Buchtipp: „Zündeln an den Strukturen“

Im Reportage-Roman „Zündeln an den Strukturen“ versuchen Ottmar Miles-Paul und Kathrin Grund einen neuen Ansatz und arbeiten die Werkstattthematik in einer Kriminalgeschichte auf.

Buch: Zündeln an den Strukturen
Olivia Vieweg

Die Problematik des Werkstättensystems und mögliche Alternativen zur Arbeit in der Werkstätte – diese Fragen treiben die Behindertenszene um und sind schon oft theoretisch erörtert worden.

Eines Nachts steht die Lindentalwerkstatt in Flammen. Verantwortlich für den Brand sind Helen Weber und ihre Mitstreiter:innen aus der Selbstbestimmt-Leben-Gruppe genannt „Die Enthinderungsgruppe“.

Für sie ist das Anzünden der Werkstatt ein Akt der Notwehr und ein Befreiungsschlag. Wenn es keine Werkstätte mehr gibt, muss man sich endlich mit der Inklusion von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt auseinandersetzen. So die These der Gruppe, die sich zusammengefunden hat, um sich gegenseitig zu empowern und unterdrückende Strukturen buchstäblich niederzubrennen.

Das ist der Plot des Romans des Aktivisten Ottmar Miles-Paul und seiner Co-Autorin Kathrin Grund.

Statt einer Abhandlung über das Werkstättensystem und seine Verstöße gegen die Menschenrechte und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen haben die beiden Autor:innen eine Kriminalgeschichte geschrieben.

Facetten der Werkstättenthematik

Die vielen Facetten der Werkstättenthematik werden anhand unterschiedlicher Protagonist:innen präsentiert; allen voran natürlich die Selbstbestimmt-Leben-Gruppe rund um Helen Weber und ihre Mitstreiter Klaus Kriske und Bernd Friedrich, die sich gegen bestehende Strukturen bis zur letzten Konsequenz auflehnen.

Aber auch andere Figuren wie die Werkstättenleiterin, Eltern oder eine junge Journalistin, die sich mit dem Brandfall beschäftigt, zeigen anhand ihrer Geschichte verschiedene Aspekte und Meinungen zum Thema Werkstatt auf.

Was wäre, wenn?

Was würde passieren, wenn es keine Werkstätten für Menschen mit Behinderungen mehr gäbe? Diese Frage haben sich Behindertenaktivist:innen und ihre Unterstützer:innen wohl schon oft gestellt.

Die Zerstörung einer fiktiven Werkstätte führt dazu, dass sich auch die Leser:innen diese Frage stellen. Und es ist wichtig, dass diese Frage auch Menschen außerhalb der Behindertencommunity vor Augen geführt wird.

Eine Geschichte ist ein interessanter Weg, das zu tun. Denn über die Identifikation vor allem mit den Protagonist:innen aus der Behindertenbewegung wird vielleicht ein besseres Verständnis der problematischen Situation in den Werkstätten geschaffen als durch das Anhören politischer Forderungen oder Argumente.

Auch gibt das Buch einen Einblick in die Themen Selbstbestimmtes Leben und Peer-Support.

Fazit

Wer sich aufgrund der Brandstiftung eine spannende Krimihandlung erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Dennoch ist das Buch nicht umspannend. Man will erfahren, ob Helen Weber und ihre Mitstreiter:innen den Absprung aus der Werkstatt schaffen und etwas bewegen können.

Auch präsentiert das Buch oft sehr eingängige Weise die Lebensrealität vieler Menschen mit Behinderungen, die in Sondereinrichtungen leben.

Die Sprache ist so gehalten, dass das Buch leicht lesbar ist und trotzdem die Botschaft von Selbstbestimmung und notwendigem Protest nicht verloren geht.

In diesem Beitrag von BIZEPS finden Sie weitere Informationen zum Roman und zu den Bestellmöglichkeiten.

 

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