würde so ein „Interview“ erspart bleiben.

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