Werberat: Billa-Werbung unethisch

Der Österreichischer Werberat begründete in einer am 18. Oktober 2021 veröffentlichten Entscheidung, warum die Billa-Kampagne eine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft darstellt.

Österreichischer Werberat
Österreichischer Werberat
Werbeplakat mit Aufdruck: Mit einer Behinderung wirst du nicht gebraucht.
BIZEPS

Der Österreichischer Werberat hat nach beinahe 20 Beschwerden zur diskriminierenden Billa-Kampagne „Mit einer Behinderung wirst du NICHT gebraucht“ sich des Vorfalls angenommen.

Er hat nun begründet, warum die Billa-Kampagne eine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft darstellt.

Hier finden Sie die Beschwerde von BIZEPS beim Österreichischer Werberat. Am 18. Oktober 2021 erhielten wir per Mail die Entscheidung.

Wir veröffentlichen hier die umfangreiche Entscheidung des Österreichischen Werberats, die BIZEPS übersandt wurde:

Der Österreichische Werberat spricht im Falle des beanstandeten Teaser-Werbesujets „Nicht gebraucht“ der Billa AG, die Aufforderung zum sofortigen Stopp der Kampagne bzw. sofortigen Sujetwechsel aus.

Durch die Sujetrücknahme bzw. frühzeitige Umstellung auf auflösende Sujets der Kampagne, noch während der Entscheidungsphase, kann die Stopp-Entscheidung als informativ gesehen werden.

Begründung:

Die eindeutige Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen sieht im Hinblick auf die beanstandeten Teaser-Werbesujets eine Verletzung des Ethik-Kodex der Werbewirtschaft, vor allem des Artikels 1.2. „Ethik und Moral“ und des Artikels 1.1 „Allgemeine Werbegrundsätze“.

Die Teaser-Sujets von Billa stellen in Textbotschaften dar, dass ältere Menschen, Menschen ohne Matura und solche mit Behinderung nicht gebraucht werden, beispielsweise mit den Worten „Mit einer Behinderung wirst du NICHT gebraucht“. Die zweite Welle an Sujets löst dies mit der Umkehrung, beispielsweise „Mit einer Behinderung wirst du gebraucht“ und der Darstellung von Billa-MitarbeiterInnen entsprechend auf.

Anmerkung: Wie bereits erwähnt, wurde die Teaser-Kampagne während der Abstimmungszeit (vorzeitig) beendet und auf das auflösende Zweitsujet umgestellt.

Die Mehrheits-Stopp-Entscheidung des Werberatsgremiums wurde aufgrund der Diskriminierung, welche durch die Teaser-Aussagen (bewusst) erzeugt wird und der Möglichkeit eine Retraumatisierung bei den Betroffenen auszulösen, getroffen. Ebenfalls ist durch jene provozierenden Aussagen ein potenzielles Nachwirken, beispielsweise durch eine langfristige Erinnerung und bewusste Verarbeitung, möglich. Damit besteht bei Teaser-Sujets vor allem das Risiko, dass die folgenden Zweitsujets zur Auflösung bei manchen Rezipienten nicht mehr wahrgenommen werden.

Ebenfalls wird von den WerberätInnen als problematisch angesehen, dass die erstgenannten Botschaften hinsichtlich der eigentlichen (und nachfolgenden) Botschaft unaufgelöst und kommentarlos im öffentlichen Raum stehen. Eine zeitgleiche oder eine Anmerkung auf eine kommende Auflösung durch das Unternehmen wird vor allem bei zukünftigen Teaser-Kampagnen als notwendig und sinnvoll erachtet, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die allgemeine Bevölkerung eine nachgehende „Auflösung“ der ersten Kampagnenlinie entgegensehen.

Der Ethik-Kodex wird im Rahmen des Teaser-Sujets im Detail wie folgt verletzt:

Artikel 1.1 Allgemeine Werbegrundsätze:

1.1.5. Werbung darf nicht die Würde des Menschen verletzen, insbesondere durch entwürdigende oder diskriminierende Darstellungen

Des Weiteren wurde eine Verletzung des Ethik-Kodex in Artikel 1.2 „Ethik und Moral“ erkannt:

1.2.3. Werbung darf niemanden mittelbar oder unmittelbar diskriminieren oder Diskriminierung fördern. Besonderen Schutz vor Diskriminierung bedürfen dabei die Diversitätskerndimensionen.

1.2.3. d) Behinderung, Beeinträchtigung: Werbung darf behinderte oder beeinträchtigte Menschen nicht (mittelbar oder unmittelbar) diskriminieren. Ein respektvoller Umgang ist stets zu wahren.

1.2.3. a) Alter: Werbung darf niemanden (mittelbar oder unmittelbar) aufgrund seines Alters oder seiner Generation diskriminieren. Bei älteren Menschen ist stets auf eine würdevolle Darstellung zu achten.

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5 Kommentare

  • Sehr passende Entscheidung!
    Nun mit Billa/REWE den Dialog für mögliche Kooperation in Bewusstseinsbildung über Werbeschaltungen suchen!
    REWE hat ja eine klare Strategie im Kontext beruflicher Inklusion! Das ist lobend hervorzuheben!
    Es wäre förderlich diesbezügliche Maßnahmen, wie konkrete Werbekampagnen, mit der Community zu beraten.
    Außerdem hat RERWE Mitarbeiter, die in diesem Kontext sehr viel beitragen könnten, aber für Abteilungen tätig sind!

  • Sicher. Probleme anpacken wird überbewertet.

  • Ich bin gegen Ausgrenzung
    Jedes Leben kann schön sein

  • Das Plakat ist einfach super. Ich finde, man sollte es an Schulen anbringen, besonders an Gymnasien. Die Haltung des Bildungsministeriums gibt es auch gut wieder.

    • Missverständnis? Oder dummbös?