Antrag auf Familienbeihilfe

Erhöhte Familienbeihilfe: Nationalrat beschloss Änderungen – Was bedeutet dies konkret?

Viel wurde in den letzten Monaten über die erhöhte Familienbeihilfe gesprochen. Auslöser war vor dem Sommer 2018 eine Änderung bei der Vollzugspraxis der Finanzämter. Nun wurde am 24. Oktober 2018 ein Gesetzesantrag im Parlament beschlossen, der zum Ziel hat: Niemand soll die erhöhte Familienbeihilfe verlieren. Doch was bedeutet dies konkret und ist sicher, dass wirklich niemand die erhöhte Familienbeihilfe verliert?

Aktuelle Debatte zur Reparatur der Familienbeihilfe für Menschen mit Behinderung am 24.10.2018
ORF

Groß war der Aufschrei der Behindertenorganisationen, als bekannt wurde, dass vielen behinderten Menschen die erhöhte Familienbeihilfe verweigert werden könnte. Rasend schnell wurden die ersten paar Dutzend Fälle bekannt und die Bestürzung war groß. Wir berichteten im Artikel: „Dramatische Verschärfung bei erhöhter Familienbeihilfe“.

Immerhin geht es – so das zuständige Ministerium – um 18.000 Menschen mit Behinderungen. Schnell war klar, dass man diesen auf Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes basierenden Änderungen nicht tatenlos zusehen wollte und die zuständige Familienministerin, Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), kündigte eine Reparatur an.

Ohne eingehende Rücksprache mit den ExpertInnen der Behindertenorganisationen legten ÖVP und FPÖ im September 2018 einen Gesetzesentwurf (386/A) vor, der sehr kritisch gesehen wurde. (Siehe Aussendungen: Österreichischer Behindertenrat, des ÖZIV Bundesverband, Lebenshilfe Österreich, VertretungsNetzesLänderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderungen, BehindertenanwaltschaftBIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben uvm.)

Befürchtungen wurden zuerst ignoriert

Doch diese Stellungnahmen wurden von der Regierung zuerst als Befürchtungen bzw. Panikmache abgetan; die Einbeziehung der Expertise von Behindertenorganisationen abgelehnt. In einer Ausschussfeststellung bekräftigte man noch diese Sichtweise: „Der Familienausschuss geht davon aus, dass durch den gegenständlichen Antrag sichergestellt ist, dass alle Menschen mit Behinderung, die bisher einen Eigenanspruch hatten, die erhöhte Familienbeihilfe auch weiterhin beziehen können.“

Irgendwann dürfte aber dann den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ doch klar geworden sein, wie heikel und wichtig diese Gesetzesmaterie ist. Die Medien berichteten aufgrund der Arbeit der Zivilgesellschaft laufend über das Thema und die Unklarheiten im Gesetzesvorhaben.

Zwei Tage vor Beschlussfassung im Parlament luden die Abgeordneten dann doch noch die Behindertenorganisationen zu einer Besprechung ein. Auch wenn ÖVP und FPÖ sich in ihrer Einschätzung von der Opposition (SPÖ, NEOS, Liste Pilz) und der Behindertenorganisationen unterschieden, war dieses Treffen wichtig.

Es wurde vereinbart, dass gemeinsam ein Einführungserlass als Wegweiser für die Finanzämter erstellt und ganz genau auf die Entwicklung der Anzahl der Bezieherinnen und Bezieher der erhöhten Familienbeihilfe geachtet wird, um Änderungen in der Zuerkennungspraxis frühzeitig zu bemerken.

Nationalrat beschließt Änderungen

Am 24. Oktober 2018 fand eine Sitzung des Nationalrates statt. Auf der Tagesordnung stand unter anderem als Tagesordnungspunkt 12 die Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes. Unter diesem Tagesordnungspunkt wurde der Gesetzesentwurf mehrheitlich beschlossen. (Die SPÖ stimmte nicht zu und begründete dies ausführlich.)

Die Parlamentskorrespondenz berichtet über diese Nationalratssitzung im Detail. So wurde u.a. häufig kritisiert, dass die Regierung bis knapp vor der Beschlussfassung bewusst die Expertise der Behindertenorganisationen ignoriert hat.

