Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention: Bis Juni wollen Bund und Länder alleine verhandeln

Gespräch mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am 7. April 2015 machte klar: Die Einbindung Betroffener bei der Erstellung einer Zielvereinbarung ist nicht erwünscht. Ein Kommentar.

Rudolf Hundstorfer
Sozialministerium

Groß war das Interesse, als BIZEPS am 2. April 2015 berichtete: „Geheimplan aufgedeckt: Inklusive Behindertenpolitik ohne Menschen mit Behinderungen

Der Bund und die Länder wollen sich in einer Zielvereinbarung auf eine einheitliche Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich einigen, allerdings ohne Menschen mit Behinderungen zu beteiligen. Das Papier ist mehr als enttäuschend.

Dabei hat die im Herbst 2013 stattgefundene Staatenprüfung Österreichs zur Einhaltung der UN-Konvention klar und unmissverständlich aufgezeigt, dass die Zusammenarbeit von Bund und Bundesländern nicht funktioniert und auch kein Wille da ist, das wirklich zu ändern.

„Wir sind über dieses Vorgehen im höchsten Maße irritiert und möchten Sie bitten sicherzustellen, dass die Einbindung von Menschen mit Behinderungen in den Prozess künftig umfassend und zügig erfolgt und diese Zielvereinbarungen nicht ohne die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und deren Organisationen erfolgt“, schrieb beispielsweise BIZEPS Ende März an den Minister.

Inhalt des Gesprächs

Am 7. März 2015 gab es ein Gespräch mit dem Sozialminister und natürlich war auch der Geheimplan Thema. Am Ende wollte der Minister wissen, ob er das BIZEPS-Schreiben nun noch zusätzlich beantworten soll. Wir hielten das für entbehrlich und berichten hiermit über die Unterredung.

Der Sozialminister und sein Mitarbeiter Dr. Hansjörg Hofer gingen im Rahmen dieses Gespräches im Ministerium auf die laut gewordene Kritik ein. Es ist ihnen bewusst, dass die Nichteinbeziehung der Interessensvertretungen behinderter Menschen keine Partizipation ist.

Es ist aber in dieser Arbeitsgruppe der Verwaltungen so erwünscht und wird auch weiter so gehandhabt. Im Juni 2015 bei der LandessozialreferentInnenkonferenz in Tirol soll dann auch die Politik mit dem Ergebnis der Verhandlungen konfrontiert werden. Eigentlich erwarte man keinen Beschluss, hieß es. Die Einbindung der Betroffenen ist daher auch derzeit nicht so relevant – so deren Einschätzung. Man werde aber am Ende des Prozesses nach der LandessozialreferentInnenkonferenz – „noch im Juni 2015“ – dann auch beginnen, die Behindertenorganisationen einzubeziehen.

Der Inhalt ist erschreckend unbestimmt – doch dies dürfte Absicht sein

Man wird den Eindruck nicht los, dass das Sozialministerium schon glücklich ist, dass die Bundesländer mit ihm um eine gemeinsame Rahmenvereinbarung verhandeln. Die Inhalte sind über weite Strecken des Papiers sowieso völlig substanzlos oder stellen einfach eine Beschreibung des derzeitigen Standes dar. (Dieser Stand widerspricht häufig der UN-Konvention, was Bund und Ländern auch bewusst ist.)

Wenn an der einen oder anderen Stelle doch geplante Veränderungen angesprochen werden, sind die immer so weich formuliert, dass niemand sich exakt darauf berufen könnte. Da wird von „einsetzen“, „besser abstimmen“ oder „bekräftigen“ gesprochen.

Auch fixe Zeitangaben sucht man vergeblich in diesem Entwurf einer Vereinbarung. Mehr als ein unbestimmtes „allmählich“ findet man – beispielsweise im Bereich Persönliche Assistenz – nicht. Wie schon beim Nationalen Aktionsplan Behinderung (auch vom Sozialministerium formuliert) versagt eine Überprüfung mangels Indikatoren. Es bleibt alles eine unüberprüfbare Absichtserklärung. So gesehen kann man dieses Papier bedenkenlos unterschreiben und sich kurz in die Sonne stellen und loben lassen (wenn es auch nur mit dem Geld der eigenen Öffentlichkeitsabteilung sein wird).

Sozialminister noch immer visionslos

Es würde mich freuen, wenn ich an dieser Stelle berichten könnte, mit wie viel Einsatz der Sozialminister hinter der Umsetzung der Konvention steht und wie wichtig ihm das Thema sei. Kann ich aber leider nicht. Mehr als ein nettes einstündiges Geplaudere war nicht zu vernehmen.

Und sonst? Mehr als das übliche Gejammer über zu wenig Geld und die schwierige Zusammenarbeit mit den Bundesländern konnte dem Sozialminister nicht entlockt werden. Es bleibt daher zu befürchten, dass man wieder keine brauchbare Vereinbarung trifft; diese aber überschwänglich lobt. Alles wie gehabt. Leider.

Und die Bundesländer?

Bei allem Ärger über den Sozialminister darf man nicht vergessen, dass das Grundübel die unterschiedliche „Behindertenpolitik“ der Bundesländer ist, die uns überhaupt erst in diese Situation gebracht hat. In kaum einem Bundesland wird wirklich versucht, die UN-Konvention ernst zu nehmen und auch umzusetzen.

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