Soziale Absicherung dringend nötig

Die COVID-Pandemie hat die permanente soziale Notlage von Menschen mit intellektueller oder psychischer Beeinträchtigung noch sichtbarer gemacht, so Norbert Krammer, Bereichsleiter Erwachsenenvertretung, im Rahmen einer Pressekonferenz der Armutskonferenz am 03.07.2020.

Norbert Krammer
VertretungsNetz

Das Einkommen von Menschen mit Behinderungen in Österreich setzt sich aus Arbeit und/oder individuellen Ansprüchen auf Unterhalt, Waisen-, Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension mit oder ohne Ausgleichszulage zusammen.

Wenn keine Pensionsansprüche vorliegen, sind die Betroffenen auf Sozialhilfe angewiesen. Evtl. gibt es einen Anspruch auf eine Ergänzungszahlung durch die Sozialhilfe, auf eine Leistung aus der Arbeitslosenhilfe oder auf erhöhte Familienbeihilfe, Pflegegeld o.ä.

Wer in einer „Werkstätte“ tätig ist, erwirbt keinen Anspruch auf Gehalt oder Pensionsversicherung, sondern erhält lediglich ein geringes „Taschengeld“.

Löchriger Leistungs-Fleckerlteppich

Die jeweils verschiedenen Mini-Geldleistungen der einzelnen Länder werden von den Behörden unterschiedlich berechnet und gehandhabt. Vorher bewilligte Beträge für mobile Hilfen und Betreuungen werden u.U. auf den Sozialhilfe-/Mindestsicherungsanspruch angerechnet und abgezogen.

Norbert Krammer, Bereichsleiter Erwachsenenvertretung bei VertretungsNetz, kritisiert:

Kaum jemand durchblickt noch diesen Dschungel an Landes- und Bundesgesetzen, die sich zum Teil auch noch widersprechen bzw. nicht verfassungskonform sind. Wir erleben in unserer Vertretungsarbeit darüber hinaus oft willkürliches, unsoziales Vorgehen der Behörden.

Härtefall psychische Erkrankung

Eine besondere Problematik besteht für Menschen mit psychischen Erkrankungen, z.B. Schizophrenie, zeigt der Experte auf:

Leistungen wie die erhöhte Familienbeihilfe oder einen Pensionsanspruch erhalten sie nicht, wenn der Nachweis einer Erkrankung vor Vollendung einer gewissen Altersgrenze (z.B. 25. Lebensjahr) nicht möglich ist. Die im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vorgesehene Zusatzzahlung zur Sozialhilfe („Behindertenbonus“) bleibt ihnen oft verwehrt, weil sie den geforderten Grad der Behinderung von 50 Prozent nicht nachweisen können. Sie werden daher nicht wie sozialstaatlich geplant vom letzten sozialen Netz aufgefangen. Ohne die nötige soziale Absicherung kann sich jedoch ihr Gesundheitszustand nicht stabilisieren.

VertretungsNetz fordert:

  • Eine bundesweit einheitliche finanzielle Absicherung von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention. Zu dieser Personengruppe zählen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, psychischer Erkrankung oder demenzieller Erkrankung. Die Absicherung muss außerhalb des Sozialhilfe-Regimes konzipiert werden.
  • Damit verbunden soll ein eigener sozialversicherungsrechtlicher Anspruch auf Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung sein.
  • Die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber Kindern mit Behinderungen soll mit dem 25. Lebensjahr begrenzt werden. Damit muss auch die bestehende Verpflichtung enden, dass erwachsene Menschen mit Behinderungen ihre eigenen Eltern auf Unterhalt verklagen müssen.
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5 Kommentare

  • man wird auch von ämtern, pensionsversicherungsanstalten, und der gleich diskriminert, als schmarotzer, arbeitsumwillig, simmulant abgetan. es gibt tausende behinderte, die durch dieses nein der zugehörigen stellen ein leben fristen, von dem man sich nicht viel erwarten kann. wie mit uns behinderten und undheilbar kranken umgegangen wird ist schlichweg skandalös. da geht es nicht nur um psychisch, auch um physisch und anderwärtig kranke

  • Eine bundesweit einheitliche finanzielle Absicherung von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN Behindertenrechtskonvention .Ich hoffe, sie finden auch einmal in der Politik Gehör, denn Behinderte Menschen dürfen dabei aber nicht vergessen werden. Eine Forderung seit Jahren!!!
    Mfg.
    Siegfried

  • Vielen Dank Norbert für deine wieder einmal klaren Worte! Ich hoffe, sie finden auch einmal in der Politik Gehör. Es ist ein Elend, diese ewige Bettlerei bzw. Abhängigkeit von den Eltern, bis diese versterben. Das kann es doch nicht sein. Ich halte zwar nichts vom gegeneinander Ausspielen der sich in Not befindenden Menschen. Behinderte Menschen dürfen dabei aber nicht vergessen werden in der politischen Verantwortung.

  • Es ist mehr als ärgerlich lesen zu müssen wie viele Milliarden an allen Ecken und Enden in den Sand gesetzt werden für die kein Politiker verantwortlich zeichnet. Es ist aber beschämend lesen zu müssen, dass auch für so relativ kleine Beträge niemand verantwortlich zeichnet.

  • genau das habe ich mir auch gedacht, als ich von diesem Behindertenzuschlag erfahren hab, eher zufällig, hier.

    es ist so willkürlich gestrickt dieses Netz, und mit diesem neuen Zuschlag wird wieder eine recht willkürliche Hürde mehr eingezogen, es wird auch nicht genauer beleuchtet, was hinter dieser seltsamen neuen Bestimmung steht, wie genau sie ausgestaltet ist und wozu sie überhaupt gut sein soll? Die Regelung mit den zwei Sonderzahlungen für alle dauerhaft arbeitsunfähigen oder im Pensionsalter befindlichen Bezieherinnen fand ich da weitaus fairer, so kriegen ein paar wenige ein paar Prosamen mehr (auf good will oder mit Anspruch? ,viele andere wohl nicht. und das kann ich nicht für gut befinden, obwohl ich auf den ersten blick wohl zu denjenigen gehören dürfte, die davon zumindest vorerst profitieren dürften, aber leider wohl auf Kosten anderer, die dafür durchs Netz fallen. So geht Solidarität nicht!