Gesetzesreparatur vollzogen

Ausgleichszulage reduziert den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe nicht

Plenum des Nationalrats / Ausweichquartier in der Hofburg
Norbert Krammer

Es war ein langer Weg, bis das österreichische Parlament seinen eigenen Beschluss, mit der ungewollt eingeführten Reduktion der erhöhten Familienbeihilfe für Menschen mit Ausgleichszulage im Rahmen von Pensionsleistungen wieder korrigierte.

Aufregung im Herbst 2019

Das Parlament beschloss vor der letzten Nationalratswahl im Herbst 2019, wie schon öfter in seiner Geschichte, noch schnell einige Gesetze. Das hatte zur Folge, dass diese kein Begutachtungsverfahren durchlaufen haben, damit die Zivilgesellschaft nicht einbezogen war und deren Praxistauglichkeit nicht überprüft wurde.

So auch beim Steuerreform-Gesetz 2020, das Verbesserungen durch Steuererleichterungen für Menschen mit Behinderungen vorsah. Gleichzeitig brachte es aber auch eine folgenschwere Vereinheitlichung beim steuerpflichtigen Einkommen.

Denn das neue Gesetz definierte auch den Bezug der Ausgleichszulage als steuerpflichtiges Einkommen. Im Regelfall wäre dies – insbesondere in Hinblick auf allfällige Steuern – zu vernachlässigen. Anders aber beim Bezug der erhöhten Familienbeihilfe, die volljährige Menschen mit erheblicher Behinderung laut Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) beantragen können.

Bei der erhöhten Familienbeihilfe sieht das Gesetz eine Zuverdienstgrenze von € 10.000 – mit einer „Einschleifregelung“ bis € 13.852 vor. Bis zur Grenze der Einschleifregelung führt diese zum teilweisen Verlust der Beihilfe und darüber zum gänzlichen Entfall der Leistung.

Fehler erkannt und Beseitigung versprochen

Verschiedene NGOs hatten die Politiker*innen noch vor der Nationalratswahl auf die Folgen der neuen Definition aufmerksam gemacht.

An Hand von konkreten Beispielen wurden Politik und Ministerium über die Dimension der Nachteile informiert: Im Regelfall würden Menschen mit Beeinträchtigungen, die sowohl die erhöhte Familienbeihilfe als auch eine Pensionsleistung mit Ausgleichzulage beziehen, ab 2020 jährlich knapp € 1.000 verlieren!

Eine kleine Änderung der Ausnahmebestimmungen im FLAG als Ergänzung in § 5 Abs 1 und § 6 Abs 3 wurde den Parlamentsparteien beschlusstauglich vorgeschlagen. Leider verhinderte die Auflösung des Nationalrats trotz positiver Rückmeldungen einen raschen Beschluss.

Gesetzesreparatur umgesetzt

Neuwahlen, Koalitionsgespräche und Regierungsverhandlungen beanspruchten zusätzliche Zeit, bis der Nationalrat wieder für neue Gesetze beschlussfähig wurde. Ungeduldige Nachfragen wurden mit der Zusicherung, das FLAG ehestmöglichst mit Wirkung 1.1.2020 zu „reparieren“ gekontert.

Und tatsächlich wurde bereits im Budgetbegleitgesetz 2020 neben anderen Korrekturen auch das FLAG verändert und in § 5 Abs 1 eingefügt, dass „Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden“ bei der Ermittlung des versteuerten Einkommens außer Betracht bleiben.“

Die Änderung wurde wortgleich auch in § 6 Abs 3 FLAG übernommen. Damit werden alle Bezieher*innen von erhöhter Familienbeihilfe entlastet.

Der parlamentarische Weg blieb langatmig: Am 18. März langte der Entwurf im Nationalrat ein. Der Budgetausschuss beschloss die Änderung am 8. Mai und am 26. Mai fasste der Nationalrat den Beschluss, das Budgetbegleitgesetz entsprechend zu ändern.

Als der Bundesrat den Gesetzesbeschluss erhielt, geriet die Umsetzung nochmals ins Stocken. Die Oppositionsparteien verwehrten im Finanzausschuss die Beratung, was einer Ablehnung gleichkam. Es dauerte daher nochmals acht Wochen, bis zur Verlautbarung.

Bundesgesetz im August verlautbart

Am 6. August 2020 wurde das Budgetbegleitgesetz 2020 im Bundesgesetzblatt schlussendlich verlautbart. Die Wirksamkeit der Ausnahmeregelung tritt ab 1. Jänner 2020 in Kraft und ist auf das gesamte Kalenderjahr 2020 anzuwenden (Artikel 6 des Budgetbegleitgesetzes).

Die Unsicherheit und das Warten auf die versprochene Gesetzesreparatur haben nun nach fast einem Jahr ein Ende.

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