EU-Parlament fordert Strategie für behinderte Menschen

Auf Initiative der Grünen Europaparlamentsabgeordneten Katrin Langensiepen (Greens/EFA) verabschiedet das Europäische Parlament voraussichtlich am 17. Juni 2020 eine Entschließung, in der es die Kommission auffordert, eine starke EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderung für die Zeit nach 2020 zu erarbeiten.

Katrin Langensiepen
Joana Bosse

Trotz bisheriger Bemühungen der Kommission werden Menschen mit Behinderung in der EU weiterhin diskriminiert. Auch von der COVID-19 Pandemie sind Menschen mit Behinderungen disproportional betroffen. In vielen Bereichen wurden sie im Stich gelassen. Zahlreiche Menschenrechtsverletzungen liegen vor.

Katrin Langensiepen, Vize-Vorsitzende des Sozialausschusses, Co-Vorsitzende der Disability Intergroup und einzige weibliche Abgeordnete im Europäischen Parlament mit sichtbarer Behinderung, kommentiert das Anliegen der Abgeordneten wie folgt:

Mit dieser Entschließung fordert das Europäische Parlament schnelle und starke Maßnahmen für ein inklusives Europa. Gerade jetzt ist dies bitter nötig. Die Pandemie hat uns wieder einmal schmerzlich verdeutlicht, wie stark Menschen mit Behinderung diskriminiert werden und wie gefährliche mangelnde Inklusionsmaßnahmen sind. Eingeschränkter bis kein Zugang zu medizinischer Versorgung, Hilfeleistungen und Informationen sowie abgeschottetes Leben in Einrichtungen hatten für viele verheerende – wenn nicht tödliche – Konsequenzen.

Nach fast 10 Jahren hätten die EU-Mitgliedstaaten es immer noch nicht geschafft, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Für Menschen mit Behinderung sei ein selbstbestimmtes Leben, Chancengleichheit und Teilhabe nach wie vor keine Selbstverständlichkeit. Es könne nicht sein, dass in der EU immer noch täglich gegen Menschenrecht verstoßen werde, betonte die Grünen-Abgeordnete.

Um Druck auf die Mitgliedstaaten auszuüben, fordern wir von der Kommission, dass sie ein starkes Maßnahmenpaket mit verbindlichen Zielen und Fristen festlegt. Dabei ist es besonders wichtig, dass die EU über bessere Kontrollmechanismen verfügt und Menschen mit Behinderung in den Prozess einbindet. Beispielsweise auch in das Krisenmanagement. Außerdem müssen inklusive Projekte zur Umsetzung von selbstständigem Wohnen, inklusivem Lernen und Arbeiten und Barrierefreiheit weiterhin aktiv von der EU gefördert werden.

Corinna Rüffer, Sprecherin für Behindertenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, begrüßt die Initiative des Europäischen Parlaments: „Ich freue mich über den Beschluss des EU-Parlaments, er bringt neuen Wind in die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen. Ein deutliches Signal ist insbesondere das klare Bekenntnis zu Unterstützungsanboten, die sich an den Interessen und Bedürfnissen behinderter Menschen orientieren. Wir müssen auch in Deutschland große und wenig flexible Angebote wie Komplexeinrichtungen und Werkstätten für behinderte Menschen zugunsten guter inklusiver Strukturen umbauen.“

Link zum Entschließungsantrag:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/B-9-2020-0123_DE.html

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4 Kommentare

  • Alle Jahre wieder …
    Initiativen, Initiativen, Initiativen …
    Ich hab das einmal im Netz recherchiert, schon in den sechziger Jahren dann regelmäßig wieder fanden solche Aufrufe statt, passiert ist im Verhältnis extrem wenig.
    Ein paar kleine Verbesserungen, Pflegegeld, 25 Jahre nicht valorisiert, jetzt endlich doch, 2003, also vor 17 Jahren, europäisches Jahr der Behinderten, innerhalb von zehn Jahren sollten alle Arztpraxen barrierefrei sein, sind es aber bis heute nicht, dafür wurde die Frühpension und 50 % gekürzt. Ich bin jetzt 65 und glaube nicht, dass eine wesentliche Verbesserung noch zu meinen Lebzeiten erfolgen wird.

