BIZEPS nimmt Stellung zum Entwurf des Nationalen Aktionsplans Behinderung 2022 bis 2030

Der Nationale Aktionsplan Behinderung (NAP) ist für die bundesweite Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich gedacht. Der neue Nationale Aktionsplan Behinderung ist für 2022 bis 2030 angesetzt. Doch wie gut ist der vorliegende Entwurf?

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BIZEPS

Das Sozialministerium hat am 22. April 2022 einen Entwurf des neuen Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (NAP Behinderung 2022-2030) in Begutachtung gegeben.

BIZEPS kam der Bitte um genaue Durchsicht nach und hat am 20. Mai 2022 eine Stellungnahme zum NAP-Entwurf an das Sozialministerium übersandt. Folgende Punkte wurden dabei angemerkt: 

Anmerkungen zum Arbeitsprozess

Mitarbeit der Bundesländer

BIZEPS zeigt sich positiv überrascht über die teilweise Mitarbeit der Bundesländer bei der Erstellung des Nationalen Aktionsplans, merkt aber an, dass die inhaltliche Qualität der Beiträge sehr unterschiedlich war.

Es gab Bundesländer, die kaum Input lieferten, wieder andere bestanden sogar auf Streichung von Hinweisen zu ihrem Zuständigkeitsbereich – diese doch sehr zögerliche Mitwirkung der Bundesländer lässt leider vermuten, dass es wieder zu keiner einheitlichen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich kommen wird.

Bildungsministerium stellt sich gegen Inklusion

Mit Besorgnis bemerkt BIZEPS den massiven Widerstand seitens des Bildungsministeriums, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion in der Bildung anzuerkennen und entsprechend konkrete Maßnahmen in den Nationalen Aktionsplan aufzunehmen.

Partizipation

Positiv ist die verstärkte Einbindung von Interessenvertretungen, der Behindertenanwaltschaft und des Monitoringausschusses in den aktuellen Erstellungsprozess anzumerken.

Es gab einen intensiven Aufruf, Input zu liefern, sowie eine Redaktionsgruppe unter Einbindung der oben genannten Gruppen.

Textumfang des NAP

Die Rohfassung des NAP besteht aus 700 Seiten. Das Redaktionsteam sortierte z.B. konventionswidrige Texte, Wiederholungen, Themenverfehlungen aus und verschob sie in den Anhang.

Der Nationale Aktionsplan soll aus rund 150 Seiten bestehen; die restlichen Ideen und Inputs werden in den Anhang gegeben. Den Vorschlag, die Gesamtheit aller Texte als Nationalen Aktionsplan anzusehen, lehnt BIZEPS ab.

Es wird nachdrücklich vorgeschlagen, nur die ersten 150 Seiten als NAP zu betrachten und den Rest lediglich als Ideenspeicher zu verstehen.

Finanzierung

Zur Umsetzung einiger Maßnahmen ist eine zusätzliche Finanzierung notwendig. Der Bundesbehindertenbeirat verwies daher schon im Vorjahr auf den Inklusionsfonds, der im Regierungsprogramm erwähnt wurde.

Ohne sichergestellte Finanzierung könnten die Maßnahmen zu reinen Wünschen verkommen und nicht umgesetzt werden.

Anmerkungen zu inhaltlichen Details

In einer Vielzahl von Sitzungen hat BIZEPS grundlegende Themen und die Notwendigkeit von Maßnahmen zur Umsetzung der Inklusion im Bildungsbereich, der De-Institutionalisierung und des bedarfsgerechten Ausbaus der Persönlichen Assistenz angesprochen.

Leider zeigte sich in den letzten beiden Jahren, dass ein konkreter und ambitionierter Aktionsplan am fehlenden Willen der Beteiligten scheitert.

BIZEPS hofft aber, dass im Rahmen der Begutachtung noch die eine oder andere Maßnahme in den Nationalen Aktionsplan aufgenommen wird.

BIZEPS schließt sich der Stellungnahme des Österreichischen Behindertenrates an und weist daher nur exemplarisch auf drei Punkte:

  • Kapitel 3 – Medien: Im Zusammenhang mit Barrierefreiheit in den Medien müsste eine Überarbeitung der Förderbestimmungen stattfinden. BIZEPS schlägt vor, dass Förderungen nur dann geleistet werden, wenn die geförderte Sache barrierefrei ist. Derzeit gibt es nur teilweise zusätzliche Förderungen für Barrierefreiheit. In allgemeinen Förderungen wird der Aspekt der Barrierefreiheit leider nicht mitbedacht.
  • Kapitel 6.2 – Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben: Das Ziel der geplanten Stärkung des Bundesbehindertenbeirates ist positiv. Doch der Bundesbehindertenbeirat sollte nicht den Sozialminister beraten, wenn dieser gleichzeitig Vorsitzender des Beratungsorgans ist. Der Bundesbehindertenbeirat sollte künftig die gesamte Bundesregierung beraten und der Vorsitz sollte gewählt werden. Auch sollte der geringe Anteil an „Vertreterinnen und Vertretern der organisierten Menschen mit Behinderungen, der organisierten Selbstvertreter und der organisierten Kriegsopfer“ erhöht werden und die veralteten Benennungen der Personengruppen aktualisiert werden.
  • Kapitel 6.3 – Persönliche Assistenz: Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Erarbeitung der bundeseinheitlichen Rahmenbedingungen zur Persönlichen Assistenz mit dem Zeitraum bis 2030 vorgesehen ist, da die Maßnahme schon im aktuellen Regierungsprogramm steht und das Pilotprojekt mit dem Starttermin 2022 angekündigt wurde.

Wie geht es weiter?

Das Sozialministerium wird in den nächsten Tagen alle Stellungnahmen durchlesen und entscheiden, ob Anmerkungen in den vorliegenden Entwurf eingearbeitet werden.

Da der NAP ein Dokument der Bundesregierung (und der Bundesländer) ist, werden diese Stellen entscheiden, was Teil des fertigen NAP ist und was daher umgesetzt werden soll.

Die Behindertenbewegung erhält erst wieder bei der nächsten Sitzung des Bundesbehindertenbeirats im Juni 2022 Gelegenheit, den fertigen NAP in der Gesamtheit zu bewerten.

Rund um die Jahresmitte soll der NAP Behinderung 2022-2030 vom Ministerrat beschlossen werden.

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