Burgenland ist das letzte …

... Bundesland, in dem eine verfassungswidrige Bestimmung im Wahlrecht steht. Nun wird das Wahlrecht überarbeitet, allerdings nichts an dem Missstand geändert. Ein Kommentar.

Tafel: Burgenland
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Manche Beispiele zeigen eindrucksvoll, warum es hinterfragenswert ist, dass Bundesländer Gesetzgebungsbefugnisse haben. Hier ein Beispiel: Die Burgenländische Landtagswahlordnung.

Zur Vorgeschichte

Im Jahr 1997 wurde das Bundes-Verfassungsgesetz im Artikel 7 um den Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ ergänzt.

Dies freute die Behindertenbewegung sehr und bald darauf initiierte sie eine Arbeitsgruppe zur Überprüfung der Rechtsordnung hinsichtlich behindertendiskriminierender Bestimmungen“ im Bundeskanzleramt (1998 – 1999)“. Damit wurde vom Verfassungsdienst geprüft, welche Rechtsvorschriften dem Artikel 7 nun nicht mehr entsprechen.

Auf mehr als 120 Seiten wurden in einem Bericht ans Parlament jene gesetzlichen Bestimmungen aufgelistet, die als überarbeitungsbedürftig erkannt wurden.

Zum Wahlrechtsentzug

Eine dieser Bestimmungen war der Wahlrechtsentzug in Institutionen. So stand damals in der Nationalratswahlordnung zum Wahlrechtsentzug: „In Anstalten unter ärztlicher Leitung kann diese in Einzelfällen den in den Abs. 2 und 3 bezeichneten gehfähigen und bettlägerigen Pfleglingen die Ausübung des Wahlrechts aus gewichtigen medizinischen Gründen untersagen.“

So eine Bestimmung ist aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Erstens darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden und zweitens ein Wahlrechtsentzug nur nach einer gerichtlichen Verurteilung erfolgen.

Die Konsequenz 

Im Parlament wurde im Rahmen eines Demokratiepakets diese Bestimmung des Wahlrechtsentzugs im Jahr 1998 ersatzlos gestrichen. Auch die Bundesländer mussten diese Erkenntnis natürlich in ihren Wahlgesetzen umsetzen.

Es dauerte mehrere Jahre, bis sie dies berücksichtigten. Beispielsweise Wien 2001, Salzburg 2006; als achtes von neun Bundesländern bereinigte diese Verfassungswidrigkeit auch Niederösterreich (LGBl 2021/55).

Und das Burgenland?

Kürzlich ist eine Änderung der Burgenländischen Landtagswahlordnung in Begutachtung gewesen. Wer annimmt, dass nun zumindest 23 Jahre nach der Erkenntnis der Verfassungswidrigkeit nun auch das Land Burgenland – als LETZTES Bundesland – dies endlich bereinigt, irrt gewaltig.

Der Österreichische Behindertenrat hat mit Unterstützung von BIZEPS auf diesen Misstand per Stellungnahme an das Land Burgenland hinweisen müssen. Auch sonst ist diese Novelle ziemlich schlecht, wie die unterschiedlichen Stellungnahmen zeigen.

Es zeigt sich an diesem Beispiel wieder eindrücklich: Den Bundesländern sollte man Gesetzgebungsbefugnisse besser nicht mehr zugestehen. Sie sollten meiner Meinung nach reine Verwaltungseinheiten werden.

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2 Kommentare

  • Dem kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen. Eines von vielen weiteren Beispielen ist der Umstand, dass ein Mensch mit Behinderung in NÖ keine ‚Mindestsicherung‘ bekommt, in Wien dieselbe Person unter exakt denselben Voraussetzungen diese schon bekommen würde.

  • Es gibt 9 Landesjugendschutzgesetze.
    Man kann nicht intelligent UND anständig UND für Föderalismus sein.
    Die Landeslegistik ist ein gemütliches Eck, in dem Privilegierte ein risikoloses Dasein haben. Wenn Landesgesetze gut sind, dann wurden sie von externen Anwälten u dgl entworfen.
    Außer Trachten-Kunde, Volksliedwesen und sonstiger Brauchtumspflege sollte es keine Landeskompetenzen geben.