  • Als Physiotherapeutin, Osteopathin und Lehrerin betreue ich mit Begeisterung körperbehinderte intelligente Schüler und Schülerinnen bis zur Matura. Ich bin als Lehrerin des Mobilen Motorik Teams zuständig für die funktionell therapeutischen Übungen, die allen Kindern mit körperlichen Defiziten zustehen. Ebenso sind wir für das besondere Equipment, das diese Kinder brauchen wenn sie zB nicht verständlich sprechen bzw mit der Hand schreiben können zuständig. Ich bin auch für den Nachteilsausgleich, der bei den Professoren eingefordert, und der bei der Matura ans BIFI geschickt wird und eingehalten werden muss (betrifft die Art der Prüfung, nicht den Inhalt!)verantwortlich. Ich bin angestellt beim Stadtschulrat Wien und musste von meiner Diversitätsmanagerin Ursula Kregcijk erfahren, dass es diese Mitverwendung beim Bund in absehbarer Zeit nicht mehr geben wird. Auf den neuen Formularen für die Mitverwendung beim Bund sind körperbehinderte Schüler nicht mehr angeführt. Das ist völlig unverständlich, weil es ja keine AHS bzw Gymn für körperbehinderte Kinder gibt. Es gibt die HAK in der Ungargasse, aber keine allgemeinbildende AHS. Den Kindern die aus dem geschützten Rahmen einer Integrationskloasse kommen den Übergang in eine AHS ohne Begleitung zuzumuten finde ich gar nicht gut. So kommen hoch intelligente Schüler und Schülerinnen sehr bald an ihre Grenzen – nicht weil sie den Stoff nicht bewältigen, sondern weil sie ihn nicht in der nötigen Zeit aufs Papier bringen können. Da braucht es einfach Informationen für die Professoren und ganz behindertenspezifische Unterstützung. Alle diese Kinder haben laut Kö Lehrplan auch Anspruch auf funktionell therapeutische Übungen. Diese biete ich für die Kinder während der Turnstunden an, od ich halte für alle Schüler eine integrative Turnstunde in welcher alle Kinder teilnehmen können und gefordert werden. In unserem Team arbeiten zur Zeit 14 Kolleginnen, die alle auch eine therapeutische Ausbildung haben. Die Versorgung in der Grundschule kann in Wien flächendeckend gewährleistet werden. Deshalb schaffen es auch immer mehr Schüler und Schülerinnen ins Gymnasium. Für die Betreuung der AHS Schüler ist es jedes Jahr ein Kampf die Mitverwendung beim Bund genehmigt zu bekommen. In diesem Schuljahr bin ich auch die einzige, die für 15 Stunden in 5 Gymnasien eine Mitverwendung genehmigt bekam. Leider änderten sich im Ministerium alle Ansprechpartner und es ist schwierig für körperbehinderte Schüler jemanden zu finden, der sich zuständig fühlt.
    Im Vorjahr gelang uns ein Erasmus-Projekt, das uns´ best practise Beispiele´ in ganz Europa kennen lernen ließ. Leider war das Interesse der Vorgesetzten gering, da sie selbst durch die vielen Neuerungen am Limit waren.
    Ich würde mich freuen, wenn es diesbezüglich auch ein gesamtösterreichisches Interesse gäbe. Wir konnten in Europa nur von Wien erzählen, da in den anderen Bundesländern leider keine derartige Betreuung stattfindet. Trotzdem ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass die Betreuung in den Bundesschulen in Wien fortgesetzt werden kann.
    Ich hätte viele gute Ideen wie in ganz Österreich eine gute Betreuung funktionieren könnte. Jeder Mensch, dem ein selbstbestimmtes Leben in Eigenverantwortung gelingt ist für alle ein immenser Gewinn!
    Lieber Martin, ich ersuche dich mein Mail auch an Katrin Langensiepen weiter zu leiten.
    Vielen Dank!
    Rosa Aminger-Wimmer

    Im Bildungshub wird vorgegeben dass die UNO-Ziele ´Sustainable Development` -dh bestmögliche Bildung für ALLE – zur Zeit mit Nachdruck verfolgt wird. Auch unser Bundespräsident hat sich dort sehr unterstützend geäußert.

    • Liebe Frau Aminger-Wimmer,

      vielen Dank für die Infos in Ihrem Beitrag! Sehr gerne würde ich mit Ihnen direkt Kontakt aufnehmen für einen Austausch, bitte schreiben Sie mir doch eine kurze Mail: petra.flieger@pflie.at

      Beste Grüße


      Petra Flieger.

  • Ich habe schon einige dieser Initiativen kommen und gehen gesehen, aber keine war nachhaltig!