Bei Corona-Tests in Sonderschulen Alternativen berücksichtigen

VertretungsNetz - Bewohnervertretung mahnt Verhältnismäßigkeit ein

Kind zeichnet mit Stiften
Pixabay

Das Testen ist ein Teil des 4-Säulen Sicherheitskonzepts des Bildungsministeriums und somit auch im neuen Schuljahr eine der zentralen Schutzmaßnahmen für einen sicheren Schulbetrieb.

„Aus Sicht der Bewohnervertretung ist es wichtig, auf die Situation von SchülerInnen in Sonderschulen besonders Bedacht zu nehmen. Das ist vom Bildungsministerium leider nur in unzureichender Form geschehen“, kritisiert Susanne Jaquemar, Fachbereichsleiterin Bewohnervertretung von VertretungsNetz.

Grund für die Kritik sind Wahrnehmungen der Bewohnervertretung im vergangenen Schuljahr, wonach einige Kinder in Sonderschulen von den Lehrkräften beim Testen festgehalten wurden.

„Die körperliche Ablehnung des Testens führte zu einem zwangsweise Testen. Doch dieses Testen unter Zwang ist in mehrerlei Hinsicht problematisch. Einerseits wegen der Verletzungsgefahr – nicht auszudenken, was passiert, wenn das Kind eine ruckartige Kopfbewegung macht, wenn sich gerade das Teststäbchen in seiner Nase befindet. Andererseits im Hinblick auf die langfristigen Folgen in der sozio-emotionalen Entwicklung des Kindes. Es könnte zu Ängsten, Vertrauensverlust und potenziellen Traumatisierungen kommen“, erläutert Jaquemar.

Beim zwangsweise Testen, indem ein Kind festgehalten wird, handelt es sich um eine – nach bisheriger Rechtsprechung – unzulässige Freiheitsbeschränkung.

Das gelindeste Mittel wählen

Seitens des Bildungsministeriums hat man in der COVID-19-Schulverordnung nur marginal auf die Situation von SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf reagiert. Ist der Test in der Schule nicht möglich, weil das Kind/der Jugendliche z.B. abwehrend reagiert, so wird eingeräumt, dass der Test zu Hause durchgeführt werden kann.

„Wünschenswert wäre jedoch eine Klarstellung, dass beim Testen in der Schule niemals Zwang zur Anwendung kommen darf. Stattdessen sollten bereits in der Schule Alternativen angeboten und erprobt werden, so wie es das Heimaufenthaltsgesetz, welches in Sonderschulen anzuwenden ist, vorsieht“, fordert Jaquemar.

Ein Testen zu Hause löst das Grundproblem nicht, sondern verlagert es lediglich in den privaten Bereich und erhöht dort, den Druck ein Ergebnis zu liefern.

Die Verhältnismäßigkeit ist auch im Zusammenhang mit Covid-19-Schutzmaßnahmen zentral. Fraglich ist, ob die „Nasenbohrertests“ für SchülerInnen mit Behinderung in Sonderschulen tatsächlich das gelindeste Mittel darstellen, um eine geringe epidemiologische Gefahr nachzuweisen.

„Die Antwort lautet klar: nein“, hält Jaquemar fest und benennt einige mögliche Alternativen: „Es gibt beispielsweise andere, weniger invasive Testverfahren, bei denen Speichel- oder Stuhlproben entnommen werden. Diese werden den Schulen jedoch auch im Bedarfsfall derzeit nicht zur Verfügung gestellt. Eine weitere Möglichkeit wäre, statt des Kindes dessen enge Kontaktpersonen zu testen.“

Schulbesuch sicherstellen

Weiterhin eindeutig geregelt wurde vom Bildungsministerium auch für das Schuljahr 2021/22, dass ein Schulbesuch für SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf möglich ist, wenn sie nachweislich – durch Vorlegen einer ärztlichen Bestätigung – keinen Test durchführen können. In diesen Fällen sind andere geeignete Schutzmaßnahmen in den Schulen zu ergreifen, um eine Ansteckungswahrscheinlichkeit zu reduzieren.

„Diese Klarstellung ist positiv, da es auch für SchülerInnen mit sonderpädagogischen Förderbedarf wichtig ist, am Unterricht teilzunehmen. Denn immerhin leistet die Schule durch die sozialen Kontakte und pädagogische Förderung einen bedeutenden Beitrag in der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen. Ein Schulbesuch ohne Zwangsmaßnahmen, aber mit größtmöglicher Sicherheit sollte aus menschenrechtlicher Sicht daher Standard sein“, betont Jaquemar.

Über die Bewohnervertretung

Die Bewohnervertretung schützt das Grundrecht auf Bewegungsfreiheit von Menschen mit psychischer Erkrankung oder intellektueller Beeinträchtigung, die in Institutionen gepflegt oder betreut werden. Die Basis für ihre Arbeit bildet das Heimaufenthaltsgesetz. Seit dem Inkrafttreten der Gesetzesnovelle im Juli 2018 überprüft die Bewohnervertretung freiheitsbeschränkende Maßnahmen auch in Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie Sonderschulen.

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Ein Kommentar

  • Da Kinder grundsätzlich eher kein Problem mit dem Virus haben und nach verschiedenen wissenschaftlichen Studien nicht wesentlich zur Pandemie beitragen, ist die permanente Testerei der Kinder sowieso unverhältnismäßig! Nur noch absurd, was da gemacht wird“!

    Die vielen Millionen Euro sollte die Regierung lieber dem Impfsolidaritäts-Programm von medico international spenden, damit auch wirklich gefährdete Menschen in den ärmeren Staaten eine Chance auf eine Impfung haben! –> https://www.medico.de/impfsoli