Land Kärnten muss erhöhte Familienbeihilfe zurückzahlen

VertretungsNetz erwirkte eine weitreichende OGH-Entscheidung für Heimbewohner:innen mit Behinderungen.

Tafel mit Aufdruck Kärnten
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Das Land Kärnten verlangte bislang von Menschen mit Behinderungen, die in bestimmten Pflege- oder Betreuungseinrichtungen wohnen, 80 % ihrer erhöhten Familienbeihilfe abzugeben.

Die Begründung: Der Lebensunterhalt sei durch das Wohnen im Heim weitgehend gedeckt. Doch das stimmt nicht. Hygieneprodukte, Kleidung, Schuhe, Medikamente und viele andere Dinge des täglichen Bedarfs müssen selbst bezahlt werden. Hinzu kommen Ausgaben für Hilfsmittel und Therapien etc. Für armutsbetroffene Menschen ist es ein großes Problem, wenn für diese individuellen Bedürfnisse das Geld fehlt.

„Jahrelang haben wir gemeinsam mit der Behindertenanwaltschaft darauf hingewiesen, dass das Vorgehen nicht rechtens ist“, erzählt Philipp Martinak, Bereichsleiter Erwachsenenvertretung bei VertretungsNetz. Doch die Kärntner Landesregierung beharrte auf der Vorschreibung.

VertretungsNetz – Erwachsenenvertretung beschritt daher für einen Kärntner den Rechtsweg. Der Fall ging bis vor den Obersten Gerichtshof und wurde kürzlich entschieden: Die erhöhte Familienbeihilfe wurde demnach zu Unrecht vorgeschrieben. Das Land Kärnten muss dem Mann nun das Geld, ca € 300,- monatlich – insgesamt 5.737 Euro – zurückbezahlen.

In der Sitzung der Kärntner Landesregierung am 21.02.2023 wurde nun beschlossen, dass die Einforderung eingestellt und die Gelder rückwirkend für den Zeitraum 2020 – 2022 zurückgezahlt werden. 258 Anspruchsberechtigte gibt es laut der Landesregierung. „Der Verein VertretungsNetz nimmt seine Aufgabe als Interessenvertreter von Menschen mit Behinderung sehr ernst,“ erklärt Philipp Martinak, Bereichsleiter Erwachsenenvertretung für Kärnten.

Es freut uns, dass wir mit der vorliegenden Entscheidung auch vielen anderen Betroffenen zu ihrem Geld verhelfen können.

Noch ist offen, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind und wie die Rückzahlung erfolgen wird – also ob das Land Kärnten die Personen von sich aus verständigt oder ob sie einen Antrag auf Auszahlung stellen müssen. Auch ob die Rückforderungsansprüche tatsächlich nach 3 Jahren verjährt sind, ist noch strittig.

Kärnten ist übrigens nicht das einzige Bundesland, das einen (Groß-)Teil der erhöhten Familienbeihilfe einkassiert, wenn jemand im Rahmen der Sozialhilfe für pflegebedürftige Personen im Heim untergebracht wird.

Auch die oberösterreichische Sozialhilfeverordnung enthält eine einschlägige Bestimmung. Gut möglich also, dass es nach der OGH-Entscheidung zu weiteren Rückzahlungsforderungen kommt.

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3 Kommentare

  • Auch von mir DANKE für die Bemühungen und ich freu mich über den Erfolg für die Betroffenen, die sonst kaum eine Lobby haben und sich auch sonst, meiner Meinung nach, viel zu viel gefallen lassen von der Politik, den Behörden und der Verwaltung.

  • Gratuliere! Dank an das VertretungsNetz! Der Klagsweg sollte viel öfter beschritten werden.

    • Sehe ich auch so.
      Der erste Schritt wäre jedoch (sprachliche) Klarheit und sich nicht von Wörtern wie Inklusion etc. anstecken zu lassen, die außerhalb der Uni-Hirne keine praktische Bedeutung haben.