Nationalrat beschließt dann allerdings auch noch zusätzlich einen Entschließungsantrag

Immerhin führte die mit Nachdruck vorangetriebene Arbeit der Behindertenorganisationen, die von der Opposition unterstützt wurde, zum Beschluss eines zusätzlichen Entschließungsantrages.

Damit soll sichergestellt werden, dass, wie vom Vorsitzenden des Ausschusses für Familien und Jugend, Norbert Sieber, zugesagt, die Behindertenorganisationen bei der Erstellung des Einführungserlasses eingebunden werden und genau darauf geachtet wird (Monitoring), ob unerwünschte Änderungen in der Bewilligungspraxis erfolgen.

Dieser Entschließungsantrag wurde von Kira Grünberg verlesen, von allen Parteien unterstützt und daher einstimmig beschlossen. Der Text lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Birgit Silvia Sandler, Michael Bernhard, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Kira Grünberg, Petra Wagner, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Einbeziehung von Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des Einführungserlasses und die Evaluierung der Neuregelung

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12.) Bericht des Ausschusses für Familien und Jugend über den Antrag 386/A der Abgeordneten Norbert Sieber, Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (292 d.B.)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Frauen, Familie und Jugend wird ersucht,

  • Behindertenorganisationen in die Erarbeitung des an die Finanzämter adressierten Einführungserlasses zur Vollziehung der gegenständlichen Sicherstellung der erhöhten Familienbeihilfe für alle Menschen mit Behinderung, die bisher einen Eigenanspruch hatten, einzubeziehen und
  • die Vollziehung dieser Bestimmungen auf Basis eines laufenden Monitorings im Hinblick auf Einzelfälle und Gesamtvolumen ein Jahr nach Inkrafttreten einer Evaluierung zu unterziehen und diese in Form eines Berichts dem Parlament zuzuleiten.“

Wie geht es weiter?

Mit dem Beschluss im Parlament ist nun die gesetzliche Basis für eine Neuregelung („Reparatur“) geschaffen worden. Unsere Aufgabe wird es in nächster Zeit sein, ganz genau zu beobachten, ob es unerwünschte Änderungen bei der Bewilligung der erhöhten Familienbeihilfe gibt.

Ebenfalls wird es sehr wichtig sein, dass wir gemeinsam mit dem Familienministerium an einem Einführungserlass arbeiten, der Interpretationen des schwammigen Gesetzestextes möglichst verhindert. BIZEPS wird daher weiterhin intensiv am Thema dran bleiben müssen.

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7 Kommentare

  • Keine Ahnung ab wann dies seine Umsetzung findet, da d. Finanzamt noch keine Weisung bekommen hat. Als betroffene Person bin ich daher etwas verunsichert ob sich wirklich nichts ändert.

  • Soll jemand der den Antrag stellen möchte (konkret ein Eu Bürger ) mit dem Antrag warten bis der Erlass da ist

  • Auch wenn hier das schlimmste abgewendet ist. Wird die nächste Schikane nicht lange auf sich warten lassen. Ich wundere mich über nichts mehr.

  • Ich glaub dieser Regierung kein Wort!! Auch der Wöginger ist schon sehr sehr weit rechts angesiedelt und sobald die FPÖVP nur einen Funkten Chance sehen, werden sie wieder auch Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen um finanzielle Mittel beschneiden, da können wir uns darauf verlassen. So genau wie jetzt, haben wir schon lange nicht mehr aufpassen müssen. Wie sagt doch Hofer: „Wir werden uns noch wundern, was alles möglich ist“.

    • bitte nicht alles im links oder Rechts Schema sehen die Regierung hat sofort reagiert

    • Grundproblem ist UND bleibt, dass die VORIGE REGIERUNG aus SPÖ/ÖVP eine Entscheidung d. Verfassungsgerichtshofs unbehandelt gelassen hat.

  • Na also ! Ein bisschen auch mein Verdienst – Mail an ÖVP-Klubobmann Wöginger. Es wird
    nichts passieren und wenn, dann Mail an franz.karl@gmx.at.